Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
eindeutig. Warum sollte der Chef da mitmachen?
Bisher sind wir ja auch so klargekommen!“
Sie sah zu ihm auf, und da war ein lauernder Ausdruck
in ihren Augen. „Du hast keine Ahnung, wovon wir hier reden, oder?“
Das war nicht das einzige, wovon er keine Ahnung
hatte. Man gewöhnte sich an das Gefühl. Er hielt ihrem Blick ungerührt stand.
„Ihr gehört nicht zur Truppe, richtig? Du, der Kleine
und das Mädchen, meine ich. Die faule kleine Giftschlange, die heut über das
Hackebein gestolpert ist?“
Oh shit. Sie hatte also wirklich zugehört am
Nachmittag. Wie viel hatte sie mitbekommen? Was hatten sie überhaupt alles
gesagt? Auf jeden Fall waren sie laut genug gewesen. Und wie wenig sich hier
geheim halten ließ, wenn man nicht gerade flüsterte, das hatte er ja eben noch
erlebt.
Kriope fixierte ihn weiterhin. „Jemand hat’s erwähnt.
Und da ist was … du bist immer so … auf der Hut.“ Unvermittelt kauerte sie sich
auf den Boden vor das Tischchen und machte sich daran, die Münzen wieder in den
Beutel zu schaufeln. Er sah zwei, drei Ringe voller silberner Kelvernen
aufblitzen. Nicht schlecht.
„Ihr seid auf der Flucht“, sagte sie schließlich. Es
war eine Feststellung, keine Frage.
„Reden wir jetzt von mir oder von dir? Ich dachte, du
wolltest was loswerden – worum geht’s denn nun?“
Sie druckste immer noch herum. „Ja … ja … ah
kashadiu – ich dachte – es heißt doch, dass so viele Peregrini bei der
Pelektá sind – und als ihr dann in Kantabre aufgetaucht seid – ich dachte, eine
bessere Chance bekommen wir nie wieder – mir war gleich klar, dass Montagu selbst
nichts damit zu tun hat, aber dann dachte ich, bestimmt kennt er welche von
denen –“
„Ich versteh kein Wort.“ Was zum Henker war die
Pelektá?
„Ich weiß, das sind Gesetzlose … Verbrecher “,
verdeutlichte sie so leise, dass er sie kaum verstehen konnte. „Auch, dass es
gefährlich ist, sich mit ihnen einzulassen … aber ich brauche ihre Hilfe. Ich
wusste nicht, wie ich es anstellen soll, einen von denen zu treffen. Mit den
kleineren Orten geben sie sich doch normalerweise gar nicht ab … aber ich
dachte, vielleicht in Halmyre, wie Bertram – auf jeden Fall in Kebernett …“
Wovon redete die denn bloß? „Hast du nicht gesagt, du
willst zu einem Verwandten?“
„Zu Girion, dem Bruder meines Mannes, in einem Dorf am
Keber lebt der – ja, das hab ich gesagt … aber das wird nicht reichen.“ Sie
senkte ihre Stimme wieder. „Wir müssen weg – viel weiter weg als Kebernett. Du
hast doch gehört, was dieser Jones gesagt hat. Über die Wüsten Rotten – die neue
Dunkelzeit – eure Jakobe redet doch auch dauernd davon. Sie hat Recht.“
Jetzt wurde er langsam ärgerlich. Wenn auch noch
Jakobe und ihre düsteren Zukunftsvisionen ins Spiel kamen, dann driftete das
Gespräch weiter ab, als er es heute noch ertragen konnte.
„Hier in Orolo wissen wir alles über die dunkle
Herrin“, fuhr Kriope fort. „Alle paar hundert Jahre kehrt sie zurück, um
nachzusehen … und jetzt ist es bald wieder soweit!“
„Jetzt sag mir mal klar, was los ist. Was hast du für
ein Problem – und wieso kann dir diese Pelektá dabei helfen? Vor allem, wenn
die Leute Verbrecher sind, wie du sagst? War übrigens auch mein Eindruck, dass
dieser Jones nicht ganz sauber ist.“
„Ich will nach Skilsinen, zu meinem Mann. Es heißt, da
oben im Norden ist man noch am sichersten. Ich – ich wollte das nicht glauben –
dachte, Agafiu wär nur auf das Nordträumer-Geschwätz reingefallen – aber
inzwischen weiß ich, dass es stimmt. Bevor hier alles untergeht – bevor alle
auf der Flucht sind, muss ich über den Sund.“ Ihre Miene verfinsterte sich noch
mehr. „Und deshalb brauche ich die Schlepper.“
„Und die Schlepper – die sind die Pelektá?“ Dieses
Gespräch ging immer mehr über seinen Horizont. Er war auch so müde, dass er
einfach nicht mehr mitkam.
„Das ist eine Sache, die die Pelektá macht“,
erläuterte Kriope. „Sie machen – vieles . Sie kümmern sich nicht um die
Gesetze, sie haben ihre eigenen. Verstehst du? Aber ihre Schlepper können einen
überallhin bringen, in den Süden, nach Nüe – und sie brauchen dafür nicht so
lang wie normale Reisende, sie haben geheime Wege!“
„Und woher weißt du das?“
„Man hört doch oft davon, hinter vorgehaltener Hand,
wenn du verstehst, was ich meine. Manche Leute drücken sich so vor
Gefängnisstrafen … wenn man genug zahlt, bringen
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