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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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aus seiner Stimme gewichen war, klang sie so unnachgiebig wie Fels, der auf Fels reibt.
    Am liebsten hätte sie das Gespräch einfach beendet, wie die Leute in den Filmen, die sich erst anschrien und ihr Handy dann in einen Brunnen oder gegen die Wand warfen. Aber sie konnte sich kein neues Handy leisten. Und sie konnte es sich auch nicht leisten, Mr. Banerjee wütend zu machen.
    Also sagte sie »gut«, so leise wie eine Maus, die nicht bemerkt werden will.
    »Gutes Mädchen, Mala. Kluges Mädchen. Jetzt habe ich deinen nächsten Auftrag für dich. Bist du bereit?«
    Benommen prägte sie sich die Details der Mission ein: wen sie ausschalten sollte und wo. Sie dachte, wenn sie diesen Job nur rasch erledigte, würde sie um einen neuen bitten können, dann um noch einen – mehr Stunden arbeiten, die Schulden schneller abbezahlen.
    »Kluges Mädchen, gutes Mädchen«, sagte er noch mal, sobald sie alles wiederholt hatte. Dann legte er auf.
    Sie steckte ihr Telefon ein. Um sie herum war Dharavi erwacht und umspülte sie wie ein Fluss einen Felsen: Männer mit Schaufeln und Schubkarren; Jungs mit enormen Reissäcken über der Schulter, darin schmutzige Plastikflaschen für die Sortierer; drei Frauen in Saris mit schweren Wassereimern, Schwangerschaftsstreifen auf ihren Bäuchen, auf dem Rückweg vom öffentlichen Hahn. Ein Mann mit langem Bart, Kufi-Mütze und Kurta-Hemd bis zu den Knien, führte eine Ziege an einem Strick. In der Luft lagen die Gerüche von brutzelndem Dal, offenem Feuer und der süße Duft von Chai. Ein Junge in Shorts und schmatzenden Sandalen, kleiner als Gopal, lief an ihr vorbei und spuckte ihr einen Priem süßlich stinkender Betelnuss vor die Füße.
    Der Geruch erinnerte sie daran, wo sie war und was passiert war und was sie jetzt tun musste.
    Sie lief durchs Erdgeschoss, in dem die Familie Das wohnte, und stapfte die Treppe zu ihrer Wohnung hoch. Mamaji und Gopal waren mittlerweile aufgestanden. Mamaji hatte Wasser geholt und machte Frühstück über dem Propangaskocher, und Gopal zog gerade seine Schuluniform an. Er besuchte eine Halbtagsschule, sodass ihm noch etwas Zeit zum Spielen und für seine Hausaufgaben blieb, ehe er dann mit Mamaji in der Fabrik arbeitete.
    »Wo bist du gewesen?«, fragte Mamaji.
    »Telefonieren«, sagte sie und klopfte auf die kleine in ihr Kleid eingenähte Tasche. »Mit Mr. Banerjee.« Sie wiegte das Kinn, was bedeuten sollte: geschäftlich.
    »Was hat er gesagt?« Mamajis Stimme war leise, ihre Ruhe aber nur gespielt.
    Sie brauchte nicht zu wissen, was zwischen ihr und Mr. Banerjee vorgefallen war. Mala war der General und konnte sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern.
    »Vergeben und vergessen. Er sagt, dass der Junge es verdient hat. Er wird das mit Mrs. Dotta klären, und dann ist alles wieder gut.« Sie wiegte abermals das Kinn: Alles in Ordnung. Ich habe mich darum gekümmert.
    Mamaji starrte stumm auf die Pfanne und das brutzelnde Essen und nickte. Und auch wenn sie es nicht sehen konnte – Mala nickte ebenfalls. Sie war General Robotwallah. Sie konnte alles in Ordnung bringen.
    Wei-Dong war schon früher in der Innenstadt von L.A. gewesen. Einmal hatten sie eine Klassenfahrt in die Disney Concert Hall gemacht, aber eigentlich hatten sie damals nur geparkt und waren im Gänsemarsch rein und wieder raus, ohne wirklich viel Zeit in der Stadt zu verbringen. Er erinnerte sich noch, wie die Straßen am Busfenster vorbeigezogen waren: blasse Ladenfronten und langsame Menschen, Geldverleiher und Spirituosenläden. Und Internetcafés, ganz viele, besonders in Koreatown, wo jede kleine Einkaufsstraße mit grellen Schildern einen » PC Bang« anpries – koreanisch für Internetcafé.
    Er wusste aber nicht genau, wo Koreatown lag, und ohne Handy brauchte er ein Internetcafé, um sich zurechtzufinden. Also nahm er den Bus vom Flughafen zur Disney Concert Hall, in der Hoffnung, den Weg wiederzufinden, den sie damals genommen hatten. Später wollte er irgendwo online gehen, mit seinen Freunden in Shenzhen reden und sich überlegen, was er als Nächstes tun sollte.
    Koreatown erwies sich als schwerer zu finden und weiter entfernt als gedacht. Als er den Busfahrer nach dem Weg fragte, schaute der ihn an, als ob er verrückt wäre, und zeigte bergab. Und so lief er und lief, einen staubigen Block nach dem nächsten entlang.
    Vom Fenster des Schulbusses aus hatte Downtown ruhig und blass gewirkt, wie ein Foto, das zu lange auf der Fensterbank gelegen hat. Zu Fuß war

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