Forbidden
etwas zerplatzen.
Ich gehe zu schnell, atme zu schnell, denke zu schnell. Ich spüre einen stechenden Schmerz in der Seite, und mein Herz klopftzum Zerspringen. Er ist zu Hause, sage ich mir immer wieder. Es ist ihm nichts passiert – aber ich weiß nicht, warum ich mich nicht erleichtert fühle. Mir ist schlecht. Körperlich übel. Ich war mir so sicher, dass ihm etwas zugestoßen sein musste. Warum ist er nicht ans Telefon gegangen? Warum hat er nicht zurückgerufen?
Als ich zu unserem Haus komme, verschwimmen die Lichter der Straßenlampen vor meinen Augen, sie tanzen in der Nacht, und alles fühlt sich seltsam unwirklich an. Meine Hände zittern so stark, dass ich die Haustür nicht aufsperren kann; ich schaffe es nicht, den richtigen Schlüssel herauszuziehen. Schließlich fällt mir das ganze Schlüsselbund aus der Hand, ich stütze mich einen Moment mit der Hand an der Tür ab, um mich zu beruhigen, bücke mich dann danach. Als die Tür plötzlich aufgeht, taumele ich in den hell erleuchteten Flur.
»Vorsicht!« Mayas Hand stützt mich, sodass ich Halt finde.
»Wo ist er?«
Kits Lachen erklingt aus dem Wohnzimmer, und ich stürme hinein. Er hat sich auf dem Sofa breitgemacht, einen Arm hinter den Kopf gelegt, die Füße auf dem Polster. Er lacht über irgendetwas im Fernsehen, riecht nach Zigaretten, Bier und Shit.
Plötzlich explodiert die Wut, die ich schon so viele Monate mit mir herumgetragen habe. Wie flüssige, heiße Lava platzt sie aus mir heraus. »Wo zum Teufel hast du gesteckt?«
Kit spielt mit der Fernbedienung in seiner Hand und wartet eine Weile, bis er die Augen kurz vom Fernseher abwendet. »Das geht dich überhaupt nichts an.« Er blickt wieder zum Bildschirm und lacht weiter. Den Ton hat er lauter gestellt, um jeden weiteren Wortwechsel im Keim zu ersticken.
Ich mache einen Satz und entreiße ihm die Fernbedienung.
»Gib sie mir zurück, du Arschloch!« Er ist aufgesprungen, packt meinen Arm und dreht ihn mir auf den Rücken.
»Es ist vier Uhr früh! Wo hast du dich so lange rumgetrieben?«
Ich ringe mit ihm, versuche ihn abzuschütteln, aber er hat überraschend viel Kraft. Ein stechender Schmerz schießt von meiner Hand den Arm entlang bis in meine Schulter, und die Fernbedienung fällt auf den Boden. Als Kit sich nach ihr bückt, trete ich nach ihm und stoße ihn weg. Er fährt herum, und als seine Faust auf meinen Kiefer trifft, zucke ich vor Schmerz zusammen. Ich werfe mich auf ihn, packe ihn am Kragen, verliere das Gleichgewicht und ziehe ihn mit mir auf den Boden. Mein Kopf stößt gegen den Couchtisch, und einen Moment ist alles schwarz, aber dann habe ich die Hände um seinen Hals gelegt, und sein Gesicht ist rot, seine Augen sind weit aufgerissen. Er tritt mir immer wieder in den Magen, doch ich lasse nicht los. Ich lockere meinen Griff nicht, selbst als er seine Knie ganz fest gegen meine Leistengegend drückt. Ich kann nicht. Aber dann ist da jemand, zieht an meinen Händen, mischt sich ein, ruft meinen Namen, brüllt mir ins Ohr: »Hör auf, Lochie, hör auf! Du bringst ihn noch um!«
Da lasse ich los, Kit wälzt sich weg, stützt sich auf Hände und Knie, hustend und würgend, Speichel rinnt ihm aus dem Mund. Jemand hält mich von hinten, presst mir die Arme seitlich an den Körper, aber alle Kraft hat mich plötzlich verlassen, und ich kann mich kaum aufsetzen. Ich höre Kit nach Atem ringen. Er keucht. Langsam kommt er auf die Füße, und plötzlich beugt er sich drohend über mich.
»Fass mich noch einmal an, und ich bring dich um.« SeineStimme ist rau und heiser. Ich höre, wie er das Zimmer verlässt. Höre, wie er die Holztreppe hochtrampelt, höre ein Kind weinen. Ich habe das Gefühl, in die Tiefe zu stürzen. Aber der Fußboden mit dem Teppich bleibt fest, und die Wand drückt hart und kalt gegen meinen Rücken. Verschwommen sehe ich, wie Willa ihre Beine um Mayas Taille klammert, als Maya sie hochhebt und ihr zuflüstert: »Alles in Ordnung, mein Schatz, alles in Ordnung. Es ist nichts, sie haben sich nur gestritten. Lass uns wieder hochgehen. Ich bring dich ins Bett.«
Sie gehen aus dem Zimmer, und Willas Schluchzen wird leiser, aber ich kann es immer noch hören.
Meine Beine gehorchen mir fast nicht mehr, als ich mich in mein Zimmer hochschleppe. Als ich sicher drinnen bin, setze ich mich auf die Bettkante, stütze die Ellenbogen auf die Knie, halte die Hände vor Nase und Mund, versuche, wieder normal zu atmen. Der stechende Schmerz in meinem Magen
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