Forbidden
sein!«
Ich drehe mich um und blicke sie an. »Und was, verdammt noch mal, soll ich dann tun?«, brülle ich.
Meine laute Stimme erschreckt mich selbst. Maya weicht einen Schritt zurück.
Ich halte einen Moment inne und atme tief durch, die Hände erschrocken vor den Mund gelegt. Dann fahre ich mir nervös durch die Haare. »Tut mir leid. Es ist nur, ich – ich weiß nicht, was ich tun soll. Mum hat am Telefon nur noch gelallt. Ich konnte sie noch nicht mal dazu bringen, nach Hause zu kommen!« Ich verschlucke mich und muss so stark husten, dass ich den Satz fast nicht mehr zu Ende bringe.
»Okay«, sagt Maya hastig. »Okay, Lochie. Ich bleibe hier und warte. Und ich rufe dich sofort an, falls er auftaucht. Hast du dein Handy eingesteckt?«
Ich taste meine Hosentaschen ab. »Nein – Scheiße – und meine Schlüssel –«
»Hier …« Maya langt nach ihrem Mantel am Garderobenhaken und zieht ihr Handy und ihre Schlüssel heraus. Ich greife danach und reiße die Tür auf.
»Warte!« Sie wirft mir meine Jacke zu.
Schon draußen in der kalten Nacht, ziehe ich sie an.
Es ist dunkel, die Häuser schlafen alle, bis auf ein paar wenige,in denen noch das blaue Licht eines Fernsehers flackert. Die Stille ist fast unheimlich – ich kann sogar die Laster hören, die ziemlich weit weg auf der Autobahn ihre Waren durch die Nacht transportieren. Ich gehe schnell die Straße entlang und biege dann auf die Hauptstraße ein, die verlassen und irgendwie gespenstisch daliegt. Vor den Geschäften sind überall Rollgitter heruntergelassen. Der Abfall von den Marktständen liegt noch auf dem Gehweg herum. Ein Betrunkener taumelt aus dem Tag und Nacht geöffneten Supermarkt heraus, und zwei dürftig bekleidete junge Frauen überqueren die Straße, ihre schrillen Stimmen zerfetzen die Stille. Plötzlich nähert sich ein Auto, aus dem laut Musik dröhnt, jemand gibt Vollgas und streift fast den Betrunkenen, die Reifen quietschen, als das Auto dann um die Ecke biegt. Ich entdecke eine Gruppe Jugendlicher, die vor einem geschlossenen Pub herumstehen. Sie sind alle gleich angezogen: graue Hoodies, Jeans, die ihnen fast die Hüften runterrutschen, weiße Sneakers. Als ich die Straße überquere, merke ich, dass sie alle viel älter sind als Kit und seine Clique. Ich drehe den Kopf schnell weg, aber einer von ihnen ruft mir zu: »Hey, was glotzt du so?«
Ich beachte sie nicht und gehe einfach weiter, die Hände in die Hosentaschen gesteckt. Mühsam unterdrücke ich das Bedürfnis, schneller zu gehen. Wie Wölfe wittern sie die Furcht. Einen Moment lang glaube ich, dass sie mir nachkommen werden, aber nur ihr Gelächter und ihre obszönen Beschimpfungen wehen hinter mir her.
Mein Herz klopft immer noch laut, als ich das Ende der Hauptstraße erreicht habe und die Kreuzung überquere. Meine Gedanken rasen. Genau deshalb sollte ein dreizehnjähriger Junge sich um diese Zeit nachts nicht mehr auf der Straße herumtreiben.Den Typen von eben war langweilig, sie waren betrunken oder bekifft oder beides und suchten Streit. Einer von ihnen hat immer schnell eine Waffe zur Hand – eine zerbrochene Flasche, ein Messer. Die Zeiten, in denen man sich einfach nur prügelte, sind vorbei, und in solchen Vierteln sowieso. Und welche Chance hätte ein hitzköpfiger Junge wie Kit gegenüber einem solchen Haufen?
Es fängt an zu nieseln. Die Scheinwerfer vorbeifahrender Taxis gleiten durch das Dunkel, lassen den nassen Asphalt aufglänzen. Ohne rechts und links zu schauen, überquere ich die Kreuzung und werde von einem wütenden Taxifahrer angehupt. Mit dem Ärmel meiner Jacke wische ich mir den Schweiß vom Gesicht, durch meinen Körper strömt Adrenalin. Plötzlich heult die Sirene eines Polizeiautos auf. Ich zucke zusammen. Das Geräusch wird leiser. Wieder zucke ich zusammen. Aus meiner Jackentasche ist ein verrücktes Kläffen zu hören. Als ich Mayas Handy herausziehe, zittern meine Hände. »Ja?«, rufe ich.
»Er ist da, Lochie. Er ist zu Hause.«
»Was?«
»Kit. Es ist gerade zur Tür hereingekommen. Du kannst nach Hause kommen. Wo bist du überhaupt?«
»An der Kreuzung Bentham. Ich bin in einer Minute da.«
Ich stecke das Handy wieder in die Tasche und mache kehrt. Ich keuche, bekomme kaum Luft. Autos fahren an mir vorbei. Alles ist gut, beruhige dich, sage ich zu mir. Er ist zu Hause. Es ist ihm nichts passiert. Aber ich spüre, wie mir der Schweiß den Rücken runterrinnt, und in meiner Brust ist ein Druck, als würde gleich
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