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Forbidden

Forbidden

Titel: Forbidden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabitha Suzuma
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Monate, die genauso gut auch dreizehn Jahre sein könnten … Der Officer liest mir jetzt meine Rechte vor. »Sie haben das Recht, eine Aussage zu verweigern. Aber ich weise Sie darauf hin, dass es zu Lasten Ihrer Verteidigung gehen kann, wenn Sie sich nicht zu Sachverhalten äußern, die später vor Gericht verhandelt werden. Alles, was Siesagen, kann gegen Sie verwendet werden.« Er spricht langsam und ist sich seiner Autorität bewusst, sein Gesicht gleicht einer Maske – glatt, kalt und ausdruckslos. Aber das hier ist keine Krimiserie im Fernsehen. Das ist Wirklichkeit. Ich habe ein echtes, wirkliches Verbrechen begangen.
    Der jüngere Polizist teilt mir mit, man werde mich jetzt nach draußen ins »Transportfahrzeug« bringen. Der Flur ist zu eng für drei Personen nebeneinander. Der ältere Officer geht voran, mit schwerem und langsamem Schritt. Der andere umfasst mit hartem Griff meinen Oberarm. Bis jetzt ist es mir gelungen, meine Angst gut zu verstecken, aber als wir zur Treppe kommen, spüre ich plötzlich Panik in mir hochsteigen. Komisch, ausgerechnet das Bedürfnis, aufs Klo zu müssen, löst dieses Gefühl aus. Plötzlich merke ich, dass ich ganz dringend pinkeln muss, aber keine Ahnung habe, wann ich dazu das nächste Mal Gelegenheit haben werde. Nach einem stundenlangen Verhör, in eine Zelle eingesperrt, in einer Gemeinschaftstoilette mit anderen Gefangenen? Ich bleibe stolpernd am oberen Ende der Treppe stehen.
    »Weiter!« Eine Hand fasst mir zwischen die Schulterblätter und will mich weiterschieben.
    »K-kann ich – kann ich bitte noch einmal auf die Toilette?« Meine Stimme klingt ängstlich und verzweifelt. Ich spüre, wie mein Gesicht brennt, und kaum habe ich gesprochen, wünschte ich, ich könnte es zurücknehmen. Wie jämmerlich ich mich angehört habe.
    Ein kurzer Blickwechsel. Der stämmige Officer seufzt und nickt. Sie lassen mich ins Bad gehen. Aber der junge Polizist bleibt in der offenen Tür stehen.
    Die Handschellen machen es nicht gerade einfach. Ich spüre dieAnwesenheit des Officers in dem kleinen Raum. Ich stelle mich so, dass mein Rücken zu ihm zeigt, knöpfe mühsam die Jeans auf. Schweiß läuft mir den Rücken hinab, ich merke, wie mein T-Shirt feucht an mir klebt. Meine Knie zittern. Ich schließe die Augen und versuche, mich zu entspannen, aber ich muss so dringend pinkeln, dass ich nicht kann. Unmöglich. Ich kann nicht. Ich kann einfach nicht. Nicht so.
    »Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.« Die Stimme hinter mir lässt mich zusammenzucken. Ich knöpfe die Jeans wieder zu und spüle die leere Schüssel. Als ich mich umdrehe, fühle ich mich so verlegen, dass ich den Kopf nicht heben kann.
    Als wir die schmale Treppe hinunterstolpern und -trampeln, sagt der junge Officer in einem freundlicheren Tonfall: »Die Polizeistation ist nicht weit weg. Dort haben Sie mehr Zeit.«
    Seine Worte hauen mich fast um. Eine kleine freundliche Geste von menschlicher Anteilnahme, trotz des schrecklichen Vergehens, das ich begangen habe. Ich spüre, wie meine Fassade zu bröckeln beginnt. Ich hole tief Luft, beiße mir auf die Lippen. Ich muss unbedingt Haltung bewahren, es könnte ja sein, dass Maya mich sieht. Ich muss es unbedingt bis aus dem Haus schaffen, ohne zusammenzubrechen.
    Aus der Küche sind Stimmen zu hören. Die Tür ist geschlossen. Dorthin haben sie sie also gebracht. Ich hoffe nur, dass sie sie immer noch als Opfer behandeln, dass sie sie trösten, statt mit Fragen zu bombardieren. Ich muss mit aller Kraft die Zähne zusammenbeißen, jeden Muskel in meinem Körper anspannen, um nicht zu ihr zu rennen, sie zu umarmen, sie ein letztes Mal zu küssen.
    Über dem Treppengeländer hängt ein rosa Springseil. Auf demTeppich entdecke ich ein einzelnes Gummibärchen, das noch von gestern Abend dort liegt. Willas kleine weiße Sandalen und ihre Turnschuhe. Wie lange es gedauert hat, bis sie die Schnürsenkel binden konnte! Tiffins ausgelatschte Schultreter, seine teuren neuen Fußballschuhe, seine Handschuhe und sein »Torball«. Darüber hängen Willas und Tiffins Schuljacken, leer, unbenutzt, wie Gespenster ihrer selbst. Ich will sie zurück, ich will meine Kinder zurück. Sie fehlen mir schon jetzt, Schmerz durchbohrt mich und hinterlässt eine große Leere in meinem Herzen. Sie waren beide so aufgeregt gewesen, dass keine Zeit mehr geblieben war, um sie zu umarmen. Ich hatte mich nicht von ihnen verabschiedet.
    Als sie mich an der geöffneten Tür des Wohnzimmers

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