Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
versteckt waren. Das Dumme war nur, keine von
denen hatte noch ihren Kopf auf den Schultern. Die Köpfe, die hat der nämlich
abgeschnitten, versteht ihr. Hat sie gepflückt wie Gänseblümchen. Keiner
wusste, was er damit gemacht hat, und er hat’s auch nie erzählt. Nur zwei davon
hat man jemals gefunden – waren in der Stadtmauer von Fasmechora versteckt. Und
jetzt die hier – in Misteln ! Der muss noch verrückter gewesen sein, als
alle gedacht haben!“
„Wie könnt ihr nur dasitzen, bei diesem Gestank – das
ist ja furchtbar! Was ist das bloß für ein Zeug?“
„Lasst euch das von eurem Hakemi erklären, der weiß da
besser Bescheid.“
„James?“
„Ich hab keine Ahnung. Ich kenne nur den Geruch und
weiß, dass der vom Strellik kommt“, antwortete James erschöpft. Auch nur das
Wort auszusprechen, ließ ihn wieder würgen. Gab es das überhaupt – drüben?
„Da muss er wohl einen Aussetzer haben, euer Mann“,
meinte Gerringer. „Strellik – damit kannst du ’n totes Tier ausstopfen und dir
über den Kamin hängen, ohne dass es dir irgendwann von der Wand tropft. Man
balsamiert damit auch die Toten ein, wenn man sie nicht direkt bestatten kann. Dachte,
’n Hakemi wüsste so was.“
„Dann hat er sie also konserviert. Fachgerecht für die
Ewigkeit zubereitet“, sagte Inglewing angewidert. „Mann, meine Großmutter hat
mir mit dem noch gedroht, wenn ich als Kind nicht ins Bett wollte – kashadiu ,
was machst du denn jetzt?“
Der Jäger hatte sich einen der Köpfe genommen, drehte
ihn um und inspizierte die Unterseite. „Die anderen Köpfe, die man gefunden
hat, die hatten was gemeinsam –“
„Abgeschnitten“, krächzte James. „Mit dem Messer –“
„Ganz genau.“ Gerringers Augen leuchteten auf. „Da
hast du aber ausführlich geträumt, Hakemi! Sauber mit einem Messer abgetrennt
waren die, nicht mit einer Axt abgehauen oder so was. Die Arbiter vermuteten
ein besonders scharfes Rasiermesser. Mit dem hat er sie wohl auch gleich
geschoren, denn auch ihre Haare waren abgeschnitten worden. Genau wie bei denen
hier.“
„Soll das etwa heißen, er war ‘n Barbier? Und hat Haare gesammelt?“, fragte Stanwell fassungslos.
„Wer weiß schon, was in so einem Schlächter vorgeht!“
„Er wollte nicht, dass sie wiederkommen und ihn verfolgen
… es ist ein Ritual … man muss ihnen den Kopf nehmen und das Haar verbrennen,
damit sie nicht zurückkommen können“, erklärte James in demselben beiläufigen,
abwesenden Ton wie zuvor. „Besser noch das Gehirn … aber –“
„Du hältst jetzt wirklich mal besser den Mund!“
Inglewing sah ihn beunruhigt an. „Los, kommt. Ich will endlich weg von hier!“
„Willst du die etwa mitnehmen?“, fragte Stanwell, als
Gerringer sich bückte und die Schrumpfköpfe aufsammelte.
„Und ob ich das will! James, wie ist es – könnte ich
sagen, dass ich sie gefunden habe?“
„Mach damit, was du willst. Solang ich sie nur nie
wieder sehen muss.“
„Willst du damit wirklich nach Kebernett, Oswend? Wozu
so eine alte Sache noch einmal aufrollen, wer weiß, was du damit lostrittst!
Und die Arbiter werden sicher Fragen stellen! Was willst du denen antworten?!“
„Mir wird schon was einfallen“, gab der Jäger lässig
zurück. Inzwischen hatte er mehrere Lederbeutel aus seinem Rucksack geholt und
verpackte die Köpfe sorgfältig darin.
„Dann halt aber wenigstens James daraus, ja?“
„Ist mir doch nur recht, wenn ich den Ruhm allein
einheimsen kann! Und es ist ja auch bekannt, dass ich immer hier unterwegs bin.“
„Ja, und dass du ’n Problem mit einer Dämonin hast,
Mann! Hast du keine Angst, dass die dich einsperren?“
„Warum sollten sie? Ich bringe ihnen den Kopf von
Amelia Birchiter! Wer weiß, was die damit noch über die Sache rauskriegen! Der
Digger-Dagger wollte damals ja nicht reden.“
„Wem soll das heute überhaupt noch nützen! Komm,
James!“ Inglewing zog ihn auf die Füße und dann mit sich zum Wagen.
„Dich muss man jeden Tag irgendwo aufsammeln“, stellte
der Gelichterjäger fest, während er hinter ihnen her stapfte. „Ist dir das
schon mal aufgefallen? Wovor bist du eigentlich auf der Flucht? Vielleicht
wär’s ja leichter, dem Ding die Stirn zu bieten.“
Hatte er das nicht gerade getan? James antwortete
nicht. Er ließ sich mitziehen, blieb dann an den Wagen gelehnt stehen. Die drei
Männer betrachteten ihn, jeder mit einem eigenen Ausdruck von Beunruhigung.
Die sollten ihn in Ruhe lassen.
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