Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
herunter und stellte dabei fest, dass
er immer noch Gabriels guten Abendanzug samt Spitzenmanschetten trug, dafür
aber weder Schuhe noch Strümpfe.
„Guten Morgen!“, grüßte Kate, als er nicht weit von
ihr auf dem Boden ankam. „Frühstück ist fertig.“
Die hatte er doch glatt vergessen! Er glotzte sie an.
Sie trug kein Tuch auf dem Kopf, und ihr Haar war feucht. „Frühstück? Wo warst
du? Wie spät ist es überhaupt?“
„Auf der Uhr am Marktplatz war es eben zwanzig nach
sieben. Glücklicherweise öffnet das Badehaus schon um halb sieben, und unten an
der Brücke gab es –“
„Moment mal, heißt das, du warst im Badehaus?“
„Ich wollte schon im Fluss schwimmen gehen, aber dann
fiel mir das Badehaus ein, von dem James gestern erzählt hat. Ist ja nicht weit
von hier.“
Er schüttelte den Kopf, wobei ihm die Spange endgültig
aus dem Haar rutschte und klirrend auf einen Stein schlug. Badehaus?! „Du
kannst doch nicht allein – du hast doch keine Ahnung, wie es hier –“
„Wie gesagt, James hat uns gestern davon erzählt“,
erklärte sie und hob die Spange auf. „Reg dich nicht auf. Trink erst mal das
hier – keine Ahnung, was es sein soll. Makave, nannten die das an der Bude, an
der ich es gekauft habe. Und dazu gab es diesen Brei. Porridge? Ich hab noch
nicht probiert.“
Er betrachtete das Holztablett mit Becher und Schale,
das sie oben auf der Fahrerbank abgesetzt hatte. „Sind das meine Sachen?“
„Ich hab’s in deinem Schrank gefunden. Bin extra noch
mal zurückgekommen, als ich gesehen hab, dass die da alle mit ihrem eigenen
Geschirr an der Bude stehen.“
„Woher hast du das Geld – nein, warte, ich glaub, das
will ich gar nicht wissen.“ Er stieg hinauf und ließ sich dann stöhnend auf die
Fahrerbank sinken – das Dach war ein harter Schlafplatz gewesen.
„Keine Sorge, dein Frühstück ist rechtmäßig erworben.
Glaubst du, ich hätte Pix’ kostbares Amulett nur gegen ein paar Sandalen
eingetauscht? Den Leuten auf dem Suq war es wesentlich mehr wert.“
„Rechtmäßig erworben …“, murmelte er und trank einen
Schluck von der dampfenden Flüssigkeit.
„Jetzt hör schon auf zu meckern. Gibt es hier
eigentlich keinen Kaffee?“
„Bist du etwa so unterwegs gewesen – ohne das
Tuch?“
Sie trug das Tuch zwar, aber um den Hals geschlungen.
„Bin ich. Was soll das Theater um dieses Tuch überhaupt? Ich habe eine Menge
Frauen ohne Kopftuch gesehen, wieso also –“
„Aber dein Haar ist … kurz.“
„Na und?“
Er versenkte das Gesicht sozusagen in seinen Becher.
„Was ist los?“, fragte sie und lachte. „Wirst du jetzt
wirklich rot, oder kommt das von dem heißen Zeugs da?“
„Frauen – tragen das Haar lang. Immer . So, wie
es bei dir ist – das sieht aus, als wäre es geschoren worden, verstehst du. Zur
Strafe. Für – na ja, meistens für – ähm, Ehebruch. Und – ähm –“
„Ich bin ja nicht mal verheiratet“, erwiderte sie, als
wäre damit alles in Ordnung, und setzte sich neben ihn. „Komm schon, ich
ertrage lieber die Schande als ständig ein Tuch auf dem Kopf. Es muss dir nicht
peinlich sein. Bei uns sieht man solche Sachen nicht so.“
„Bei euch …“ Er wollte es sicher wissen, wollte ihr
Wort darauf, am besten einen Schwur, dass sie die Wahrheit sagte. Dass sie
wirklich von dort kamen. Aber was für einen Sinn hätte es gehabt, das
von ihr zu verlangen? Er hatte das ungute Gefühl, dass sie lügen konnte, ohne
dabei auch nur mit einer Wimper zu zucken. Und dass sie das jederzeit tat, wenn
ihr danach war.
„Der Brei ist süß“, stellte sie fest. „Da ist
Marmelade drin oder so was … Feige!“
„Feigenmus“, bestätigte er müde. So oder so – er hatte
sie wohl am Hals. Der zweite, der störende Faden.
„Also – was machen wir heute?“, fragte sie auch
prompt. „Fahren wir den anderen nach oder machen wir uns direkt auf die Suche?“
„Auf die Suche wonach?“
„Nach dem Rückweg. Ist vielleicht einfacher, wenn wir
damit erst mal zu zweit loslegen, dachte ich.“
Er stöhnte wieder. „Gönn mir eine Pause! Hier, trink
Makave, er ist ganz gut. Kann ich etwas von dem Birrim haben?“
Sie reichte ihm die Schale und nahm dafür den Becher.
Im Birrim war für seinen Geschmack zu viel Feigenmus. „Zuallererst muss ich den
Wagen wieder in Gang kriegen. Dafür muss ich zu zwei verschiedenen Händlern in
der Unterstadt … und wenn ich alles habe, dauert es mindestens zehn Stunden,
bis wir wieder fahren
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