For the Win - Roman
hören kann!«
»Ich glaube nicht, dass das stimmt. Ich glaube, dass wir gut zu anderen Leuten sein können. Und sie zu uns. Ich glaube, dass wir zusammenhalten können, wie ein Team – wie die Armee – , und dass wir alle gemeinsam die Welt ein bisschen besser machen können.«
Mala lachte, aber es klang gezwungen, und Yasmin glaubte Tränen in den Augen ihrer Freundin schimmern zu sehen. »Weißt du, was passiert, wenn man sich so verhält, Yasmin? Sie finden einen Weg, dich kaputtzumachen. Sie zwingen dich, zum Tier zu werden. Denn sie sind Tiere. Sie wollen gewinnen, und wenn du ihnen die Hand reichst, hacken sie dir die Finger ab. Du musst ein Tier sein, wenn du überleben willst.«
Yasmin schüttelte den Kopf. Alles, was Mala gesagt hatte, lief ihr zuwider. »Das stimmt nicht, Mala! Unsere Nachbarn hier sind keine Tiere. Sie sind Menschen. Gute Menschen. Wir haben nichts, und doch halten wir zusammen. Wir helfen einander … «
»Meinetwegen, vielleicht kannst du hier ein paar Freunde finden. Die Menschen hier müssten dir schon in die Augen schauen, ehe sie einen schmutzigen Trick mit dir abziehen. Die Welt ist aber groß, Yasmin. Glaubst du, dass Schwester Nors Freunde in Singapur, in China, Amerika oder Russland – glaubst du wirklich, dass die zweimal darüber nachdenken, ehe sie dich vernichten? In Afrika, in … « Sie schwenkte den Arm und bezog alle Länder mit ein, deren Namen sie nicht kannte und die von räuberischen Arbeiterscharen nur so wimmelten – alle bereit, einem den Job wegzunehmen.
»Hör zu: Sind dir Russen und Chinesen und all die anderen wirklich so wichtig? Würdest du dein Brot mit denen teilen? Mit einem Haufen Ausländer , die dich nicht mal anspucken würden, wenn du in Flammen stündest?«
Yasmin hatte gedacht, ihre Freundin zu kennen, aber das klang so gar nicht nach der alten Mala. Woher kam auf einmal dieser indische Patriotismus? »Mala, alle Spiele, die wir spielen, gehören Ausländern. Wen kümmert es, ob sie Ausländer sind? Reicht es denn nicht, dass es Menschen sind? Hast du dich nicht immer über das dumme Kastenwesen aufgeregt und gesagt, dass die Menschen es verdienen, alle gleich zu sein?«
»Verdienen!« Mala spuckte das Wort wie einen Fluch aus. »Ist doch egal, was du verdienst, wenn du’s doch nicht bekommst. Füll dir mal den Magen damit. Schlaf auf einem Bett daraus. Schau ruhig, was du davon hast!«
»Deine Armee wird also weiter nehmen, was sie kriegen kann, selbst wenn andere darunter leiden?«
Mala richtete sich kerzengerade auf. »Ganz genau, Yasmin. Es ist meine Armee. Meine Armee! Und du gehörst nicht mehr dazu! Mach dir nicht die Mühe, noch vorbeizuschauen, denn du, du … «
»Denn ich bin nicht mehr deine Freundin«, sagte Yasmin, »und auch nicht dein Adjutant. Ich verstehe schon, General Mala Robotwallah. Aber deine Armee wird es nicht ewig geben. Unsere Freundschaft hätte vielleicht länger gehalten, wenn sie dir mehr bedeutet hätte. Es tut mir leid, dass du diese Entscheidung triffst, doch es steht dir frei. Dein Karma.«
Sie stellte die Wasserkanne ab, drehte sich um und ging mit steifem Rücken davon. Fast erwartete sie, dass Mala sie anspringen und in den Schlamm stoßen würde. Oder dass sie ihr nachrennen, sie in die Arme schließen und um Verzeihung bitten würde. Sie erreichte die nächste Ecke, eine schmale Straße zwischen mehreren Plastikrecyclingfabriken. Als sie abbog, ließ sie es so aussehen, als wiche sie einem alten Tamilen mit zwei Ziegenböcken aus, und warf einen kurzen Blick zurück.
Mala stand da wie ein Soldat, mit brennenden Augen, und ihr Blick ließ Yasmin kurz erstarren, sodass sie wirklich den Ziegen ausweichen musste. Als sie das nächste Mal hinsah, hatte der General sich abgewandt. Malas dünne Arme spannten sich unter dem Gewicht der Kannen.
Schwester Nor meinte, sie solle nachsichtig sein.
»Sie ist immer noch deine Freundin«, sagte sie. Ihre Stimme drang aus dem gigantischen Roboter, mit dem sie eine Gruppe Webbly-Farmer bewachte, die systematisch eine alte Waffenkammer raideten: Sie erledigten alle Zombies darin, sammelten die Drops ein und begannen wieder von vorn. »Sie weiß es vielleicht noch nicht, aber sie steht auf der Seite der Arbeiter. Die Bosse bedienen sich zwar ihrer Dienste, werden sie aber nie zu einer der Ihren machen. Das Beste, worauf sie hoffen kann, ist, eine Art Maskottchen zu werden. Oder aber die Frau fürs Grobe. Ich glaube allerdings nicht, dass sie darauf viel Wert
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