Forellenquintett
Wegenast?«
»Wir haben ihre Dienstpistole am Tatort gefunden«, antwortete Oerlinghoff. »Außerdem haben wir auch ein Motiv.«
»Ja?«
»Die Beschreibung von Orschach stimmt überein mit der eines Mannes, der in den Mord an einer Prostituierten in Krakau verwickelt ist. Die Prostituierte war mit der Wegenast bekannt und lebte bei einer Freundin von ihr.«
»Und Sie glauben, die Wegenast hat Selbstjustiz geübt? Na schön. Was glaubt Ihr Kommissar?«
»Glauben! Polizisten glauben eher nicht. Mein Walliser zum Beispiel glaubt nicht, dass die Wegenast ihre Waffe dort liegen gelassen hätte. Ich hingegen denke, dass sie das mit Absicht getan hat. Aber auch das ist im Augenblick nur Astrologie.«
Schatte hatte den Kopf erhoben und fixierte Oerlinghoff, und seine Augen waren halb geschlossen. »Hören Sie - wer eine polnische Prostituierte umgebracht hat und warum, das muss ja nicht unbedingt ich herausfinden. Aber da Sie nun einmal damit begonnen haben: Ist das in Krakau nur ein Täter gewesen, oder waren es zwei oder mehrere?«
Oerlinghoffs Gesicht blieb ausdruckslos. »Angeblich waren es zwei Männer.«
Plötzlich stülpte Schatte die Lippen vor, als ob er ein Lächeln andeuten wollte. »Wenn es zwei waren - haben Sie schon einmal daran gedacht, dass es für den einen am Ende unter bestimmten Umständen doch ganz praktisch wäre, wenn der andere hops ginge?« Das Lächeln verschwand wieder.
»Was für Umstände sollten das sein?«
»Ach«, antwortete Schatte gedehnt, »vielleicht ist etwas schiefgelaufen, vielleicht gibt es Zeugen, mit denen man nicht gerechnet hat... Aber bin ich Sherlock Holmes?«
»Trotzdem sollten Sie Ihre Überlegungen Kommissar Walliser vortragen«, sagte Oerlinghoff kühl.
»Haben Sie mich zu sich gebeten, um mir das zu sagen?«
»Nein.« Oerlinghoff lehnte sich in seinem Sessel zurück, die Arme auf die Lehnen aufgestützt und die Hände gefaltet. »Ich habe Sie hergebeten, um mit Ihnen über das zu sprechen, was hier möglich ist und was nicht. Sie werden Ihre Demonstration bekommen, und während Sie Ihre Rede halten und baden-württembergische Polizeibeamte als Mörder an den Pranger stellen, werden eben diese baden-württembergischen Polizisten Sie dabei beschützen...«
»Schöner Schutz!«, unterbrach ihn Schatte. »Dieser Polizei haben wir bereits den zweiten Toten zu verdanken.«
»Ich sagte Ihnen doch, dass das noch gar nicht bewiesen ist.«
Oerlinghoff deutete ein kurzes Lächeln an. »Außerdem scheinen Sie zu übersehen, dass auch andere Abläufe denkbar sind. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass wir in den nächsten Tagen intensive Befragungen im Umfeld des Kevin Orschach vornehmen müssen, sehr intensive Befragungen und Gegenüberstellungen …« Er zuckte mit den Achseln. »In welchem Verhältnis standen zum Beispiel Sie, sehr verehrter Herr Dr. Schatte, zu dem Getöteten?« Er blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ihre Demonstration ist für übermorgen Nachmittag angemeldet, nicht wahr? Wir werden uns bemühen, bis dahin alle offenen Fragen zu klären. Aber menschliches Bemühen kann auch misslingen, wer wüsste das nicht?«
Schatte schüttelte den Kopf. »Das zieht alles nicht«, sagte er, »und Sie wissen es auch. Die Karten sind anders verteilt. Aber worauf wollen Sie hinaus?«
»Ich will darauf hinaus, dass Sie zwar Ihre Demonstration bekommen, dass diese Demonstration aber gesittet abläuft, dass kein Versuch unternommen wird, die Wegenast ausfindig zu machen oder Selbstjustiz zu üben, und dass Sie insofern auch mit uns zusammenarbeiten...«
Er unterbrach sich, denn von der Straße her drang der Lärm eines heftigen Wortwechsels herein. Oerlinghoff griff zu seinem Handy und rief eine Kurzwahl auf. Es dauerte eine Weile, bis sich Waldner II meldete:
»Wir haben diesen Wagen mit der Frankfurter Nummer überprüft, das ist ein Albaner, ein... Moment... ein Ramiz Shiroka, er regt sich ziemlich auf … Lassen Sie mein Handy...«
Die Stimme von Waldner II brach ab, eine andere, rauere Stimme brüllte in das Mobiltelefon, es waren Worte und Satzfetzen in einer Sprache, die Oerlinghoff nicht verstand, schließlich kam die Stimme von Waldner II zurück: »Entschuldigung, Chef, er ist wirklich ein schwieriger Kunde, aber es liegt nichts gegen ihn vor...«
»Sehen Sie zu, dass er mit dem Geschrei aufhört«, sagte Oerlinghoff und wandte sich an Schatte. »Kennen Sie einen Ramiz Shiroka?«
»Das ist ganz sicher nicht mein Umgang«, kam die
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