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Forellenquintett

Titel: Forellenquintett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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wohin Sie wirklich gehören, können wir Sie nicht wegschicken.«
    Sie sah wieder hoch. Andreas schaute an ihrem Schreibtisch vorbei zum Fenster, auf den Park und die alten Bäume darin.
     
     
     
    P awel Jachimczak, der Mann, der im Hotelfoyer auf Tamar wartete, war etwas mehr als mittelgroß, breitschultrig und trug eine Bürstenfrisur. Seine Nase sah aus, als sei er früher im Boxring gestanden, vielleicht einmal zu oft. Er trug eine unauffällige dunkle Kombination, und dass er tatsächlich ein Kollege war, erkannte Tamar als Erstes an seinem Blick, dem streifenden und scheinbar beiläufigen Blick eines Menschen, der gelernt hat, sehr genau hinzuschauen.
    Sie gingen aufeinander zu, sie reichte ihm die Hand, zu spät fiel ihr ein, dass das vermutlich ein Fehler war, aber da beugte er sich bereits darüber und deutete einen Handkuss an.
    Du wirst es überleben, dachte sie und lächelte, kühl, aber immerhin.
    Jachimczak sprach deutsch, mit einem angenehmen, fast melodischen Akzent.
    »Ich habe den Fall bekommen, weil er hat eine german connection «, sagte er, als sie in seinen Fiat - oder den der Krakauer Kriminalpolizei - stiegen. »Wäre es anders, hätte ich unglücklicherweise nicht das Vergnügen, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
    Tamar zwang sich zu der Bemerkung, das Vergnügen sei ganz auf ihrer Seite. »Ich fürchte nur, es gibt sonst nicht allzu viel Vergnügliches in dieser Sache.«
    »Das ist gewiss wahr«, meinte Jachimczak und startete den Wagen. »Wir hätten es übrigens sehr begrüßt, wenn wir gewusst hätten, dass Milena Kwiatkowski in Deutschland unter Zeugenschutz stand.«
    Ende der Liebenswürdigkeiten, dachte Tamar. So schnell geht das... »Wir haben in unserem Land ein Zauberwort«, antwortete sie und wagte ein kurz angebundenes Lächeln. »Das Zauberwort heißt Datenschutz. Es öffnet die Türen nicht, sondern verschließt sie. Außerdem ist das Urteil gegen ihren Zuhälter rechtskräftig geworden. Er hat auf eine Revision verzichtet. Die Staatsanwaltschaft war deshalb der Ansicht, sie sei nicht mehr in Gefahr.«
    »Ah ja«, machte Jachimczak. »Die Staatsanwaltschaft! Aber Milena ist jetzt tot.«
    Sie fuhren durch eine Allee, neben Straßenbahngleisen, in Richtung Hauptbahnhof, bogen dann aber rechts ab.
    Tamar versuchte ein Ablenkungsmanöver. »Sie haben sie identifizieren können?«
    »Sie werden sehen, warum.« Vor einer Ampel musste er warten. »Darf ich fragen, welcher Art Ihre Beziehung zu Frau Thalmann ist?«
    »Wir sind befreundet.«
    »Ist das eine sehr enge Freundschaft?«
    »Früher war sie es.«
    Wieder hörte sie dieses »Ah ja«. Sie durchquerten eine Bahnunterführung, links kam ein großer Gebäudekomplex in Sicht, eine Klinik?
    »Und Sie haben Frau Thalmann gebeten, Milena aufzunehmen?«
    »Nein.« Das war ein wenig schroff. »Darum kann man niemand bitten. Sie hatte ihre Hilfe angeboten.«
    »Wusste sie denn«, Jachimczak bremste den Wagen ab und bog nach rechts in eine Einfahrt ein, »wusste sie denn, dass Milena Kwiatkowski zurück nach Polen wollte?« Der Fiat hielt auf einem von mehreren reservierten Parkplätzen.
    Tamar warf ihm einen scharfen Blick zu. Aber Jachimczak stellte den Motor ab und machte ein Gesicht, als habe er seine Frage fast schon wieder vergessen.
    »Ich hatte ihr davon erzählt. Und dass wir nicht wüssten, wo wir Milena unterbringen könnten.«
    »Ah ja.« Er wandte sich ihr zu. »Frau Thalmann ist Künstlerin, das habe ich schon bemerkt... Aber was sollte ich über ihre Biographie wissen?« Er fuhr sich über den Hals, an der gleichen Stelle, an der auch Hannah ihre Narbe hatte. »Gewalt ist ein Thema in ihrem Leben, nicht wahr?«
    »Ihre Mutter ist von ihrem Vater umgebracht worden«, antwortete Tamar und bemühte sich, möglichst gleichgültig zu klingen. »Bald dreißig Jahre ist das jetzt her, und gedacht war es vermutlich als kollektiver Selbstmord. Die eigene Familie umbringen, um die Welt zu bestrafen. Hannah hat schwer verletzt überlebt.«
    »Überlebt hat auch der Vater?«
    »Ja, der Vater auch.«
    »Und er befindet sich heute in Freiheit?«
    »Nein«, antwortete Tamar, fast heiter. »Er hat zwischendurch noch ein paar andere Leute umgebracht. Im Augenblick liegt er auf der Krankenstation.«
    »Ja?«
    »Er wird keinen Fluchtversuch mehr machen. Nicht mit einem Krebs im Endstadium.«
    Sie betraten ein gelb gestrichenes Gebäude und gingen durch lange Korridore. Männer und Frauen in weißen Kitteln kamen ihnen entgegen, Jachimczak

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