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Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Titel: Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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dieses –
    Strellik ,
unterbrach er seine eigenen Gedanken kühl. Es heißt Strellik. Und es riecht wie
Essig. Essig über einer Grundnote von verfaulter Tomate. Und jetzt reißt du
dich zusammen und bringst das hier hinter dich. Konzentrier dich auf den
Palintegeruch, der ist trocken und würzig.
    „Erzähl mir was über die Geister in eurem Land hier“,
verlangte er und verschränkte entnervt seine Finger, damit sie sein Zittern nicht
verrieten. „Du sagst, es gibt welche, die Menschen überfallen –“
    „Ich sag, das kommt vor. Und das, was da heut passiert
ist, das kann ich mir kaum anders erklären. Du ja anscheinend auch nicht. Hast
ja neulich schon in diese Richtung gefragt.“
    Ja, hab ich. Ich bin schizophren, dachte er. Das war
ein schizophrener Schub heute Nachmittag. Damit muss ich jetzt eben leben.
    „Warte mal – riechst du das? Ich riech doch Kaffee!
Die schenken richtigen Bohnenkaffee aus bei euch da drüben! Also, ich hol dir
’nen Becher, und dann reden wir, in Ordnung?“ Gerringer stand auf, tätschelte
ihm die Schulter und ging zu den Kochfeuern hinüber.
    Bloß die Fassung bewahren. Durchdrehen konnte er
später, wenn mal keiner zusah. Jetzt musste er nachdenken. Vielleicht konnte man
diesen Wahnsinn ja doch noch irgendwie in die Schranken weisen.
    Die Geschichte mit der Empuse damals … das war so eine
einschläfernde Mittagsstunde gewesen, da hatte man manchmal solche Anwandlungen
… Aber vielleicht war es gar nicht Lüsternheit, was ihn aus diesen Augen angestarrt
hatte – sondern Gier … Gier nach einem lebendigen Körper?
    Ich werd verrückt. Wenn ich so was ernsthaft in
Erwägung ziehe, dann bin ich dabei, verrückt zu werden.
    „Hier, Vorsicht, das ist brandheiß! Eure Chefin gibt
einen aus. Die Kleine ist ihre Enkelin, ja?“
    Er schaffte es, den Kaffeebecher aus Gerringers Hand
zu nehmen, ohne ihn fallen zu lassen.
    „Sie hat riesiges Glück gehabt. So ’ne Blödheit zu
machen! Dir geht’s nicht gut, wie? Na, ist ja kein Wunder. Aber du willst jetzt
reden, ja?“
    „Klar, verdammt, ich bin nicht krank oder so!“ Er
unterdrückte ein Aufquieken, als er sich am Kaffee die Lippen verbrannte.
„Also, was ist nun mit Geistern?“
    „Tapferer Junge. Totengeister – da gibt’s natürlich so
einiges. Das ganze Heer der Bleichen besteht aus solchen verwirrten Seelen, die
aus irgendeinem Grund den Abgang nicht geschafft haben. Du weißt schon, auf den
Weg durch den äußeren Ozean und so. Die haben vergessen, wer sie sind. Nachts
kannste die manchmal sehen, bleiche Schemen auf den Feldern, zwischen den
Häusern. Die treibt’s immer zu den Menschen hin. Harmlos, alles in allem,
höchstens lästig.“ Gerringer schnitt sich noch einen Fetzen Dörrfleisch ab, von
einem Klumpen, der wie aufgerollte Haut aussah. „Aber manchmal gibt’s einen,
der kapiert hat, was mit ihm passiert ist, verstehst du? Der weiß, dass
er nur noch ’n Geist ist und deshalb nichts mehr auf die Reihe kriegt. Solche
Irrgänger nennen wir Forlorner. So ’n Forlorner, der hat noch ’n Anliegen. Und
weil er das allein nicht mehr hinkriegt, holt er sich ’nen Lebendigen und lässt
den die Sache erledigen.“
    „Holt sich einen Lebendigen? Harmlos klingt das nicht!“
    „Stell dir das doch mal vor: Du merkst plötzlich, dass
du tot bist! Alle um dich rum leben, nur du kannst gar nichts machen! Du
kapierst, du hast den üblichen Weg verpasst. Du bist ein Ausgestoßener! Steckst
zwischen den Welten fest, der hier und der, wo die Toten hingehen … Sogar ’n
guter Mann könnte da ’nen Schlag kriegen, wie? Da musste vorher nicht mal
unbedingt ein Mörder gewesen sein.“
    James fuhr zusammen. Also dachte der in dieselbe
Richtung wie er selbst. Ein Mörder wie Dagger. Wie der Digger-Dagger, Digger-Dagger,
pflück den Kopf … pflanz ihn in –
    „Dass die sich irgendwie verändern, das ist doch
klar“, fuhr Gerringer fort. „Die wollen wieder leben, wer kann’s ihnen
verdenken. Und dann wächst ihnen der Reißnagel. Mit dem reißen sie ihre Beute
wie Raubtiere. Am liebsten dann, wenn ihr Opfer träumt. Weil im Traum, da
können sie zu ihm sprechen, verstehst du, da kann es sie hören. Oft träumt der
Überfallene zuerst von Blut, das zu fließen beginnt – ein Zeichen dafür, dass
etwas seine Klauen in ihn geschlagen hat. Wegen all dem gibt man ihnen solche
Namen – Träumers Schlag, Irrgänger, Mittagsjäger –“
    „Mittagsjäger!“
    „Sie jagen gern im grellen Mittagslicht, weil sie

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