Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
Peregrenn-Wörter zwischen
seinen schwärzlichen Zahnstummeln hervorkamen. Aber die Frauen – er war sich
nicht einmal sicher, wie viele überhaupt dabei waren. Einige sah man dauernd:
Jakobe, weil sie für die Truppe kochte, oder Jujuna Tirp, die ihren Wagen
selbst kutschierte und ihre dressierten Vögel in einem volierenartigen Anhänger
transportierte. Haminta trainierte jeden Abend für alle sichtbar auf dem Seil
und war außerdem die einzige Frau unter den Musikern. Aber wer alles im
Kalendio-Wagen lebte oder im violetten Wagen der Ulgullens, den Jakobe
abwechselnd mit Odette Ulgullen kutschierte – das wusste er nicht.
Normalerweise interessierte er sich für die Menschen
seiner Umgebung; vor allem, wenn man mit Kranken zu tun hatte, kam man ohne Interesse
und Beobachtungsgabe gar nicht weiter. Aber in den letzten Tagen war er vollauf
damit beschäftigt gewesen, seinen Kopf irgendwie über Wasser zu halten. Kam
hinzu, dass bei den Frauen Pix untergetaucht war, und wenn es nach ihm ging,
konnte sie das auch bleiben. Bei Leuten wie Pix war sein Interesse schnell
erschöpft.
Trotzdem sollte man wohl hin und wieder ein Auge auf
sie haben, dachte er. Vielleicht müsste ich mich überhaupt mehr um die beiden
kümmern … Rückt man nicht zusammen, wenn man so eine Sache erlebt? Wie
gestrandete Schiffbrüchige oder die Opfer von Flugzeugabstürzen oder
Geiselnahmen?
Die Wahrheit war, er wollte möglichst wenig mit Pix
und Carmino zu tun haben. Er fing gerade an, sich mit der Situation zu
arrangieren, und da war es keine Hilfe, wenn er dauernd an die Verrücktheit der
ganzen Sache erinnert wurde.
Zumindest um Carmino musste man sich keine Sorgen
machen. Es war, als gehörte er schon seit Jahren zur Truppe. Im Moment zum
Beispiel führte er die Hunde an der Leine und unterhielt sich lauthals mit
Juniper über die weitere Ausarbeitung ihrer Nummer mit Mapoosa. Als hätte er
schon ganz vergessen, dass sie hier eigentlich total falsch waren. Dass sie um
die falsche Ecke gebogen waren und –
James bremste seine Gedanken. Das war genau die
Richtung, die sie jetzt nicht einschlagen durften. Sie waren nun mal hier. Sie
mussten auf Inglewing warten, und der würde sie auf den Rückweg bringen. Bis
dahin war es das Beste, die Dinge zu nehmen, wie sie nun mal waren.
Er trank den letzten, kalt gewordenen Schluck Makave,
schüttelte seinen Becher aus und hängte ihn wieder an die Kette hinter sich.
Man musste so viel wie möglich über dieses Salkurning herausfinden. Die Augen
ständig offenhalten. Irgendwo mussten sie sein, die Hinweise auf die Zivilisation.
Strommasten, Satellitenschüsseln, Zuggleise, die Skyline einer richtigen Stadt in der Ferne.
Die Sonne wärmte jetzt, erinnerte daran, dass es bald
genug wieder heiß sein würde. Heute ging Stanwell voran, wenn auch nicht
freiwillig. Junipers ältester Bruder – groß und schlank und mit dem krausen
Haar, das auf den Köpfen sämtlicher Kalendio-Sprösslinge in verschiedenen
Schattierungen zwischen dunkelblond und schokoladenbraun wucherte – war gestern
Abend von Brogue wegen seiner angeblich mangelhaften Trommelkünste
zusammengefaltet worden. Mehr üben – oder Schluss mit der Trommelei, hatte der
Musikerchef angeordnet, und zwar laut genug, dass es jeder in der Truppe hörte.
Und so marschierte Stanwell jetzt vor ihnen her, hatte sich die große Trommel
umgehängt und hieb missgelaunte Wirbel in den Morgen.
„He, Stan, pass bloß auf, dass du dem alten Cabbacubb
nicht auf den Schwanz trittst!“, röhrte Firn vom anderen Galiziak herüber.
„Ich glaub, das hat er schon“, meinte Carmino
argwöhnisch. „Hört ihr das nicht?“
Das seltsame Gejaule hinter ihnen war kaum zu
überhören. Im ersten Moment fragte sich James, ob etwa einer der Hunde unter
die Räder geraten war. Aber Juniper grinste nur. „Passt auf, jetzt kriegen wir
gleich ’ne Vorstellung der Extraklasse. Der große Brogue Montagu trainiert
seine unsterbliche Stimme!“
Noch ein paar von den schlingernden Lauten, und dann
erhob sich plötzlich eine ölige Männerstimme und sang. James, der nichts
Besseres zu tun hatte, horchte auf den Text des Liedes, das sich als romantische
Ballade an eine Geliebte namens Brigaine entpuppte. Brogue knödelte
selbstvergessen vor sich hin und ließ sich nicht von Stanwell stören, obwohl
der immer an den unpassendsten Stellen am lautesten auf die Trommel hieb. Bei
der dritten Strophe legten auch Juniper und Firn los. Sie machten den Chor,
indem sie
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