Forbidden
Mayas sanfte Fürsorge haben mich völlig aus der Bahn geworfen, und ich fühle mich, als würde ich am Rand eines Abgrunds stehen.
Maya bringt mir ein Glas Orangensaft und einen geschälten, geviertelten Apfel, wie sie es bei Tiffin und Willa macht, und das gibt mir fast noch den Rest. Danach bleibt sie in der Tür stehen, sieht mir zu, wie ich den Fernseher anmache und auf stumm stelle, wie ich die Ärmel meines Hemds hochrolle, einen losen Knopf abreiße. Sie zupft an ihrem Ohrläppchen, wie es auch Willa macht, wenn sie nervös und unruhig ist. Daran erkenne ich, welchen Schrecken ich ihr eingejagt habe.
»Wie fühlst du dich?«
Ich versuche zu lächeln, um heiter und zuversichtlich zu wirken. Aber der Schmerz in meiner Kehle wächst. »Gut! War nur eine blöde Panikattacke.«
Wieder will ich einen Witz machen, und es gelingt mir nicht. Stattdessen spüre ich, wie mein Kinn zittert. Ich ziehe schnell eine Grimasse, um es zu verbergen.
Ihr Lächeln verschwindet. »Vielleicht sollte ich besser gehen und dich eine Weile in Ruhe lassen –«
»Nein!« Ich sage das lauter als beabsichtigt. Hitze steigt mir ins Gesicht, und ich zwinge mich zu lächeln. »Ich meine, wo wir doch jetzt beide auf einmal etwas freie Zeit haben, vielleicht könnten wir da … Du weißt schon, wie in alten Zeiten, ein bisschen miteinander rumhängen. Es sei denn, du hast zu viel Hausaufgaben zu tun oder irgendwas anderes …«
Jetzt blickt sie mich leicht amüsiert an. »Du hast völlig recht, Lochan James Whitely! Es macht keinen Sinn, einen geschenkten schulfreien Nachmittag mit Hausaufgaben zu verbringen!«
Sie zieht die Tür hinter sich zu und lässt sich in den Sessel fallen. »Also – was wollen wir angucken?«
Ich greife nach der Fernbedienung und fingere nervös herum. »Oh … ähm … na ja … da gibt es bestimmt noch was anderes als Baby-TV … Wie wär’s damit?« Ich höre auf, mich durch die Kanäle zu zappen, als ich eine alte Episode von Friends erwischt habe, und blicke Maya fragend an.
Sie lächelt mich traurig an. »Super.«
Gelächter aus der Konserve füllt das Zimmer, aber wir können beide nicht so richtig mitlachen. Die Folge zieht sich in die Länge. Mit wird immer schmerzlicher bewusst, dass wir uns überhaupt nichts zu sagen haben, wenn wir miteinander allein sind. Ist zwischen uns wirklich alles kaputtgegangen? Sie ist doch meine Schwester und beste Freundin!
Ich will sie fragen, was in ihrem Kopf vorgeht, ich will sie anflehen, es mir bitte zu sagen. Ich will ihr erklären, was an dem Abend in meinem Kopf vorging, als ich wie ein Scheißkerl reagiert habe. Aber ich bringe es noch nicht mal fertig, sie anzublicken. Ich spüre, wie sie mich besorgt anschaut. Und bin noch verzweifelter.
»Willst du drüber reden?« Ihre Stimme klingt so sanft und fürsorglich, dass ich zusammenzucke. Auf einmal wird mir bewusst, dass ich mir wieder auf die Lippe beiße und dass ich die Tränen nicht mehr zurückhalten kann, die sich in meinen Augen angesammelt haben.
Ich schüttle hastig den Kopf, hole hektisch Luft, fahre mirmit der Hand übers Gesicht. Ich presse die Finger an die Lider und schüttle nochmals den Kopf. »Ich fühl mich nur noch etwas komisch wegen vorhin.« Obwohl ich mich bemühe, mit fester Stimme zu sprechen, klingt sie heiser und unsicher. Ich wende Maya das Gesicht zu, und mit einem dünnen, verzweifelten Lächeln zwinge ich mich, ihrem Blick standzuhalten. »Aber jetzt geht es mir wieder gut. Alles ist gut. Wirklich.«
Nach kurzem Zögern steht Maya auf und setzt sich zu mir aufs Sofa, ans andere Ende, ein Bein untergeschlagen, und wendet sich mir zu. Ein paar Strähnen hängen ihr ins Gesicht. Sie ist sehr blass.
»Jetzt sag schon, du Dummkopf! Es kann nicht nichts gewesen sein, wenn dir deswegen die Tränen kommen.« Die Worte hängen zwischen uns in der Luft, ihre Sorge macht das Schweigen noch größer.
»Ich – ich bin nicht … es ist nicht, weil –«, antworte ich. »Es ist nur, ich … ich bin –« Ich hole tief Atem und versuche verzweifelt, mich in den Griff zu bekommen. Das Letzte, was ich möchte, ist, dass sie weiß, wie fix und fertig ich bin, weil ich sie verloren habe. Ich will sie nicht bedrängen. Wenn sie mich nicht mehr liebt, wenn sie überzeugt ist, dass unsere Beziehung falsch und unnatürlich ist, dann ist das so.
Sie hat sich nicht gerührt. »Du bist nur was?«, fragt sie sanft.
Ich räuspere mich, blicke kurz zur Decke, gebe ein kurzes,
Weitere Kostenlose Bücher