Forellenquintett
wollen Sie dann dort tun? Waren Sie mal Elektriker?«
»Nein«, kam die Antwort, ein wenig mürrisch. »Aber vermutlich bin ich schuld. Ich wollte mir Wasser heiß machen, und das hat einen Kurzschluss gegeben …«
»Da haben wir ja wenigstens den Übeltäter«, meinte Oerlinghoff. »Das ist ja schon die halbe Miete. Irgendwie ist das heute aber eine tolle Bilanz, finden Sie nicht?«
»Der Gedanke ist mir auch schon gekommen.«
»Na also. Übrigens wird der Schaden auch ohne Sie behoben werden können. Gehen wir in Ihr Büro? Ich wollte nämlich ohnehin mit Ihnen reden.«
Walliser wandte sich um und ging zurück. In seinem Büro legte er die Taschenlampe so, dass sie den Aktenschrank anstrahlte. Oerlinghoff setzte sich auf den Besucherstuhl und knipste seine Lampe aus.
»Traulich, was? Wie im Führerbunker 1945.«
Auch Walliser hatte wieder Platz genommen.
»Was macht die Fahndung nach unseren beiden abgängigen Kolleginnen?«
»Kein Ergebnis«, antwortete Walliser. »Seit heute Mittag kein Hinweis mehr. Beide Wohnungen werden überwacht, auch die Telefone. Alles negativ.«
»Und die Mobiltelefone?«
»Marlen Ruoff hat ihres in ihrem Wagen zurückgelassen, und das der Wegenast haben wir in einem Abfallkorb im Stadtbahnhof gefunden.«
»Trotzdem verstehe ich nicht…« Oerlinghoff sprach den Satz nicht zu Ende. »Die Wegenast ist von Haus aus eine auffällige Erscheinung, dazu trägt sie jetzt den Arm in der Schlinge, falls diese ganze Verletzung nicht bloß vorgetäuscht ist... also ich verstehe nicht, dass diese Frau von niemandem wahrgenommen wird.«
»Diese Art Frauen«, bemerkte Walliser vorsichtig, »haben vermutlich auch ihre besonderen Kontakte, vielleicht sollte ich sagen: ihre eigenen Netzwerke … Vielleicht ist sie ganz einfach bei einer Bekannten untergetaucht oder bei der Bekannten einer Bekannten.«
»Diese Art Frauen«, echote Oerlinghoff.
Walliser, der den Polizeidirektor auf der anderen Seite des Schreibtischs mehr ahnte, als dass er ihn hätte sehen können, hörte ein leises Lachen.
»Das haben Sie ja ganz delikat formuliert, Walliser. Aber Ihre Idee ist nicht schlecht. Leider haben wir in dieser Richtung keine Dateien … Vielleicht müsste irgendjemand mal dem Innenminister stecken, dass es hier eine Lücke gibt.«
Walliser ging nicht darauf ein. »Sie sagten gerade eben: falls diese Verletzung nicht bloß vorgetäuscht ist … Haben Sie einen konkreten Ansatzpunkt, dass dies so sein könnte?«
»Sicher nicht. Als die Wegenast aus der Ambulanz kam, sahen sie und ihr Verband ganz authentisch aus, soweit ich das als Laie beurteilen kann.«
»Sie haben dann ja auch mit ihr gesprochen …«
»Selbstverständlich habe ich mit ihr gesprochen und ebenso selbstverständlich von diesem Gespräch noch heute Morgen eine kurze Zusammenfassung diktiert. Die Abschrift müsste Ihnen längst vorliegen.«
»Tut sie auch«, sagte Walliser. »Ich wollte mich nur vergewissern, wie genau sie die Stelle beschrieben hat, wo sie die Waffe weggeworfen haben will.«
»Es soll irgendwo in diesem Obstgarten gewesen sein. Hätte ich genauer nachfragen sollen, und wenn ja: warum?« Wieder hörte Walliser dieses Lachen aus der Dunkelheit. »Offenbar habe ich Ihnen da recht laienhaft ins Kriminalistenhandwerk gepfuscht, wie?«
»Entschuldigen Sie, Chef. Aber es gibt ein Problem. Und das besteht darin, dass dieser Orschach erschossen wurde, nachdem Frau Wegenast im Krankenhaus war, und vermutlich auch, nachdem Sie mit ihr gesprochen haben...« Er brach ab, und für einen Augenblick herrschte Schweigen.
»Erklären Sie mir, worin dieses Problem besteht?« Diesmal klang die Stimme kühl und ohne jeden Anflug von Ironie.
»Orschach ist mit einem einzigen Schuss getötet worden, mit einem Schuss in die Stirn, aus mehreren Metern Entfernung.«
»Und?«
»Falls die Verletzung der Frau Wegenast tatsächlich so schwerwiegend ist, wie es den Anschein hatte, dann kann kaum sie es gewesen sein, die mit dieser Präzision getroffen hat. Und sie selbst hätte damit auch gar nicht rechnen können. Folglich hätte sie mehrere Schüsse abgegeben … Es sei denn, sie wäre Linkshänderin.«
»Ist sie das?«
»Das weiß ich nicht.«
»Aber mir stellen Sie solche Fragen? Na gut.«
»Es ist noch etwas«, sagte Walliser. »Die Walther P 5 von Frau Wegenast wurde auf einer Kommode in dem Schlafzimmer gefunden, in dem Orschach erschossen wurde. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Täter eine Waffe, die so eindeutig
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