Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
heiligen
Tieren. So können sie Larenni hier Verehrung erweisen, ohne ihren Namen zu
nennen.“ Halfast war neben dem Wagen stehengeblieben und betrachtete die Mauer.
Halleluja, dachte James. Wenigstens dieses Gute hatte
der Schock heute Morgen – Halfast ist zurück unter den Lebenden!
„Sieht aus wie ein Mosaik, oder? Das sind alles
Amulette und Sprüche, die Dämonen abwehren sollen.“
„Hilfeschreie sind auch dabei.“ James zeigte auf das
Knochenstück.
„Wie geht’s ihr denn jetzt?“
„Will gerade nach ihr sehen.“
Kriope lebte noch. Sie fieberte nicht, und auch ihr
Puls war nicht schwächer. Von dem Wasser, das er ihr gab, konnte sie nur wenig
und langsam trinken – aber immerhin trank sie überhaupt. Zum ersten Mal fühlte
er einen Funken Hoffnung, dass sie es vielleicht doch schaffen könnte. Wenn sie
keine Infektion bekam. Wenn sie nicht doch einen Schädelbruch oder einen
Milzriss hatte oder …
Sie versuchte, etwas zu sagen, aber zwischen den
abgebrochenen Schneidezähnen und aufgeplatzten Lippen drang nur ein
unartikulierter Laut hindurch. Er beugte sich über sie. Sie versuchte es noch
einmal, und diesmal verstand er. Sandrou .
„Nella kümmert sich um ihn“, sagte er. „Es geht ihm
gut. Wir wollten nicht, dass er dich so sieht.“ Er sah die Erleichterung in
ihrem Auge, bevor sie es schloss. Aber ihre fest verbundenen Hände zuckten.
„Du musst was tun, Hakemi!“, ließ sich Dionyssu
drängend aus dem Hintergrund vernehmen. „Ich glaub, sie hat große Schmerzen,
ächzt und stöhnt die ganze Zeit! Bloß jetzt reißt sie sich zusammen!“
Seine allerletzte Ibuprofen-Tablette hatte er ihr bei
der Mittagsrast gegeben, und das Zeug war angesichts ihrer Verletzungen sowieso
nur ein Witz. Tatsache war, er hatte keine Ahnung, was er jetzt noch tun
konnte.
„Frag Jakobe“, meinte Halfast, der unschlüssig
zwischen den Decken hinten am Wagen stehengeblieben war. „Ich weiß nicht, ob
sie so viel von der Sache versteht, wie sie behauptet, aber sie hat eine Menge
Kräuter und anderes Zeug.“
„Warum ist sie nicht hier? Wenn sie eure Heilerin ist,
warum ist ihr dann dieser blöde, eingebildete Konkurrenzkampf mit mir wichtiger
als Kriopes Leben?“
„ Kash , so ist sie nun mal. Eifersüchtig,
neidisch, was weiß ich. Bisher war sie bei uns allein für so was zuständig.“
James sprang an ihm vorbei hinaus und ging draußen an
der Wagenreihe entlang, bis er Jakobe und Odette aufgeregt palavernd vor dem
Ulgullen-Wagen fand. Obwohl er gar nicht an Orla gedacht hatte, spürte er, wie
sich sein Herzschlag beschleunigte, als er näherkam. Dort drinnen war sie .
Die beiden Frauen redeten auf Stanwell ein, der die
Wagendeichsel untersuchte. Pix saß, den Kopf in die Hände gestützt, auf den
Stufen und verfolgte das Gerede wie ein Theaterstück – ein tödlich langweiliges
Stück allerdings.
„Es ist ja eben erst passiert! Als wir den Hügel
runterfuhren! Das Knacken war nicht zu überhören!“, rief Odette. Sowohl Pix als
auch Jakobe übersahen James beharrlich.
„Jakobe! Ich brauch deine Hilfe!“, sagte er laut.
Sie sah ihn an, als habe sie ihn gerade erst bemerkt.
„Oh, wirklich?“
„Das Nittichwurzelzeug ist ein tolles Mittel. Hast du
auch was gegen Schmerzen?“
„Hast du Kopfweh, Hakemi?“
Er zügelte sich nur mit Mühe. „Könntest du einfach mal
nachsehen?“
„Nachsehen? Denkst du, ich muss nachsehen? Denkst du,
ich weiß nicht, was ich in meinem Kasten habe?“ Sie hatte seltsam müde Augen
für jemanden, der noch nicht einmal vierzig war. Als hätte sie sich aufgerieben
in einem jahrelangen Kampf um Anerkennung und Bedeutsamkeit und wüsste doch im
Innersten, dass sie trotzdem immer unbeachtet, ein Verlierer bleiben würde.
James verscheuchte diese völlig irrelevanten
Überlegungen. „Wenn du auch gegen Schmerzen so ein Wundermittel hast … wir
sollten es ihr wenigstens leichter machen!“
„Sollten wir das? Obwohl sie sich doch selbst in diese
Lage gebracht hat mit ihrer Unvorsichtigkeit? Obwohl sie gegen Nicholas’
Anweisungen gehandelt hat – den sie doch um Schutz gebeten hatte? Obwohl sie
uns damit alle in Gefahr und in Verruf gebracht hat?“
Diese blöde alte Schachtel! Dieses giftige Miststück!
Und man konnte richtig sehen, wie sie darauf wartete, dass er losbrüllte! „Jakobe! Bitte !“
„Andererseits – wenn der Hakemi das sagt – ja,
dann muss man ihr wohl helfen …“ Und damit ging sie endlich in den Wagen hinauf,
um ihren
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