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Forellenquintett

Titel: Forellenquintett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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sie zu und verbeugte sich knapp.
    »Blumen habe ich leider nicht für Sie«, sagte Oerlinghoff, den Hut in der Hand.
    »Ich hätte sie auch nur ungern angenommen«, antwortete Tamar Wegenast und blieb etwas widerwillig stehen.
    »Ich bin sehr froh, dass eine stationäre Behandlung offenbar nicht notwendig ist«, fuhr Oerlinghoff fort. »Kann ich Sie in ein Hotel hier in der Stadt bringen? Selbstverständlich fahren wir Sie auch nach Ulm in Ihre Wohnung, wenn Sie das wünschen...«
    »Danke«, sagte Tamar, »aber ich werde mir ein Taxi nehmen, das Hotel in Aeschenhorn hat einen Nachteingang.«
    Oerlinghoff verzog das Gesicht. »Dort sehe ich Sie äußerst ungern. Ich müsste Sie unter Personenschutz stellen.«
    Tamar lachte ihm ins Gesicht. »Das werden Sie bitte nicht tun. Diebeszeit ist schon vorbei. Und ich bin nicht so leicht zu stehlen.«
    »Wie Sie meinen. Aber Sie müssen mir erlauben, dass ich Sie begleite.« Er wies mit der Hand zum Ausgang. »Es gibt ein paar Dinge, über die wir noch reden sollten. Und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt.«
    Sie gingen durch die leere Eingangshalle des Krankenhauses, Neonlicht drückte auf die Augen, ein Nachtpförtner döste über einem Rätselheft. Vor der großen gläsernen Drehtür blieb Tamar unvermittelt stehen. »Wenn Sie mit mir reden wollen, sollten wir das hier tun.« Sie wies mit dem Kopf zu einer Nische, in der eine Sitzgruppe für Besucher und Wartende bereitgestellt war.
    Oerlinghoff folgte ihr und wartete, bis sie sich vorsichtig gesetzt hatte.
    »Sie haben noch Schmerzen?«, fragte er, als er ihr gegenüber auf einem Plastikstuhl Platz genommen hatte.
    »Nicht der Rede wert. Aber Sie - Sie haben noch Fragen?«
    »Fragen eigentlich nicht«, kam die Antwort. »Ich wollte mit Ihnen über ein Problem sprechen.«
    »Ja?«
    »Das Problem ist, dass Sie nicht loyal sind.«
    »Bin ich nicht?«, fragte Tamar zurück.
    »Sie haben versprochen, dass Sie mich auf dem Laufenden halten«, erklärte Oerlinghoff. »Und das haben Sie nicht getan. Vielleicht war das auch mein Fehler.« Er beugte sich nach vorne und sah ihr in die Augen. »Ich hatte vergessen, aus welcher Schule Sie kommen. Sie verstehen sich als Einzelkämpferin. Sie werden vom Staat bezahlt, aber Sie empfinden keine Loyalität für ihn.«
    Tamar erwiderte seinen Blick. »Sie vergessen, dass ich bei dem Vorfall heute Nacht ein kleines zeitliches Problem gehabt hätte, Sie zu verständigen. Ich musste um mein Leben laufen, verstehen Sie?«
    Oerlinghoff richtete sich wieder auf. »Wir werden noch untersuchen müssen, was da genau abgelaufen ist. Einer der beiden Männer, die von Ihnen und der Kollegin Ruoff - wie soll ich sagen? - überwältigt worden sind, ist vernehmungsfähig, und so habe ich mir erlaubt, ihn mir anzuhören.«
    »Er hat sich auf einem Spaziergang befunden, nicht wahr?«, fragte Tamar. »Und da ist er dann plötzlich aus dem Dunkeln heraus überfallen und niedergeschlagen worden.«
    »So ungefähr stellt er es dar«, antwortete Oerlinghoff, »und Sie sollten es nicht ganz so leicht nehmen. Der Mann hat den Münchner Rechtsanwalt Eisholm mit der Vertretung seiner Interessen beauftragt... Ich weiß nicht, ob Ihnen klar ist, was das Auftreten Eisholms bedeutet. Auf jeden Fall bedeutet es ein erhebliches Medienecho. Und ganz gewiss wird er einen Kollegen mitbringen, der sich auf den Fall des anderen Verletzten stürzen wird wie der Geier auf das Aas, entschuldigen Sie bitte diesen Vergleich, aber dem Mann ist schließlich mit einem Stein gleich der ganze Kiefer eingeschlagen worden. Ich muss Ihnen gestehen, dass ich es gerne gesehen hätte, wenn das alles etwas weniger gewalttätig abgelaufen wäre.«
    »Ah ja«, machte Tamar. »Wollten Sie mich deswegen nach Ulm zurückbringen lassen?«
    Oerlinghoff schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht daran, Sie irgendwohin bringen zu lassen. Wozu auch? Sie würden dort nicht bleiben. Ebenso wenig, wie Sie sich an Vorschriften halten würden, wenn ich Ihnen denn welche machen sollte. Trotzdem würde ich gerne die Dienstwaffe sicherstellen, mit der Sie diesen Hund erschossen haben.«
    »Tut mir leid«, antwortete Tamar. »Die Pistole habe ich in diesem Obstgarten weggeworfen, weil ich meinen Arm halten musste. Außerdem war das Magazin leer...« Sie stand auf. »Übrigens wäre es ganz reizend, wenn die Kollegen mir die Suche abnehmen würden, ich glaube, dass ich heute Nacht nicht mehr besonders gut im Finden bin. Die Pistole müsste irgendwo in der Nähe

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