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Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Titel: Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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und redete: ein Medizinmann, der seinem Stamm Antilopenscheiße gegen
Bauchschmerzen verordnet.
    „Wir lösen ein Stückchen davon in einem Löffel Tee
auf. Glaubst du, dass du ihm Tee einflößen kannst, Nella?“
    Sie nickte hastig, viel zu vertrauensvoll, wie er
fand. Ihm war gar nicht wohl dabei, und nur mit Mühe schob er Schwester Chudderleys
Stimme beiseite. Aruza brachte ihnen Tee und Löffel, aber Jakobe, die Arme über
der Brust verschränkt, begnügte sich damit, ihnen zuzusehen. Sie ließen die
Flüssigkeit in Piros Mund rinnen. Das Baby war zu schwach, um viel Widerstand
zu leisten.
    „Warte, ob er es wieder ausspuckt. Wenn nicht, gib ihm
noch mehr Tee. Und versuch ihn zu stillen! Er muss so viel Flüssigkeit kriegen,
wie ihr in ihn hineinbekommt. Ich sehe nachher wieder nach ihm. Aber du kannst
mich auch jederzeit rufen. Ich bin draußen.“ Seine Knie knackten, als er
aufstand, und fast wäre er mit dem Kopf an die Lampe gestoßen. „Und geh an die
Luft mit ihm, Nella!“
    Wenn das Ibuprofen bloß kein Fehler war! Jakobe sah
jetzt schon so aus, als würde sie ihn am liebsten auf dem nächsten Scheiterhaufen
verbrennen. Sie folgte ihm durch den Wagen, vorbei an Rula und Allem, die immer
noch am Tisch würfelten, und an der Alten, die jetzt Tabak kaute.
    „Du solltest lieber beten, dass das gut geht,
Kramper-Hakemi!“
    „Das tue ich gerade“, murmelte er. „Und ihr solltet
den Wagen lüften! Auch kranke Kinder müssen atmen! Und Nella auch. Sie sollte deinen Tee trinken. Ist gut für die Milch.“
    „Was du nicht sagst! Glaubst du wirklich, ein
halbgares ragoischi wie du könnte mir noch was beibringen?“
    Jetzt kam auch noch Aruza hinterher und begleitete ihn
sogar die Stufen hinunter. „Nimm’s ihr nicht übel. Sie kümmert sich immer um
alles, wenn jemand krank ist, und auch sonst ist sie ja immer für andere da“,
sagte sie und versuchte dabei, das Fehlen mehrerer Schneidezähne hinter ihrer
Hand zu verbergen. „Die Hakemis kennt sie eben nur aus Geschichten. Aber in dem
Assyrerdorf, in dem meine Mutter aufgewachsen ist, gab es immer einen Hakemi,
und der hat den Leuten geholfen, sagt sie. Deshalb vertraue ich dir.“
    „Ich bin … na ja, mir fehlen all die Sachen, die ein –
ein Hakemi haben sollte“, versuchte er ihren Optimismus etwas zu dämpfen. „Sag
mir Bescheid, wenn der Kleine das Zeug wieder ausspuckt oder nicht trinken
will.“
    „Das tue ich.“
    Und was willst du machen, wenn es so ist? Wenn das
Baby stirbt? Dann konnte er wohl nur noch verschwinden. Was für eine blöde
Situation!
    Eine Weile streunte er planlos über den vollgestellten
Platz, mied dabei die rauchenden Männer, stolperte in Leinen hier und
irgendwelchen Krempel dort und verzog sich schließlich an die Mauer, die den
Platz zum Fluss hin sicherte. Er sah Nella aus dem Wagen kommen und gehorsam
mit dem Baby auf und ab gehen, er sah, wie die Frauen die Kochfeuer entzündeten
und anfingen, das Essen vorzubereiten. Ihm war der Appetit vergangen. Er wälzte
Zweifel, bis Pix auf einmal wieder auftauchte. Sie roch nach Rauch. Hatte
vielleicht die Kippen aufgeklaubt und heimlich gequalmt. Zuzutrauen war’s ihr.
    „Tolle Neuigkeiten: Das Gör hat nichts mehr
ausgekotzt. Sie will jetzt versuchen, es zu stillen.“
    „Oh, das ist gut! Mann, die Hitze dadrin, die hättest
du –“ Aber Pix ging schon wieder weiter. „Hey, Pix! War gut, dass du mich
geholt hast.“
    „Ach, leck mich.“
    So weit ging
seine Erleichterung dann auch wieder nicht. Man musste sowieso erst mal die
Nacht abwarten und sehen, wie es dem Kind am Morgen ging.
     
    2
    Was
immer ein ragoischi war, er kriegte das an diesem Abend noch ein
weiteres Mal zu hören. Als die anderen von der Vorstellung auf dem Marktplatz
zurückkamen, wandte sich Firn mit hämischem Grinsen an ihn. „Doch lieber
abgehauen, was? Hätt ich mir denken können! Pech für dich, ragoischi .
Ist ganz gut was zusammengekommen!“
    „Steck’s dir doch sonst wohin!“, knurrte er, und
plötzlich schlugen sämtliche wechselvollen Stimmungen dieses Abends in heiße
Wut um. Nur mit Mühe bezwang er den Impuls, dem Scheißkerl nachzugehen und ihm
endlich eins auf die Fresse zu geben, worauf der es doch seit Tagen anlegte.
    Bald genug stellte sich heraus, dass die Einnahmen
entgegen Firns Angeberei vor allem aus Kupfermünzen bestanden. Außerdem erfuhr
er, dass alle ein Viertel ihrer Einnahmen in die Truppenkasse einzahlen
mussten. Nach diesem Abzug hätte es für Schuhe

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