Forellenquintett
des Fußwegs liegen, der zwischen den beiden Gärten verläuft.«
»Einen Augenblick noch!« Auch Oerlinghoff war aufgestanden. »Was hat eigentlich den Anlass zu dieser...« - wieder suchte er nach einem Wort - »zu dieser Auseinandersetzung mit den beiden Männern gegeben?«
»Es waren drei Männer, nicht zwei«, antwortete Tamar. »Und ich glaube, dass der Dritte der Mann auf dem Phantombild ist, das die Krakauer Kollegen angefertigt haben. Ich habe es Ihnen doch gestern gezeigt?«
Sie nickte ihm zu, ging zum Nachtpförtner und bat ihn, ihr eine Taxe zu rufen.
W enn wir ganz leise sind«, flüsterte Stefanie, »und über die Treppe gehen, dann hört der Kerl uns nicht, der schläft jetzt sicher …« Sie hatte sich angezogen und stand wartend neben dem Bett, barfuß, ihre Schuhe in der Hand. Im Zwielicht, das durch die Jalousien drang, konnte man ihre Umrisse erkennen. »Komm jetzt!«
Er schüttelte den Kopf. Sie bückte sich und griff nach seinem Arm, um ihn hochzuziehen. Also richtete er sich auf und schwang die Füße aus dem Bett, blieb dann aber an der Bettkante sitzen. Er hob beide Hände und schob sie damit weg.
»Was soll das?«, fragte sie empört. »Heißt das, dass ich allein gehen soll? So einer bist du also, einfach wegschubsen... Das machst du kein zweites Mal!« Sie drehte sich um und ging, als plötzlich ein Raster von schmalen Lichtstreifen auf ihrem Rücken erschien und sich auf der Schlafzimmerwand fortsetzte, dann aber gleich wieder verschwand. Erschrocken blieb Stefanie stehen und lauschte. Draußen verklang das Motorengeräusch des Wagens, der gerade auf den Hof des Terrassenbaus eingebogen war.
Sie drehte sich um. Auch er war aufgestanden, im Dunkeln sahen sie sich an. Dann ging er behutsam in den Flur, bis zur Wohnungstür, und legte sein Ohr daran. Es war nichts zu hören. Der Fernseher nebenan mit seinem Pornogestöhne war schon vor einer ganzen Weile ausgeschaltet worden, und vergeblich wartete er auf das metallische Starten, mit dem sich der Fahrstuhl in Bewegung gesetzt hätte. Er überlegte, ob er es am Bodenspalt der Tür erkennen könnte, falls die Treppenhausbeleuchtung eingeschaltet war. Er bückte sich, aber er sah kein Licht. Vorsichtig zog er die Türe auf.
»Nicht!«, flüsterte Stefanie an seinem Ohr. Draußen brannte kein Licht, aber durch die Korridorfenster fiel ein erster Schein der Morgendämmerung.
Plötzlich drang ein gleichmäßiges leises Geräusch an sein Ohr, das Geräusch einer Bewegung. Jemand stieg die Treppe hoch, leise tat er das und doch schnell, ohne außer Atem zu geraten, die Schritte waren fast unhörbar, nur manchmal gab es ein leises Knirschen, das er sich nicht erklären konnte. Er stand da und hörte zu, wie der Jemand immer höher stieg, und plötzlich war es zu spät, die Tür ins Schloss zu ziehen.
Die Schritte waren oben angekommen. Ein Knacken oder eine Art metallisches Schnappen drang durch den Korridor, dann kamen die Schritte näher. Er richtete sich auf und trat zurück. Gleich wird die Tür aufgestoßen werden, dachte er, und was dann? Dass sich Stefanies Hand in seinen Oberarm gekrallt hatte, spürte er nicht einmal.
Plötzlich verstummten die Schritte, der Neuankömmling musste vor der Tür nebenan stehen geblieben sein. Vorsichtig wurde ein Schlüssel ins Schloss geschoben und die Türe leise, behutsam geöffnet.
Danach war es wieder still. Stefanie und er hatten die Köpfe zusammengesteckt. Beide lauschten angestrengt nach nebenan. Schließlich hob Stefanie die Schultern und ließ sie wieder fallen, als frage sie sich, was um Himmels willen da drüben getrieben werde.
In diesem Augenblick fiel ein Schuss. Der Knall war nicht besonders laut, er klang trocken. Fast sachlich.
D er Morgen hatte den versprochenen Regen gebracht, und unterm grauen Himmel warf der schlechtgelaunte See tückische Wellen gegen die Ufermauern. Im Wintergarten des Seehofs waren nur wenige Tische besetzt, eine Stuttgarter Ehefrau erklärte ihrem Mann, dass es sich bei dem Orangensaft eben nicht um einen frisch gepressten gehandelt habe und dass sie deswegen auch dem Müsli nicht traue, wie denn überhaupt der Service »nemme des« sei. Ein dralles rothaariges Serviermädchen räumte die Tische ab, an denen bereits gefrühstückt worden war, und ein einzelner Mann, braunes Haar, hoch über den Ohren ausrasiert, blätterte gleichgültig die »Frankfurter Allgemeine« durch.
Tamar stand vor dem Frühstücksbüfett und stellte sich zusammen,
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