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Forellenquintett

Titel: Forellenquintett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Außerdem wollte er von der Straße weg, das natürlich auch.
    Sie gingen am Seitenflügel des Gebäudes vorbei. Vielleicht ist das hier fürs Erste doch keine schlechte Idee, dachte er, es hätte keinen Sinn gehabt, sich irgendwo im Wald zu verstecken, dazu noch in herbstkalter Nacht, schon der bloße Gedanke ließ ihn frösteln, oder sich am Straßenrand aufzustellen und als Anhalter zu warten, bis ein Streifenwagen vorbeikam… Plötzlich flammten Scheinwerfer auf, in einer ersten Reaktion wollte er zur Seite flüchten, ins Gebüsch, aber Stefanie hielt ihn in eisernem Griff.
    »Das geht gleich wieder aus«, flüsterte sie und zerrte ihn weiter, am verschlossenen Tor der Tiefgarage vorbei, und so kamen sie zur Nordwand des Gebäudes, die sich aus einer mit Büschen bepflanzten Grünanlage erhob, nur unterbrochen durch Reihen schießschartenschmaler Fenster. Lüftungsschächte führten zu Kellerfenstern hinab, am dritten davon kniete sich Stefanie an der schmalen Kante des Gitters nieder.
    »Hilf mir doch mal!«
    Er beugte sich zur anderen Seite, und zusammen hoben sie auf ihr Kommando hin das Gitter aus seiner Verankerung. Der Schacht war vielleicht anderthalb Meter tief, Stefanie kletterte hinein und ließ sich - mit den Händen abgestützt - an der Innenwand hinabgleiten. Unten drückte sie mit der Hand das Kellerfenster auf, das offenbar nur angelehnt gewesen war, zwängte sich hindurch und gab ihm von unten ein Zeichen, ihr zu folgen. Dann verschwand sie. Etwas unbeholfen setzte er sich auf den Rand des Schachtes, stellte aber fest, dass dieser tiefer war, als er gedacht hatte. Für einen Augenblick verloren seine Beine ihren Halt und baumelten im Leeren, bis er doch noch mit den Füßen aufkam. Das Fenster schien in ein dunkles Loch zu führen, vermutlich war es unmittelbar unter der Unterkante der Kellerdecke angebracht.
    »Unter dir ist ein Tisch«, hörte er Stefanie. Sie griff seine Hand und half ihm herein. Es roch nach Heizöl, weiter innen im Raum schimmerten Funktionsleuchten rot und grün, sie waren also im Heizungskeller gelandet.
    Auch recht, dachte er. Wenigstens werden wir hier drin nicht frieren.
     
     
     
    I m Nebel zeichneten sich vor Tamar die Umrisse eines hohen dunklen Gebäudes ab, dessen über die Seiten hinausragendes Walmdach bis zum erleuchteten Erdgeschoss heruntergezogen war. Sie musste an der Zehntscheuer angekommen sein, war dort jetzt noch eine Veranstaltung? Sie schaute auf ihre Armbanduhr, es war kurz nach 22 Uhr, eine schmale Gestalt mit einem Geigenkasten unterm Arm huschte aus dem Eingangsbereich und verschwand im Dunkel der Gassen. Klar doch, dachte Tamar, übermorgen war dieses Konzert: Aus allen Herzen den Himmel loben, da mussten die armen Herzen noch mächtig üben und proben und sich piesacken lassen.
    Sie war an der Eingangstür angekommen, die Tür stand offen, und so überlegte sie nicht lange. Vermutlich hatte sie gerade so viele Gründe hineinzugehen wie draußen zu bleiben, aber darauf kam es nicht an. Worauf es ankam, war, nicht ins Hotel zurückzugehen und sich nicht eine Nacht lang zu fragen, warum sie schon wieder zu spät gekommen war. Und es kam auch darauf an, nicht zu dem Polizeidirektor Oerlinghoff in den Wagen zu steigen und mit anzuhören, wie er die Suchaktion nach Bastian Jehle und der mit ihm verschwundenen Stefanie koordinierte. Vermutlich steckten die beiden irgendwo im Gebüsch und ineinander, was ging das die Ordnungshüter an!
    »Ich habe keine andere Wahl«, hatte ihr Oerlinghoff erklärt. »Irgendjemand hat dieses Tier getötet, wie und warum auch immer, und ob dies etwas mit dem neuerlichen Verschwinden dieses Bastian Jehle zu tun hat, weiß der Himmel. Aber weil es etwas damit zu tun haben kann , muss ich alle gottverdammten Hilfsmittel auspacken, die mir zur Verfügung stehen.«
    Dazu hätte Tamar einiges zu sagen gehabt. Sie hatte es nicht getan, unter anderem deswegen nicht, weil sie es nicht leiden konnte, wenn Leute einzelne Worte so betonten, als seien sie kursiv gesetzt. Außerdem hätte sie dem Polizeidirektor Oerlinghoff dann die beiden neuen Phantombilder zeigen müssen, die ihr Jachimczak geschickt hatte. Das wollte sie nicht. Dies hier war ihr Fall, ihr ganz persönlicher Fall, aber wenn sie nichts mehr in der Hand hatte, nichts, das nur ihr gehörte, dann war sie unwiderruflich aus dem Spiel. Und so hatte sie Oerlinghoff viel Glück gewünscht und auf seine Frage, was denn sie jetzt vorhabe, nur geantwortet, sie wolle sich ein

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