Forbidden
das übernächste Mal oder das überübernächste Mal oder das Mal darauf. So oder so – ich werde das akzeptieren müssen. Nur dass ich es nicht kann. Ich merke, dass ich damit überhaupt nicht umgehen kann. Schon beim bloßen Gedanken daran möchte ich am liebsten mit dem Kopf gegen die Wand schlagen oder Dinge zerschmettern. Die Vorstellung, dass DiMarco oder irgendein anderer sie in den Armen hält, sie berührt, sie küsst …
Ein dumpfer Schlag, ein heftiger Schmerz, der in meinen Arm hochschießt. Erst danach begreife ich, dass ich gerade mit allerWucht gegen die Wand geboxt habe, als würde ich sie durchstoßen wollen. Ich krümme mich auf dem Sofa zusammen, umfasse meine schmerzende rechte Hand und beiße die Zähne zusammen, um keinen Laut von mir zu geben. Einen Moment lang wird alles ganz dunkel, und ich fürchte schon, das Bewusstsein zu verlieren, aber dann trifft mich der Schmerz wieder hellwach an, rollt in grässlichen, vernichtenden Wogen durch mich hindurch. Ich weiß nicht, was mich mehr schmerzt, meine Hand oder mein Kopf. Was ich in den letzten Wochen am meisten gefürchtet habe – der totale Verlust der Kontrolle über mein Denken –, hat eingesetzt, und ich habe keine Kraft mehr, dagegen anzukämpfen. Ich schließe die Augen und spüre, wie der Wahnsinn Wirbel für Wirbel meine Wirbelsäule hochkriecht, bis er schließlich in meinen Schädel eingedrungen ist. Und dort explodiert er dann mit einem gewaltigen Lichtblitz. So ist das also, so fühlt es sich nach einem langen, harten Kampf an, wenn man verliert und vollkommen durchdreht.
Zwölftes Kapitel
Maya
Er ist wunderbar. Ich weiß nicht, wie ich überhaupt darauf gekommen bin, dass er ein dummer Schnösel sein könnte. Zeigt nur mal wieder, wie falsch wir die anderen mitunter wahrnehmen. Er ist aufmerksam, er ist taktvoll, er ist höflich; und er scheint sich wirklich für mich zu interessieren. Er sagt mir, dass ich hübsch aussehe, und dann lächelt er mich mit einem schüchternen Lächeln an. Als wir im Restaurant sitzen, übersetzt er für mich jedes Wort auf der Speisekarte und lacht nicht und blickt auch nicht überrascht auf, als ich ihm erzähle, dass ich noch nie Artischocken gegessen habe. Er stellt mir jede Menge Fragen, aber als ich ihm erkläre, dass bei uns zu Hause alles recht schwierig ist, scheint er sofort zu verstehen und bedrängt mich nicht weiter. Er findet auch, dass Belmont nicht auszuhalten ist, und freut sich, wenn er die Schule endlich hinter sich gebracht hat. Er fragt nach Lochan und sagt, dass er ihn gern näher kennenlernen würde. Er erzählt mir, dass sein Vater sich mehr für seine Geschäfte als für seinen einzigen Sohn interessiert und dass er ihn mit Geschenken überschüttet, um sein Schuldgefühl zu beschwichtigen, weil er fast das halbe Jahr nicht da ist. Deshalb auch das Auto. Ja, er ist verwöhnt, und er hat einen reichen Vater, aber er ist auch nicht besser dran als wir, denke ich. Völlig andere Umstände, aber dasselbe Ergebnis.
Wir reden lange miteinander. Als er mich nach Hause fährt, frage ich mich, ob er mich wohl küssen wird. Einmal, als wir beide die Hand ausstrecken, um das Radio leiser zu stellen, berühren sich unsere Hände, und er lässt seine kurz auf meiner liegen. Es fühlt sich seltsam an, diese Berührung ist mir so unvertraut.
»Soll ich dich noch zur Tür bringen, oder wäre dir das … unangenehm?« Er sieht mich fragend an, zögerlich, und lächelt, als ich lächle. Ich sehe Kindergesichter vor mir, die im ersten Stock durchs Fenster spähen, und finde, dass es wahrscheinlich am besten ist, wenn ich allein aussteige. Zum Glück hat er sich in der Dunkelheit mit den Häusern vertan, sodass uns keiner beobachten kann, weder Tiffin noch Willa.
»Danke für das Abendessen. Es war wirklich sehr schön«, sage ich und merke überrascht, dass ich das tatsächlich so meine.
Er lächelt. »Ich finde, das sollten wir wiederholen, oder?«
»Ja. Warum nicht?«
Sein Lächeln wird breiter. Er beugt sich zu mir. »Dann gute Nacht.«
»Gute Nacht.« Ich zögere, obwohl ich schon nach dem Griff gelangt habe.
»Gute Nacht«, sagt er noch einmal mit einem Lächeln, aber dieses Mal streichelt er mir dabei die Wange. Sein Gesicht nähert sich meinem noch mehr. Und plötzlich merke ich: Ich mag Nico. Ich glaube, dass er wirklich sehr nett ist. Er sieht gut aus, und ich fühle mich zu ihm hingezogen. Aber ich will ihn nicht küssen. Jetzt nicht. Niemals … Ich drehe den Kopf
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