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Forellenquintett

Titel: Forellenquintett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Antiquitäten und Kunstwerke gestohlen. Danach hatte sie dort regelmäßig Streife fahren müssen und so vom Sehen die Leute kennen gelernt, die im Säntisblick zu tun hatten, zum Beispiel Stefanies Mutter, die eine der Frauen war, die dort putzten, vermutlich oder ganz sicher hatte sie einen Schlüssel.
     
     
     
    D ie Wirtin zuckte mit den Achseln und schloss Tamar die Türe auf, die zum Hinterhof führte. Die Tür machte ein kreischendes Geräusch, als schleife sie ein Steinchen über den Fliesenboden.
    »Aber kommen Sie nicht mehr hierher«, sagte die Wirtin. »Ich mag keine Gäste, die durch die Hintertür gehen müssen.«
    Tamar fiel keine Antwort ein. Wozu auch?, dachte sie und ging wortlos weiter, bis sie an der Hausecke stehen blieb. Die Wirtin hatte die Tür wieder geschlossen. Aus der Küche fielen Lichtfenster auf gekiesten Boden, weiter hinten waren die Umrisse eines Stadels oder einer Garage sichtbar. Sie ging an den Lichtfeldern vorbei zu dem Staketenzaun, stieg darüber auf den Fußweg zur Aesche und von dort über den Bretterzaun in den benachbarten Obstgarten. Bereits von hier aus waren die Fenster des Wirtshauses nur noch als undeutliche, im Nebel verschwimmende Lichtflecken zu sehen.
    Sie ging unter den Bäumen zur Straße vor und blieb im Schutz eines einzelnen Baumes stehen, einem Apfelbaum, nach dem halb entblätterten Astwerk zu schließen. Vor sich konnte sie die Straße erkennen und weiter rechts den Lichthof der Wirtshauslampe. Sonst schien die Welt leer, als schliefe sie unter der Nebeldecke. Schräg gegenüber, im Haus der Wahrsagerin, brannte noch Licht. Die Nacht war still, als hätte der Nebel allen Lärm aufgesogen.
    Sie wartete.
    Weiter rechts, außerhalb des Lichthofs der Gastwirtschaft, sprang ein Motor an. Scheinwerfer flammten auf und wurden abgeblendet, weil das Fernlicht sich im Nebel brach. Eine Tür wurde aufgeschoben, jemand sprang auf die Straße, eine Stimme war kurz zu hören, es klang wie ein Befehl oder ein Kommando, ein Keuchen drang zu Tamar. Der Wagen setzte sich in Bewegung und fuhr langsam, fast im Schritttempo, vor das Alte Schulhaus. Aus der Wirtschaft kam ein Mann und machte ein Zeichen, das wohl dem Fahrer galt, und verschwand hinter dem Wagen, der langsam wieder anfuhr.
    Das Keuchen kam näher.
    Tamar zog sich hinter den Baumstamm zurück, griff in ihre Jacke und zog die Pistole aus dem Schulterhalfter.
    Der Wagen beschrieb einen Bogen, erst nach rechts, dann scharf nach links, als wolle er in den Fußweg einbiegen, der dafür doch zu schmal war. Durch das Licht, das aus dem Wirtshausfenster fiel, lief ein Mann, seltsam nach links gebeugt, als werde er von dem großen, massigen, keuchenden Tier, das er an der Leine hielt, mit sich gezerrt.
    Tamar lud durch.
     
     
     
    W o ist das Lumpengesindel jetzt hin, Paula?«, fragte der alte Hirrlinger und blinzelte tückisch zur Theke.
    »Wir haben kein Lumpengesindel hier«, antwortete die Wirtin. »Höchstens, dass du dich dazu zählst.«
    »Du bist mir die Rechte«, antwortete Hirrlinger. »Die eine rennt hinten raus, der andere vorne, als sei der Teufel hinter ihm her, und die Paula da sieht kein Lumpengesindel und hört keins...«
    »Komm, Walter, wir gehen nachgucken«, meinte Hoflach, holte einen weiteren Fünfziger aus seiner Brieftasche und hielt ihn der Wirtin hin. »Den Kognak für die Dame und was sonst so zusammengekommen ist.«
    Die Wirtin machte die Rechnung und gab ihm das Wechselgeld heraus, zwanzig Euro und ein paar Münzen. »Den Kognak hat die Dame selbst bezahlt.«
    »Kann man nichts machen«, meinte Hoflach und schob die Münzen zurück. »Der Kerl da an dem Tisch, der jetzt hinausgelaufen ist, und sein Gefolge mit den netten Visagen, kennst du die?«
    »Ich weiß nicht, von wem du redest«, antwortete Paula und steckte die Münzen ein. »Ich hab nur Gäste.«
    Hoflach wandte sich zur Tür. »Also, Walter«, fragte er, als er am Tisch des Alten vorbeikam, »was ist?«
    »Mit dir doch nicht«, sagte der Alte, »du bist …« Er überlegte. »Ein Tagdieb bist du. Ein Autowäscher.«
    »Auch recht«, meinte Hoflach, hob grüßend die Hand und wünschte allen eine gute Nacht.
    Draußen, auf der Treppe, blieb er einen Augenblick stehen. Quer auf der Straße stand ein Landrover mit laufendem Motor, das Licht eingeschaltet, als hätte das Navigationssystem den Fahrer angewiesen, den Fußweg zur Aesche zu nehmen. Ein Mann wurde von einem keuchenden Hund über die Straße gezerrt, es war ein

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