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Forellenquintett

Titel: Forellenquintett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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am Bagger vorbeikam, holte Tamar aus und schlug mit dem keilförmigen Stein in der linken Hand nach hinten und traf den Mann im Gesicht.
    Der Mann verharrte einen Augenblick, dann kippte er nach vorne. Irgendwann fing er an zu schreien, das Schreien ging in ein gurgelndes Wimmern über. Tamar, noch immer den Stein in der Hand, wandte sich zu Marlen, aber die kniete bereits über dem Mann, der sie angesprungen hatte, und hatte ihm einen Arm auf den Rücken gedreht.
    Tamar drehte sich wieder um. Die Motorengeräusche waren noch immer zu hören, die Scheinwerfer strahlten noch immer den Bagger an und die Bäume auf der Böschung.
    »Oliver?«, schrie eine Stimme fragend. »Hannes?« Der Mann, der zuckend auf dem Boden lag, versuchte zu sprechen.
    Die Motorengeräusche verstärkten sich, die Reifen drehten durch, dann ruckte der Wagen zurück und entfernte sich, das Scheinwerferlicht wurde schwächer, bis es vom Nebel ganz verschluckt wurde.
     
     
     
    R adio DRS brachte Jazz aus den fünfziger Jahren, und Hoflach stellte sich vor, er wäre in einer Bar irgendwo in Manhattan, und die Kommissarin käme herein und stünde groß und schlank neben ihm, ganz kühl und unbewegt, obwohl draußen die Gangster …
    Er gähnte und schüttelte den Kopf. Drüben, auf der anderen Seite der Straße, schimmerten Rücklichter durch den Nebel und kamen ruckartig näher. Der Landrover stieß zurück, offenbar hatte der Fahrer Schwierigkeiten, rückwärts Kurs zu halten. Hoflach ließ die Seitenscheibe herunter, deutlich war zu hören, wie das Fahrzeug Gesträuch oder vielleicht sogar einen Zaun streifte, der Fahrer musste anhalten und den Wagen wieder nach vorne manövrieren, Reifen drehten durch und Kies spritzte, dann schoss der Landrover rückwärts auf die Straße hinaus und nahm mit quietschenden Reifen Fahrt auf, hinein nach Aeschenhorn.
    Da zeigt einer Nerven, dachte Hoflach und fuhr langsam an. Gott befohlen! Die Rücklichter vor ihm verschwanden im Nebel, auch recht, er jedenfalls war jetzt müde, zu Hause würde er noch ein Bier aus dem Kühlschrank holen und dann ab ins Bett …
    Plötzlich waren die Lichter wieder da, fast unmittelbar vor ihm, der Rover bog in eine breite Einfahrt ein, wo zum Teufel waren sie jetzt? Hoflach hielt, stellte den Pick-up halb auf den Gehsteig und stieg aus, und während er ausstieg, fiel ihm wieder ein, dass er doch eigentlich zu Hause ein Bier trinken wollte. Trotzdem ging er die paar Schritte zurück, entlang einem Streifen von immergrünem Gewächs, bis er wieder an der Einfahrt war, von der er jetzt wusste, dass sie zum Säntisblick gehörte, dem Terrassenbau mit seinen fast unverkäuflichen Appartements. Weiter vorne sah er einen Lichtschein, ein Garagentor klappte auf, und der Landrover verschwand in der Tiefgarage.
    Er hat also die Fernbedienung, sagte er sich, und wenn er die Fernbedienung hat, dann darf er da rein. Oder? Und was geht mich das eigentlich alles an?
    Er wusste keine Antwort darauf und ging zu seinem Pick-up zurück. Auf der Weiterfahrt bog er nach links ab und kam noch einmal am Alten Schulhaus vorbei, der Streifenwagen stand dort und die dicke Wirtin Paula und der Trachten-Kilgus und zwei Polizisten, aber wenn er das richtig erkannte, was hinten im Streifenwagen hockte, dann hatten sie nicht den Kampfhund verhaftet, sondern den alten Hirrlinger.
    Er ließ die Zehntscheuer rechts liegen und steuerte den Pick-up durch den Torbogen in seinen Hof, auf einen Blick sah er, dass in der Küche Licht brannte. Also saß dort noch die alte Frau und übte die Vorwürfe, die sie ihm machen würde, wie lange noch?
    Er stellte den Wagen im Stadel ab, neben dem Abschleppwagen mit dem noch fast neuen Schlauchboot, das er samt der Autowaschanlage von seinem Onkel geerbt hatte, und ging über den Hof hinauf, vorbei an dem Eingang zu den beiden Ferienwohnungen, die seit Ende September wieder leer standen. Von St. Jodok schlug es gerade irgendetwas, Mitternacht musste vorbei sein, er öffnete die Küchentür, die alte Frau saß am Küchentisch und starrte vor sich hin.
    »Guten Morgen auch«, sagte er und ging zum Kühlschrank.
    Sie schwieg. Er holte eine Flasche Bier heraus, öffnete sie und trank einen Schluck.
    »Du weißt«, kam es mit leiser Stimme vom Tisch her, »dass ich den ganzen Abend auf dich gewartet habe.«
    Er rülpste.
    »Ist das alles, was du deiner Mutter zu sagen hast?«
    Ein Gedanke kam ihm, und er suchte in seiner Jackentasche nach der Visitenkarte, die er am Abend

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