Forbidden
Wesen, das im Innersten getroffen ist. So verletzt, dass es nicht mehr gutzumachen ist. »Für mich warst du immer … warst du immer …« Ein Mal Luft holen. »… der einzige Mensch, der mich nie verletzen würde.«
Er wirkt betroffen, sein Gesicht spiegelt den Schmerz und die Verwirrung, die ich spüre. »Maya, es geht mir nicht gut … Ich hätte das nie sagen dürfen … Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist.« Seine Stimme zittert genauso wie meine, hört sich genauso entsetzt an. Er presst die Hände vors Gesicht, wendet sich von mir ab, geht im Zimmer auf und ab, holt mühsam Luft. Seine Blicke wandern wild, fast manisch umher.
»Aber ich muss es wissen … bitte versteh mich doch … ich muss es einfach wissen, sonst dreh ich noch durch!« Er schließt die Augen. Atmet stoßweise.
»Nichts ist passiert!«, sage ich laut. Aus meiner Wut ist plötzlich Angst geworden. »Nichts ist passiert. Warum glaubst du mir nicht?« Ich packe ihn an den Schultern. »Nichts ist passiert, Lochie! Nichts ist passiert – nichts, nichts, nichts!« Ich schreie es heraus, aber das ist mir egal. Ich verstehe nicht, was in ihm vorgeht. Was in mir vorgeht.
»Aber er hat dich geküsst.« Seine Stimme klingt leer. Er machteinen Schritt von mir weg und geht in die Hocke. »Er hat dich geküsst, Maya. Er hat dich geküsst.« Seine Lider sind halb geschlossen, sein Gesicht ist vollkommen ausdruckslos. Als sei er zu erschöpft, um noch irgendeine Reaktion zu zeigen.
»Er hat mich nicht geküsst!«, brülle ich, packe ihn wieder an den Schultern und versuche, ihn ins Leben zurückzuschütteln. »Er hat es versucht, okay, aber ich hab ihn nicht gelassen! Und weißt du, warum? Willst du wissen, warum? Willst du wirklich, wirklich wissen, warum?«
Ich halte ihn immer noch mit beiden Händen gepackt, beuge mich noch tiefer zu ihm, keuchend, Tränen laufen mir heiß und schwer übers Gesicht. »Darum …« Weinend küsse ich Lochans Wange. »Darum …« Ich küsse mit einem unterdrückten Schluchzer Lochans Mundwinkel. »Darum …« Ich schließe die Augen und küsse Lochan auf den Mund.
Gleich verliere ich mich, aber ich weiß, alles ist gut. Weil es mit ihm ist, mit Lochie. Meine Hände sind auf seinen brennenden Wangen, meine Hände sind auf seinen nassen Haaren, meine Hände sind um seinen warmen Hals. Er küsst mich zurück, mit seltsamen kleinen Lauten, wahrscheinlich weint er auch, er küsst mich so gierig, dass er zittert, dann umfasst er meine Arme und zieht mich zu sich herunter. Ich schmecke seine Lippen, seine Zunge, spüre die scharfen Kanten seiner Zähne. Wie weich und warm sein Mund innen ist. Ich rücke noch näher, presse mich ganz fest an ihn, mit meinem ganzen Körper, will in ihn hinein, will in ihm verschwinden. Wir halten einen Moment inne, um Luft zu holen, und ich blicke ihm kurz ins Gesicht. Seine Augen sind voller Tränen. Er gibt einen seltsam rauen Laut von sich. Wir küssen uns weiter, sanft und zärtlich, dann gierig und leidenschaftlich. Seine Finger zerren an den Trägern meines Kleids, verdrehen sie, die Fäuste umklammern den Stoff, als müsste er gegen einen Schmerz ankämpfen. Und ich weiß genau, wie er sich fühlt – das alles ist so gut, dass es wehtut. Das Glück ist so groß, dass ich gleich sterben werde. Der Schmerz ist so groß, dass ich gleich sterben werde. Die Zeit steht still, die Zeit rast. Lochies Lippen sind rau und weich, fordernd und sanft. Ich spüre, wie seine Hände über meine Haare, meinen Hals und meine Arme gleiten, er presst sie gegen meinen Rücken. Ich möchte, dass das nie aufhört. Er soll mich nie mehr loslassen.
Plötzlich ist über uns wie ein Donnerschlag ein Geräusch zu hören. Unsere Körper fahren auseinander, und wir küssen uns nicht mehr. Aber ich habe meine Arme weiter um Lochans Hals geschlungen, und er hält mich weiter fest. Die Toilettenspülung rauscht. Dann das vertraute Knarzen von Kits Leiter. Keiner von uns beiden rührt sich, obwohl die darauffolgende Stille verrät, dass Kit wieder in seinem Bett ist. Mein Kopf lehnt an Lochans Brust, ich höre laut sein Herz klopfen – sehr laut, sehr schnell, sehr stark. Ich kann auch seinen Atem hören: spitze, scharfe Zacken, die die kalte Luft durchstoßen.
»Maya, was tun wir hier gerade?« Er bricht als Erster das Schweigen. Seine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern, es hört sich an, als würde er gleich losschluchzen. »Ich begreife das alles nicht, warum … Was geht da mit uns
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