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Forschungen eines Hundes

Forschungen eines Hundes

Titel: Forschungen eines Hundes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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hatte einen schönen, starken forschenden Blick. »Was machst
    du hier?« sagte er. »Du mußt von hier fortgehen.« »Ich kann jetzt
    nicht fortgehen«, sagte ich, ohne weitere Erklärung, denn wie hätte
    ich ihm alles erklären sollen, auch schien er in Eile zu sein. »Bitte,
    geh fort«, sagte er, und hob unruhig ein Bein nach dem anderen.
    »Laß mich«, sagte ich, »geh und kümmere dich nicht um mich, die
    anderen kümmern sich auch nicht um mich.« »Ich bitte dich um
    deinetwillen«, sagte er. »Bitte mich aus welchem Grund du willst«,
    sagte ich. »Ich kann nicht gehen, selbst wenn ich wollte.« »Daran
    fehlt es nicht«, sagte er lächelnd. »Du kannst gehen. Eben weil du
    schwach zu sein scheinst, bitte ich dich, daß du jetzt langsam fort-
    gehst, zögerst du, wirst du später laufen müssen.« »Laß das meine
    Sorge sein«, sagte ich. »Es ist auch meine, sagte er, traurig wegen
    meiner Hartnäckigkeit, und wollte nun offenbar mich aber vorläu-
    fig schon hier lassen, aber die Gelegenheit benützen und sich lie-
    bend an mich heranzumachen. Zu anderer Zeit hätte ich es gerne
    geduldet von dem Schönen, damals aber, ich begriff es nicht, faßte
    mich ein Entsetzen davor. »Weg!« schrie ich, um so lauter, als ich
    mich anders nicht verteidigen konnte. »Ich lasse dich ja«, sagte er
    langsam zurücktretend. »Du bist wunderbar. Gefalle ich dir denn
    nicht?« »Du wirst mir gefallen, wenn du fortgehst, und mich in
    Ruhe läßt«, sagte ich, aber ich war meiner nicht mehr so sicher, wie
    ich ihn glauben machen wollte. Irgendetwas sah oder hörte ich an
    ihm mit meinen durch das Hungern geschärften Sinnen, es war
    erst in den Anfängen, es wuchs, es näherte sich und ich wußte
    schon, dieser Hund hat allerdings die Macht dich fortzutreiben,
    wenn du dir jetzt auch noch nicht vorstellen kannst, wie du dich
    jemals wirst erheben können. Und ich sah ihn, der auf meine grobe
    Antwort nur sanft den Kopf geschüttelt hatte, mit immer größerer
    Begierde an. »Wer bist du?« fragte ich. »Ich bin ein Jäger«, sagte
    er. »Und warum willst du mich nicht hier lassen?« fragte ich. »Du
    störst mich«, sagte er, »ich kann nicht jagen, wenn du hier bist.«
    »Versuche es«, sagte ich, »vielleicht wirst du noch jagen können.«
    »Nein«, sagte er, »es tut mir leid, aber du mußt fort.« »Laß heute
    das Jagen!« bat ich. »Nein«, sagte er, »ich muß jagen.« »Ich muß
    fortgehen, du mußt jagen«, sagte ich, »lauter Müssen. Verstehst
    du es, warum wir müssen?« »Nein«, sagte er, »es ist daran aber
    auch nichts zu verstehen, es sind selbstverständliche, natürliche
    Dinge.« »Doch nicht«, sagte ich, »es tut dir ja leid, daß du mich
    verjagen mußt, und dennoch tust du es.« »So ist es«, sagte er. »So
    ist es«, wiederholte ich ärgerlich, »das ist keine Antwort. Welcher
    Verzicht fiele dir leichter, der Verzicht auf die Jagd oder darauf,
    mich wegzutreiben?« »Der Verzicht auf die Jagd«, sagte er ohne
    Zögern. »Nun also«, sagte ich, »hier ist doch ein Widerspruch.«
    »Was für ein Widerspruch denn?« sagte er, »du lieber kleiner Hund,
    verstehst du denn wirklich nicht, daß ich muß? Verstehst du denn
    das Selbstverständliche nicht?« Ich antwortete nichts mehr, denn
    ich merkte – und neues Leben durchfuhr mich dabei, Leben wie
    es der Schrecken gibt –, ich merkte an unfaßbaren Einzelheiten,
    die vielleicht niemand außer mir hätte merken können, daß der
    Hund aus der Tiefe der Brust zu einem Gesange anhob. »Du wirst
    singen«, sagte ich. »Ja«, sagte er ernst, »ich werde singen, bald,
    aber noch nicht.« »Du beginnst schon«, sagte ich. »Nein«, sagte er,
    »noch nicht. Aber mach dich bereit.« »Ich höre es schon, obwohl du
    es leugnest«, sagte ich zitternd. Er schwieg. Und ich glaubte damals,
    etwas zu erkennen, was kein Hund je vor mir erfahren hat, wenig-
    stens findet sich in der Überlieferung nicht die leiseste Andeutung
    dessen, und ich versenkte eilig in unendlicher Angst und Scham
    das Gesicht in der Blutlache vor mir. Ich glaubte nämlich zu er-
    kennen, daß der Hund schon sang, ohne es noch zu wissen, ja
    mehr noch, daß die Melodie, von ihm getrennt, nach eigenem
    Gesetz durch die Lüfte schwebte und über ihn hinweg, als gehöre
    er nicht dazu, nur nach mir, nach mir hin zielte. – Heute leugne
    ich natürlich alle derartigen Erkenntnisse und schreibe sie meiner
    damaligen Überreiztheit zu, aber wenn es auch ein Irrtum war, so
    hat er doch eine

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