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Forellenquintett

Titel: Forellenquintett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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während sie es sagte, schoss ihr die Frage durch den Kopf, ob sie wohl noch alle Tassen im Schrank hatte. Aber wenn eine schon zur Herzkönigin geht, dachte sie, dann muss sie sich auch an die Etikette halten. Bei Hofe ist das so.
    Walburga Kreitmeyer hatte ihre Teetasse zur Seite geschoben und begann, einen Kreis von Karten zu legen. »Karo-Acht, ich weiß nicht, schon wieder die Pik-Drei, das Unterholz vom Kreuz, dieses ist kein so besonders glücklicher Ort …« Sie deckte weitere Karten auf, und die Falte auf ihrer Stirn vertiefte sich. Plötzlich erschien der Pik-König, und sie sah hoch.
    »Es ist komisch«, sagte sie. »Aber manchmal mögen meine Karten einfach nicht. Sie behaupten, die Frage sei falsch gestellt.«
    Tamar griff in den Kreis und nahm den Pik-König auf. »Sagt er das?«
    »Nein.« Walburga Kreitmeyer schüttelte den Kopf. »Von dem kommt nie eine Antwort. Er ist nur König und genügt vor allem sich selbst.«
    »Vielleicht suche ich so jemanden.«
    »So schwer sind die nicht zu finden«, antwortete die Herzkönigin und sammelte ihren Hofstaat wieder ein.
     
     
     
    S chultes, das verstehe ich nicht«, sagte Hoflach, »ich gehe bis vierundvierzig, also musst du wissen, ich bin stark in Pik, und er nicht, also hat er keins. Warum schmierst du mir nicht die Pik-Ass? Wir hätten gewonnen.«
    »Wenn der Hund net g’schissen hätt, hätt er den Hasen gefangen«, bemerkte der Trachten-Kilgus und machte einen spitzen Mund. »Ein Kreuz mit drei, Spiel vier, Kontra acht, Bock sechzehn, macht einhundertzweiundneunzig für meines Vaters Sohn.«
    Bürgermeister Innertshofer blickte gekränkt auf den Tisch. »Das Ass war solo, das gibt man doch nicht aus der Hand.«
    »Ja, ihr Politiker mit der ruhigen Hand«, kommentierte Hoflach, »immer warten, bis es zu spät ist!«
    Der alte Hirrlinger, der am Nebentisch über einer Weinschorle brütete, wachte auf und krähte: »Alle aufhängen!«
    »Halt’s Maul, Walter«, sagte Hoflach friedlich. Einen Tisch weiter, an dem drei Männer vor ihrem Bier saßen, grinste einer von ihnen, ein Kerl mit kurzem gescheiteltem Haar. »Wo er Recht hat, hat er Recht.« Der Alte sah triumphierend um sich, dann beugte er sich wieder über seine Schorle.
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und mit dem Öffnen der Tür brach der Kneipenlärm ab, denn eine einzelne Frau trat in den Gastraum. Sie war sehr groß gewachsen, hatte langes dunkles Haar, das im hochgeschlagenen Kragen ihres Mantels verschwand, und die Hände steckten in den Manteltaschen. Sie sah sich kurz um und trat an die Bar, verschmähte es aber, sich auf einen der Hocker zu setzen.
    »Wer gibt?«, fragte der Bürgermeister.
    »Immer der, der fragt«, antwortete der Trachten-Kilgus.
    »Keiner gibt«, sagte Hoflach, »rechnet mal ab.« Er schob einen Fünfziger-Schein über den Tisch. »Das wird ja wohl reichen.«
    Kilgus protestierte. »Wir sind noch im Bock.«
    »Vergiss es«, sagte Hoflach, stand auf, nahm sein Weizenbierglas und steuerte die Bar an. Dort hatte sich die Wirtin Paula misstrauisch dem neuen Gast genähert, als sei dies jemand, der sich sonst keinesfalls zu dieser Zeit ins Alte Schulhaus verirrt hätte.
    »Sagen Sie jetzt nicht«, wandte er sich an den Neuankömmling, »dass Sie einen Kaffee wollen. Sie sehen so aus, als ob Ihnen vielmehr ein Whisky sehr gut stehen würde.« Er verbeugte sich. »Es wäre mir eine Ehre, schöne Fremde, wenn ich Sie dazu einladen dürfte.«
    Die Frau im Mantel wandte sich an die Wirtin. »Einen Kognak und einen anderen Gast.«
    »Ach!«, rief Hoflach, »aber selbstverständlich! Eile, Paula, einen Kognak für die Dame, aber nicht die gewöhnliche Fuselpampe …« Noch einmal verbeugte er sich. »Nennen Sie mich Gerd.«
    »Gerd«, sagte Paula, »halt’s Maul.«
    Die Fremde drehte sich um und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Sie sind also Gerd. Vielleicht Gerd Hoflach?«
    »Oh - man kennt mich? Ich bin, ja, was bin ich jetzt? Entzückt? Verlegen?«
    »Kennen ist zuviel gesagt. Was treiben Sie, wenn Sie keine Ihnen unbekannten Frauen anquatschen?«
    »Sie sehen einen schwer arbeitenden Menschen vor sich.« Er legte die Hand an die Brust. »Ich verdiene mein Geld, indem ich Autos wasche.«
    »Besser als umgekehrt«, bemerkte die Frau und nahm den Kognakschwenker, den Paula ihr gebracht hatte.
    »Wie war das?«, fragte Hoflach zurück. »Ach so. Das muss ich mir merken. Darf ich fragen …?«
    Die Frau holte eine Visitenkarte aus ihrem Mantel, legte

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