Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
„Was mache ich hier Pläne für euch! Euch kann’s ja egal
sein, in Gassa seid ihr ja schon wieder weg. Warst du im Süden auch ein
Hakemi?“
Schnapp, jetzt saß er doch in der Falle. In den
vergangenen Tagen hatte sich in der Truppe die Ansicht etabliert, dass sie von
diesem Schiff da in Rhondaport geflohen waren. Und jetzt wollte sie ihn
vermutlich über den Süden ausfragen. Zeit, das Gespräch zu beenden.
„Ist es eigentlich in Ordnung, dass wir hier sitzen
und reden? Ich frag nur, weil ihr ja sogar beim Essen getrennt sitzt … und
jetzt ist es immerhin mitten in der Nacht und –“
Wie aufs Stichwort kam ihnen gegenüber Jakobe zwischen
den Wagen hervor, dicht gefolgt von Triv. Beide warfen ihnen einen
argwöhnischen Blick zu, bevor sie hinter dem nächsten Wagen wieder
verschwanden. Schneemann, der sich immer noch kraulen ließ, ließ das eine Ohr,
das er aufgestellt hatte, wieder umklappen.
Haminta kicherte. „Da hast du gleich noch eine jukenderi “,
sagte sie leise. „Und die ist schon siebenunddreißig. Ihr passt’s
bestimmt nicht, uns hier zu sehen!“
„Sie scheint von Ärz-, von Hakemis nicht viel zu
halten.“
„Mach dir nichts draus. Sie hält wenig von irgendwas.
Sie ist – lass mich nachdenken, sie ist die Schwester vom Mann meiner Tante
Henrietta. Nachdem Henrietta und Ben gestorben waren, ist Jakobe zu uns
gekommen, zusammen mit Odette. Das war vor – vor zwei oder drei Jahren. Seitdem
macht sie hier das Mädchen für alles.“ Es klang nicht so, als würde sie Jakobes
Dienste besonders wertschätzen.
James unterdrückte ein Gähnen. Allmählich machte sich
der harte Tag doch bemerkbar.
„Du solltest sehen, dass du noch Schlaf abkriegst“,
meinte Haminta. „Der Chef will noch vor Morgengrauen aufbrechen, um auf jeden
Fall der Erste oben an der Brücke zu sein. Und bild dir bloß nicht ein, ich
hätt’s nicht gemerkt, dass du mich vom Ausfragen ablenken wolltest!“
„Ich seh noch mal nach dem Kleinen“, erwiderte er und
streckte sich. Es war richtig kalt geworden.
„ Das ist wirklich ganz schön ungehörig, weißt
du das? Mitten in der Nacht nach Frauen in fremden Wagen sehen!“ Sie lachte
wieder.
„Hakemi-Pflichten“, erklärte er lässig und lächelte
ihr zu.
Als er wenig später dann doch noch in den
Gilwisselwagen draußen am Straßenrand schlich – wo ihn mehrstimmiges Schnarchen
empfing und er im Dunkeln erst einmal über Carmino stolperte – konnte er sich
endlich ein bisschen entspannen. Die Sorge, das Falsche getan zu haben, hatte
ihm schwer zugesetzt. Aber das Baby trank und Nella strahlte – was wollte man
mehr. Hatte er ein Schwein gehabt! Es hätte alles sein können mit dem Baby, von
Blähungen über Rotaviren bis zur Darmverschlingung oder Blinddarmentzündung,
aber er hatte Glück gehabt. Sein erster Patient hatte sich vielleicht gründlich
den Magen verdorben, aber jetzt schien er zum Überleben entschlossen zu sein.
Alles klar, dachte er im Einschlafen. Wenn Inglewing
uns wirklich hängenlässt, dann werd ich hier der Hakemi. Carmino steigt bei der
Kalendio-Pyramide ein. Und Pix heiratet Gaetano Pellicano und spuckt ihr Feuer
dann bei dem …
3
Die
Dämmerung brach eben erst an, als sie endlich über die Länderbrücke von
Windywatt hinüber waren, alle sieben Wagen, fünf Ponys, vier Hunde, Mapoosa und
sämtliche Angehörigen des Sterns von Montagu . Danach ging es eine halbe
Stunde über steinige Felswege bergab, eine Quälerei besonders für die
Gilwissel, denen die Überquerung der Brücke noch in den Knochen steckte.
Schritt für Schritt hatten sie die scheuenden, störrischen Ponys über die
schwankenden Holzbohlen vorwärtsziehen müssen. Aber jetzt war auch der letzte
Wagen in der Ebene angekommen. Der Chef ließ sie da halten, wo der Weg, von
zwei Steinhaufen flankiert, auf eine breite Fahrspur mündete, die schnurgerade
in ostwestlicher Richtung verlief.
James hing fröstelnd und hungrig auf dem Galiziak und
gähnte mit Juniper um die Wette. Sie sahen blinzelnd Richtung Osten. Dort ging
gerade die Sonne auf und wälzte rötliches Licht über die Ebene, bis es wie eine
Woge ihre Gesichter erreichte.
„Leute, hört alle her!“
Die Stimme des Chefs, direkt neben ihm und so laut,
dass sie in den Felsen hinter ihnen widerhallte, ließ ihn herumfahren. Montagu
stand neben ihrem Galiziak und sah zu, wie sich seine Truppe zwischen den Wagen
versammelte. Munter waren zu dieser frühen Stunde nur Bolek und Dolf. Die
beiden Hunde
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