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Formbar. Begabt

Formbar. Begabt

Titel: Formbar. Begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juna Benett
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sondern auch ein flauschiges Handtuch sowie ein BH. Jetzt übertreibt er aber. Ich bin doch nicht bis auf die Haut durchnässt. Und wenn ich es wäre, würde ich es nicht zugeben. Er hat Unterwäsche für mich besorgt, und ich laufe zum zweiten Mal in knapp zehn Minuten vor Scham rot an. Unangenehm berührt nehme ich die Sachen mit einem gemurmelten Dank in Empfang und verschwinde im Höchsttempo auf der Damentoilette. Ganz deutlich spüre ich seine Augen auf mir, widerstehe aber dem Impuls, mich noch einmal umzudrehen.
    Vor den Waschbecken ziehe ich unter irritierten Blicken der anwesenden Frauen Top und Hose aus und hülle mich in das weiche Handtuch. Anschließend krame ich in der Handtasche nach meiner Bürste und beginne mein Haar, das sich aufgrund der Feuchtigkeit lockt, zu entwirren. Nachdem mir wieder halbwegs warm geworden ist, schließe ich mich in einer Kabine ein und nehme dort die Sachen in Augenschein, die mir Jan auf die Schnelle gekauft hat. Als Erstes springt mit der hellblaue, mit Spitze versetze BH aus hauchzartem Stoff ins Auge, der extrem teuer aussieht. Schon wieder laufe ich rot an. Da aber mein eigener nass und klamm ist, unterdrücke ich den Wunsch, schreiend wegzulaufen, und streife mir den neuen BH über. Er sitzt perfekt. Beunruhigend.
    Schnell ziehe ich die anderen von ihm ausgewählten Kleider an und stehe in höchstem Maß beeindruckt vor dem Spiegel. Auch Rock und T-Shirt passen. Zum Glück sind meine Beine glattrasiert, denn das von Jan ausgewählte Teil endet bereits oberhalb der Knie. Woher kennt der Kerl meine Kleidergröße? Hatte er schon so viele Freundinnen, dass er das dermaßen gut einschätzen kann?
    Was für ein Glück, dass er es nicht für nötig empfunden hat, einen Slip zu kaufen. Ansonsten würde ich jetzt aus dem Fenster steigen, anstatt zu ihm zurückzukehren. Ich wickle meine nassen Kleider in das Handtuch und stopfe alles in meine Handtasche, die nun aussieht, als sei sie ein tragbares Kissen. Anschließend atme ich tief durch und verlasse die Toilette.
    Jan steht am gleichen Platz, an dem ich ihn zurückgelassen habe. Er hat die Arme verschränkt und betrachtet mich. Sein Blick wandert abschätzend über meinen Körper, und ich frage mich, ob ihm gefällt, was er sieht. Leider kann ich an seinen hellen Augen nicht die geringste Gefühlsregung ablesen.
    »Passen die Sachen?«
    »Ja, sogar ausgesprochen gut. Du hast wirklich ein exaktes Augenmaß. Schon einmal daran gedacht, als persönlicher Einkaufsberater tätig zu werden?«
    »Wenn, dann nur bei dir.« Das provozierende Lachen, das er in den Satz integriert, klingt wirklich sexy. Wieder werden meine Knie weich. Immerhin sinke ich nicht in mich zusammen. Eine definitive Steigerung.
    »Wollen wir?« Mit einem Kopfnicken deutet Jan in Richtung der Kaffeebar, in welcher unser Treffen ursprünglich stattfinden sollte.
    Kurze Zeit später sitze ich mit einem Christmas Latte auf meinem Stammplatz, während Jan in seinem Kaffee rührt. Dieses Mal nehme ich mir fest vor, das Getränk auf dem Tisch zu lassen. Erinnert er sich überhaupt an diesen Vorfall? Jan folgt meinem Blick, der gedankenverloren auf die Tasse gerichtet ist.
    »Als ich dich zum ersten Mal sah, hast du ebenfalls hier gesessen. Ich drehte mich um, und unsere Blicke trafen sich. Dann hast du mit dem Ellbogen die Tasse vom Tisch gewischt. War damals auch ein Christmas Latte drin?«
    Ja. Definitiv erinnert er sich.
    »Den trinke ich hier immer. Nur an diesem einen Nachmittag habe ich ihn nicht getrunken, sondern unter den Tisch geschüttet.«
    Jan antwortet wieder mit diesem leicht rauen Lachen, das ich bis tief in meinen Magen spüre.
    Wir verbringen einen kurzweiligen Nachmittag in der Kaffeebar. Zwischendurch bestellt er sich sogar auch einen Christmas Latte – mein persönlicher Höhepunkt des Tages. Als ich auf die Uhr schaue, bin ich erschrocken, wie spät es bereits ist.
    »Bis ich zu Hause bin, ist sicher 19 Uhr. Meine Eltern drehen durch. Wir haben uns heute noch gar nicht gesehen, und ich habe keinen Zettel geschrieben.«
    Hastig suche ich meine Sachen zusammen und stehe auf. Währenddessen denke ich mit einem unguten Gefühl darüber nach, wie mein überstürzter Aufbruch auf Jan wirken muss. Wird er mich jetzt für unreif halten? Zu abhängig von meinen Eltern, weil sie sich Sorgen um mich machen? Immerhin ist er schon volljährig. Das Treffen heute hat er so spontan vorgeschlagen, dass ich gar keine Möglichkeit hatte, vorher zu planen.

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