Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Forbidden

Forbidden

Titel: Forbidden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabitha Suzuma
Vom Netzwerk:
können!«
    Die Zeit springt vor und zurück. Entweder ist es jetzt früher oder später. Ich weiß das nicht mehr. Die Krankenschwester ist da. Ich weiß nicht, warum – alles ist so verwirrend. Vielleicht hatte ich unrecht. Vielleicht wollen sie mir ja wirklich helfen. Mrs Shah hat sich das Stethoskop in die Ohren gesteckt und zieht mein Hemd hoch. Ich wehre mich dagegen, aber Miss Azley hält meine Arme fest, und ich bin zu schwach, um sie wegzustoßen.
    »Alles in Ordnung, Lochan«, sagt sie mit leiser, besänftigender Stimme. »Die Schwester will Ihnen nur helfen. Sie will Ihnen nichts Böses tun.«
    Das Sägegeräusch dauert an. Ich werfe meinen Kopf zurück und verdrehe die Augen und beiße mir auf die Lippe, damit es aufhört. Der Schmerz in meiner Brust ist unerträglich.
    »Lochan, können Sie von diesem Stuhl aufstehen?«, fragt die Schwester. »Glauben Sie, Sie können sich auf den Boden legen, damit ich Sie dort besser untersuchen kann?«
    Ich umklammere den Stuhl. Nein. Sie werden mich nicht dazu bringen, mich auf den Boden zu legen, wo ich noch hilfloser bin.
    »Soll ich einen Krankenwagen rufen?«, fragt Miss Azley.
    »Nein, nicht nötig. Er hat eine besonders schlimme Panikattacke – das ist bei ihm früher schon mal vorgekommen. Er hyperventiliert sehr stark, und sein Puls ist bei über zweihundert.«
    Sie reicht mir eine Papiertüte, in die ich atmen soll. Ich winde mich und drehe mich weg und versuche, die Tüte fortzustoßen, aber ich habe keine Kraft mehr. Ich gebe auf. Ich versuche gar nicht mehr, zu kämpfen. Trotzdem muss die Schwester Miss Azley bitten, mir die Tüte über Nase und Mund zu halten.
    Ich beobachte, wie die Tüte sich aufbläht und dann wieder zusammenzieht. Sich aufbläht, zusammenzieht, sich aufbläht, zusammenzieht. Das Knistern des Papiers erfüllt den Raum. Ich versuche noch einmal, die Tüte wegzustoßen. Sie wollen mich ersticken – in der Tüte ist keine Luft mehr … Da erinnere ich mich undeutlich daran, schon einmal in eine Tüte geatmet zu haben, und dass es geholfen hat.
    »Okay, Lochan. Sie atmen viel zu schnell. Dadurch kommt viel zu viel Sauerstoff in Ihren Körper, deshalb hat er so reagiert. Atmen Sie weiter in die Tüte, langsam und regelmäßig. Ja, so ist es gut! Sie machen das schon viel besser. Versuchen Sie, noch langsamer zu atmen. Das war nur eine Panikattacke! Nichts Schlimmes. Es wird Ihnen gleich wieder gut gehen …«
    Das mit der Tüte – einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen – dauert eine Ewigkeit, oder vielleicht auch nur eine Minute, eine Sekunde, eine Millisekunde; es braucht so wenig Zeit, dass es sich überhaupt nicht ereignet. Ich habe einen Arm auf den Tisch gelegt und darauf den Kopf. Um mich herum wackelt immer noch alles, der Tisch vibriert unter meiner Wange, aber das Atmen fällt mir wieder leichter – ich konzentriere mich jetzt von selbst darauf, regelmäßige Atemzüge zu machen, die Papiertüte liegt inzwischen unbenutzt da. Die elektrischen Schocks sind seltener geworden, und ich beginne wieder, zu sehen und zu hören und die Dinge um mich herum klarer wahrzunehmen. Miss Azley sitzt neben mir und streicht mir über den Rücken. Die Schwester kniet auf dem Boden, hält mein Handgelenk zwischen Daumen und Zeigefinger, das Stethoskop hat sie immer noch umgehängt. Ich nehme wahr, dass ihre braunen Haare an den Wurzeln grau sind. Ich nehme wahr, dass auf dem Tisch, unter meiner Wange, ein Blatt Papier mit meiner eigenen kritzeligen Handschrift liegt. Das sägende Geräusch ist verschwunden, stattdessen kommen aus meinem Mund kurze, harte Laute, ähnlich wie bei einem Schluckauf oder wie bei Willa, wenn sie stark geheult hat. Der Schmerz in meiner Brust lässt nach. Mein Herz schlägt ruhiger.
    »Was ist passiert?«
    Es verwirrt mich, plötzlich die vertraute Stimme zu hören. Ich richte mich mühsam auf, meine Hand greift nach der Tischkante, damit ich mich abstützen kann und nicht gleich wieder vornübersinke. Meine Atemzüge werden gehetzter, ich fange erneut an zu zittern. Sie steht direkt vor mir, zwischen Miss Azley und der Schwester, und hält erschrocken die Hand vor den Mund. Die Augen hat sie vor Schreck weit aufgerissen. Ich bin so erleichtert, dass sie da ist, und strecke die Hand nach ihr aus, damit sie nicht gleich wieder geht.
    »Lochie, alles in Ordnung, alles in Ordnung.« Sie nimmt meine Hand fest in ihre.
    »Was um Gottes willen ist passiert?«, fragt sie noch einmal die Schwester, in der Stimme

Weitere Kostenlose Bücher