Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
Tulsa, als er –“ Er beendete den
Satz nicht. Er konnte die Bilder, die er mit dem Reden heraufbeschwor, nicht
ertragen.
„Klar war sie das! Ha! Amelia Birchiter!“ So plötzlich
und unpassend, dass sie alle zusammenzuckten, brach der Jäger in Gelächter aus.
„Ich glaub’s nicht! In ’ner Japento-Mistel! All die Jahre – Jahrzehnte !
Was für einer macht so was, frag ich euch? Wie –“
„Lass das doch jetzt! Er hat einen Sonnenstich oder so
was, siehst du das nicht? Komm, James, steh auf. Zurück in den Wagen! Vergiss
den Unsinn!“
Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen
geschlossen, um nichts mehr sehen zu müssen. Jetzt öffnete er sie wieder und
ließ den farblosen Hitzehimmel in sich hineinsinken. Wo war er hier nur? Was
war das für ein Dämon, der ihn hierhergeführt hatte – und warum?
„Wieso bist du da raufgeklettert?“, fragte Stanwell.
„Wieso hast du das gemacht, nach dem Pacculi? Wusstest du etwa, dass diese –
diese Dinger da oben waren?“
Und Gerringer ließ sich neben ihm in den Staub
plumpsen. „Jetzt hör mir mal zu, mein Junge. Ich glaube, ich weiß, wie du dich
fühlst … Hattest wohl Recht mit deiner Ahnung, wie? Da hat sich doch was in
deinem Kopf eingenistet, genau wie bei mir.“
„Was meinst du damit? Ist er etwa auch von einem Dämon
befallen?“, fragte Stanwell misstrauisch.
„Wir sollten jetzt alle wieder in den Wagen steigen und
weiterfahren!“, drängte Inglewing.
„Du hast da gerade eins von den Rätseln gelöst, die
der Schädelpflücker von Tulsa hinterlassen hat – vor mehr als sechzig Jahren“,
verkündete Gerringer feierlich und nahm ihm den Kopf von Amelia Birchiter aus
den Händen. Ihm schien der Geruch nichts auszumachen.
„Der Schädelpflücker von Tulsa!“, wiederholte Stanwell
schnaubend. „Kannst du mal aufhören, Ska Gerringer? Ich will nicht, dass meine
Schwester da drinnen im Wagen so was hört … kash , bin nur froh, dass sie
schläft und das hier nicht sieht! Weg mit diesen Dingern, und weg von hier, das
seh ich genau wie Inglewing!“
„Verflucht – sechzig Jahre, sagst du? Jetzt weiß ich,
wovon du redest!“, rief Inglewing. „Der Digger-Dagger! Wir haben neulich erst
über den gesprochen!“
„Der Digger-Dagger“, nickte der Jäger. „Bloß dass sie
ihn damals hier in den Dörfern den Schädelpflücker von Tulsa nannten,
nach der Sache mit Amelia … von Dagger wusste da ja noch keiner was. Ha, Junge,
wenn ich diese Sache aufklären kann … Die können mich dann einfach nicht länger
in der Verbannung lassen, die in Kebernett! Die müssen mir dann –“
„Aufhören!“, brüllte James. „Hört endlich auf damit!
Wovon redet ihr überhaupt?“
Der Jäger setzte die beiden Schrumpfköpfe mit
übertriebener Sorgfalt in den Sand. „Woher wusstest du, was du da oben finden
würdest?“
„Ich hab’s geträumt!“, platzte es aus ihm heraus.
„Letzte Nacht – als ich wach war, wusste ich es nicht mehr, nur, dass es
furchtbar war und mit den Misteln zu tun hatte! Und als ich dann den Baum hier
gesehen hab … ich hab ihn wiedererkannt, sofort, schon auf dem Hinweg … aber
erst, als ich raufgeklettert bin und die Misteln vor mir hatte, da wusste ich
es wieder! D-da h-hab i-ich m-mich erinnert –“
„Geträumt … erinnert, wie? Amelia Birchiter, sagt er!
Klettert da rauf und pflückt sie aus dem Baum! Weil er es geträumt hat! Junge,
weißt du, wie viele Leute nach dem Kopf von dieser Amelia gesucht haben,
damals?!“
„Oswend! Jetzt lass ihn zu sich kommen, verdammt!“
Inglewing setzte sich zu ihnen in den Sand und zog hastig seine Stiefel zurück,
die beinahe einen der Köpfe gestreift hätten. „Der Digger-Dagger!“, stöhnte er
und raufte sich die Haare. „Oh sikka !“
Der Jäger nickte begeistert. „Ja. Der war im ganzen
Land bekannt, glaub ich, nicht nur in Orolo!“ Und dann legte er mit einer Art
Sprechgesang los:
„Digger-Dagger, pflück den Kopf
Pflanz ihn in ’nen Blumentopf
Wächst ’ne Knochenhand heraus
Reißt dir dann die Augen aus!
Digger-Dagger, dummer Tropf
Schneidest ab den falschen Zopf
Jetzt kostet’s dich den eig'nen Kopf!“
Jetzt hatte der Kerl wohl endgültig den Verstand
verloren. Aber er nickte bekräftigend. „Das haben wir als Kinder noch als
Abzählreim gesungen! Der hat’s so wild getrieben, dass die Leute heute noch von
ihm reden. Ist hingerichtet worden, nachdem seine eigene Frau ausgepackt hat.
Die hat erzählt, wo die Leichen
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