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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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es die reine Hektik – die Busse, die Obdachlosen, die um ihn herum rollten oder humpelten und ihn um Geld anbettelten. Er hatte tausend Dollar einstecken, und die Beule in der Hosentasche war ihm so peinlich, wie wenn man vorn an der Tafel einen Ständer kriegt. Er schwitzte und nicht bloß, weil es hier gut zehn Grad wärmer als in Disneyland sein musste.
    Und er war noch nicht einmal in der Nähe von Koreatown. Stattdessen hatte er Santee Alley erreicht, den riesigen Markt für Kopien und Fälschungen aller Art, mitten in L.A. unter freiem Himmel. Er hatte schon oft davon gehört. Der Markt war häufig in den Nachrichten, wenn es mal wieder um Großeinsätze gegen Produktpiraterie ging. Meistens sah man dann zufriedene Uniformierte, wie sie mit grimmigem Blick mexikanisch wirkende Männer abführten und Berge gebrannter DVD s und Spiele und nachgemachter Jeans und T-Shirts stapelten.
    Santee Alley war eine willkommene Abwechslung von den Straßen ringsum. Er drang bis tief in den Markt vor. Aus den Läden plärrte Reggaeton und Tecno Brega, und die Händler priesen ihre Waren an. Es schien, als wäre dieser Markt das reale Vorbild für die zahllosen virtuellen Märkte gewesen, die er schon besucht hatte.
    Wei-Dong wurde immer langsamer und studierte fasziniert die Gangsterklamotten, den schlechten Modeschmuck und die gefälschten Elektronikartikel. An einem Stand kaufte er sich ein paar Empanadas und einen großen Becher mit einem Wassermelonengetränk, wobei er achtgab, nur einen einzigen Zwanziger aus der Tasche zu ziehen und nicht gleich das ganze Bündel.
    Dann fand er ein Internetcafé voller Guatemalteken, die über winzige Headsets mit ihren Familien daheim chatteten. Das Mädchen hinter der Theke war kaum älter als er. Sie verkaufte ihm ein angebliches Samsung-Headset für 18 Dollar und vermietete ihm einen PC -Platz. Das Headset passte genauso gut wie sein altes, hatte aber eine raue Plastiknaht, während seines so glatt wie geschliffenes Glas gewesen war, das man am Strand findet.
    Aber was machte das schon. Er hatte Internet, ein Headset und sein Spiel. Was brauchte er mehr?
    Nun, seine Gruppe zum Beispiel – er konnte sie nicht finden. Er schaute auf die Uhr und drückte den Knopf für chinesische Ortszeit. Fünf Uhr morgens: Das war die Erklärung.
    Er checkte sein Inventar und die Gildenbank. Seit sein Vater und die Ronald-Reagan-Gedankenpolizei ihn aus dem Spiel gerissen hatten, hatte er keine Gelegenheit mehr gehabt, zu seiner Leiche zurückzulaufen, von daher hatte er erwartet, dass er seine Vorpal Blade verloren hatte. Er hatte sie aber noch. Was wohl hieß, dass einer seiner Freunde sie für ihn eingesammelt hatte. Das war wirklich aufmerksam, aber dafür waren Gildies ja da.
    An der Ostküste war allmählich Abendessenszeit, und Savage Wonderland begann sich zu füllen. Er dachte an die schwarzen Ritter, die sie heute früh niedergemäht hatten, und fragte sich, wer sie wohl gewesen waren. Viele Leute jagten Goldfarmer. Manche arbeiteten für die Spielefirmen, andere für konkurrierende Gruppen von Farmern. Wieder andere waren einfach nur gelangweilte, reiche Spieler, die entschieden dagegen waren, dass ärmere Spieler in »ihren« Raum eindrangen und ihren Spielplatz zum Arbeiten missbrauchten.
    Er sollte wirklich seine E-Mails checken. Er benutzte nicht gerne E-Mail, aber seine Mutter war regelrecht abhängig davon. Wahrscheinlich waren seine Eltern mittlerweile schon durchgedreht und hatten die Armee, die Navy und die Nationalgarde in Bewegung gesetzt, um ihren verlorenen Sohn wiederzufinden. Sollten sie doch durchdrehen. Er würde nicht zurückgehen, und er brauchte es auch nicht.
    Er hatte tausend Dollar in bar und war beinahe achtzehn, und es gab eine Menge Möglichkeiten in L.A., über die Runden zu kommen, ohne gleich Drogen oder sich selbst verkaufen zu müssen. Seine chinesischen Freunde hatten es ihm vorgemacht: Alles, was man brauchte, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, waren ein Internetzugang und etwas Grips. Er schaute sich um und studierte die chattenden Guatemalteken. Die meisten waren nicht viel älter als er selbst. Wenn sie es schafften – ohne Sprachkenntnisse, eine Arbeitsgenehmigung oder richtige Ausbildung und mit gerade so viel Ahnung von Technik, dass sie billig daheim anrufen konnten – , dann würde er das wohl auch. Sein Großvater war in seinem Alter nach Amerika gekommen und hatte einen Job gefunden! Es war praktisch eine Familientradition.
    Nicht,

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