Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

gefährlichen Ton, der kaum
weiter weg sein konnte von der demütigen Entschuldigung, die der Chef hören
wollte. „Ich lass mir das von keinem bieten!“
    Sekundenlang bohrten sich die Blicke ineinander,
Montagus wütende blaue Augen und Firns kalte, helle. Dann sagte der Chef,
plötzlich ganz ruhig: „Das war das letzte Mal, Firn Marrin. Beim nächsten
Vorfall, bei dem du dich nicht an die Regeln der Montagus hältst, gehst du.“
Dann wandte er sich an die anderen. „Packt zusammen. Wir brechen auf, so
schnell wie möglich.“
    „Aber –“ James hörte sich herausplatzen, bevor er sich
zügeln konnte. „Kriope kann nicht reisen! Das wäre – das würde –“
    „Sie wird’s müssen. Tu für sie, was du kannst. Das Weitere
–“
    „Im fahrenden Wagen wird sie keine Stunde überleben!“
    „– alles Weitere liegt in Gottes Hand“, erwiderte
Nicholas Montagu verbissen.
     
    4
    Als
er endlich zu den Galiziaks herauskam, hatten schon alle ihre Plätze
eingenommen – was bedeutete, dass er mit Firn fahren musste. Den hatten die
anderen heute offenbar gemieden. Entweder fürchteten sie, die Ungnade des Chefs
könnte ansteckend sein, oder sie waren genauso wütend auf ihn wie der. Als er
aufstieg und sich neben ihn setzte, wandte Firn mit einem Fluch den Blick zur
Seite. Konnte ja ein guter Morgen werden. In den letzten Tagen waren sie etwas
besser miteinander ausgekommen, aber das war wohl vorbei.
    Er war zu müde, um noch zornig zu sein. Er fand auch
nicht, dass Firn etwas groß falsch gemacht hatte mit seinem Wurfstern – diese
Typen waren einfach zu unverschämt gewesen. Aber leider stimmte es auch, dass
diese Sache ihrer Forderung nach Gerechtigkeit den Hals gebrochen hatte.
    Während sie wieder auf die Trukantagyja fuhren und
erneut ihren Weg nach Osten aufnahmen, kam die Sonne wie ein roter Augenball
durch den dunstig getrübten Himmel. Und ihm fielen die Träume wieder ein, aus
denen ihn Halfasts Geschrei gerissen hatte. Seltsame Träume, die nicht seine
eigenen zu sein schienen, in denen er von Empfindungen beherrscht war, die ihm
fremd waren, und von Begierden getrieben, die er nicht kannte. Träume, die ihm
Angst machten. Langes blondes Haar war darin vorgekommen, für sein Traum-Ich
ein unwiderstehlicher Reiz, dem er nachjagen musste. Haar, das sich in
wirbelnde, dünne Schlangen verwandelt hatte, als er es berührte, beißende Schlangen, und er war angeekelt und doch zugleich außerstande loszulassen. Er
musste es packen, sich ums Handgelenk schlingen, das Schlangenmädchen
umklammern, bis ihr Gift ihn durchdrang und lähmte –
    „ Du hast dem Chef das mit dem Sissik erzählt,
ja?“, schnappte Firn.
    „Der Winkelmeister hatte –“
    „Du bist wirklich der dämlichste Hund, der mir je über
den Weg gelaufen ist! Was musstest du überhaupt davon reden?“
    „Jetzt halt mal die Luft an! Der Winkelmeister hatte
deinen Stern da vor sich liegen, blutverschmiert – da hatte schon jemand eine
Anzeige gegen dich gemacht! Irgendein Kerl hat behauptet, du hättest ihm den
Stern reingeknallt, als er versucht hat, dich von der Barbierfrau wegzureißen!
Alles klar?“
    „Das ist doch – das ist doch der allerletzte
hirnverbrannte Quatsch!“, schnauzte Firn. „Die hab ich im Schuppen ihres Onkels
flachgelegt – da war keine Sau dabei, und sie hatte verdammt ihren Spaß dran –
und nicht zum ersten Mal, kannst du mir glauben! Das hat niemand mitgekriegt!
Und so blöd bin ich auch nicht, dass ich die Dinger auf offener Straße werfe!“
    „Ist mir schon alles klar, aber das war nun mal das,
was der Winkelmeister erzählt hat! Und er hatte den Stern! Und die Aussage von
dem Typ! Die waren dabei, das Ganze zu ’ner kleinen Straßenprügelei zu machen –
wollten von diesen Pelektá-Typen ablenken – weil die da alle unter einer Decke
stecken! Ich hab nur gesagt, wie’s wirklich war!“
    „Oh Mann, und wenn schon? Konntest du nicht einfach
die Schnauze halten?!“
    „Kannst du das nicht einfach mal tun?“, gab er
angewidert zurück. „Hast du Kriope gesehen? Die geht da hinten gerade drauf –“
    „Ist wohl kaum meine Sache, wenn die sich nachts
allein –“
    „Und sie kriegt nicht mal so viel Gerechtigkeit, dass
–“
    „Wen kratzt das, ragoischi ?! Und macht es sie
vielleicht gesund, wenn der nächste Arbiter die Typen verurteilt? Was bist du
für ’ne Heulsuse?!“
    Am liebsten hätte er ihn geschlagen. Und Firn hatte
diesen Blick drauf, der ihm sagte, dass er seinerseits nur auf