For the Win - Roman
wieder so weit im Griff hatte, dass sie zurückgehen konnte.
Sie kam nicht sonderlich weit. Aus Dutzenden von Läden kamen die Leute geströmt und skandierten übermütig gereimte Parolen. Die Menschen fanden sich zu Gruppen zusammen und redeten, es gab Gelächter, Streit und einen Faustkampf. Und mittendrin stand Mala und fragte sich: Wie kann das sein?
In diesem Moment erkannte sie, dass sie nicht alleine war. Überall in Dharavi, auf der ganzen Welt, gab es Leute wie sie, die mehr wollten, mehr verlangten , mit einer Sehnsucht, die immer schon da gewesen war, direkt unter ihrer Haut. Es hatte nur ein leichtes Kratzen gebraucht, sie zum Vorschein zu bringen.
Sie ging nicht zurück in Mrs. Dottas Café. Stattdessen humpelte sie mit ihrem Stock durch ganz Dharavi. Vorbei an den Fabriken, wo normalerweise um diese Zeit schon emsige Betriebsamkeit herrschte. Heute jedoch scharten sich die Arbeiter draußen auf der Straße zusammen. Es war, als verbreitete sich ein Virus durch alle Gassen, und Mala fühlte sich nach all den Tränen so erleichtert, dass ihre Füße kaum den Boden zu berühren schienen. Es kam ihr so vor, als könnte sie jeden Augenblick abheben und davonfliegen.
Sie wollte gerade zurück zu ihrer Armee und sich vielleicht ein paar Stunden schlafen legen, als man sie packte, ihr hart auf den Kopf schlug und sie in einen winzigen, stinkenden Raum zerrte.
Mit dem Vertrauen verhielt es sich ziemlich seltsam. Wenn viele Leute etwas für wertvoll hielten, wurde es auch wertvoll. Wenn man also Spielgold anbot und alle es für wertvoll hielten, dann kauften sie es einem auch ab.
Das war aber noch nicht alles. Wenn Schwerter aus Svartalfheim Warriors allgemein als wertvoll galten, dann kauften sogar die Leute Schwerter, die das nicht so sahen, denn sie konnten sie ja an die anderen weiterverkaufen.
Und wenn Leute, die bloß zum Weiterverkaufen einkauften, dann auf den Preis der Schwerter zu wetten begannen, stieg dieser in die Höhe. War ja auch klar: Je mehr potenzielle Käufer es für etwas gab, desto teurer wurde es auch. Und je teurer eine Sache wurde, desto mehr Leute interessierten sich auch dafür, denn hey, wenn der Preis derart hoch war, musste es doch haufenweise Bekloppte geben, die einem das Schwert auch noch zu einem weitaus höheren Preis abnehmen würden.
Vertrauen schuf also Wert. Wert schuf noch mehr Wert, der wiederum Vertrauen schuf. Und so fort.
Endlos ging das aber auch nicht gut. Es war so ähnlich wie bei einer Zeichentrickfigur, die über eine Klippe springt und wie verrückt immer weiter rennt: Sie bleibt nur so lange in der Luft hängen, bis irgendjemand sie darauf hinweist, dass sie keinen Boden mehr unter den Füßen hat. Dann stürzt sie in die Tiefe, wo der harte Fels schon auf sie wartet.
Solange jeder an den Wert eines Svartalfheim-Schwerts glaubte, blieb es auch wertvoll und stieg immer weiter im Preis. Doch je mehr potenzielle Käufer auf den Plan traten – weil ihre Makler ihnen beispielsweise irgendwelche hoch komplizierten Termingeschäfte angedreht hatten (also die Gelegenheit, sich später vielleicht mal ein Schwert zu kaufen) oder ihre neunmalklugen Neffen und Nichten sie in etwas hineinquatschten – , desto größer wurde auch die Chance, dass einer sich hinstellte und sagte: »Wollt ihr mich eigentlich auf den Arm nehmen? Das ist ein Schwert in einem Computerspiel !«
Vielleicht fielen diesem Zweifler noch ein paar andere nützliche Dinge auf. Zum Beispiel: »Wenn jeder schon so ein Schwert hat, heißt das dann nicht, dass es mehr von den Dingern gibt, als man sinnvollerweise gebrauchen kann? Heißt das dann nicht, dass sie nicht wertvoll, sondern völlig wertlos sind?«
Oder vielleicht sagte der Zweifler, wenn er ungeheuer altmodisch war, sogar so was wie: »Was, wenn die Leute, die dieses blöde Spiel betreiben, einfach mal beschließen, eine Tonne Schwerter zu löschen ? Oder eine Fantastillion neue zu machen? Oder die Schwerter in Zahnstocher zu verwandeln?«
»Ach was«, erwiderten die Schwertspekulanten, »so was würden die nie tun – das würde doch das Spiel kaputtmachen, das können die sich gar nicht leisten.« Und damit hatten sie sogar ein wenig recht: Solange die Spielbetreiber annahmen, dass alle Leute, die mit Schwertern spekulierten, sie kauften und verkauften, sich über so etwas aufregen würden, konnten sie sich das tatsächlich nicht leisten.
Die Zeichentrickfiguren traten in der Luft auf der Stelle und riefen, der Schwertpreis werde
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