Forstchen, William
im Rückblick?«, hakte Emil nach.
»Damals war es einfacher. Man hatte nur einen Brennpunkt, ein Ziel, nämlich den nächsten Tag zu erleben, den nächsten Feldzug. Darüber hinaus blieb keine Zeit zum Nachdenken.«
»Es ist die Kostbarkeit von alldem, die ich vermisse«, warf Pat ein.
Erschrocken starrte Andrew ihn an.
»Du weißt schon. Unser Zusammensein.« Pat suchte einen Augenblick lang nach Worten. »Es war gut. Wir haben einander vertraut, einander gekannt. Jetzt ziehen die Jahre ins Land und übernehmen neue Gesichter wie Hawthorne. Aber ich vermisse den alten Hans, wirklich. Ohne ihn war es nie mehr dasselbe.«
Er schüttelte den Kopf.
»Die alten Tage waren eine kostbare Zeit – das waren sie.«
Was seither alles geschehen ist!, dachte Andrew. In dem Jahr nach dem Krieg waren alle durch das gemeinsame Ziel vereint, einfach durch den Winter zu kommen und alles wieder aufzubauen. Aber dann schienen die Dinge auf Nebengleise geraten zu sein. Das in Blut geschmiedete Bündnis mit Roum würde von Bestand sein, solange Prokonsul Marcus lebte. Das zumindest war gewiss. Die Cartha waren eine andere Geschichte. Im Winter nach dem Krieg erduldeten sie verheerende Überfalle von verstreuten Banden der Merki, die sich schließlich nach Westen verzogen. Ein regulärer Feldzug war eine Sache, aber die Armee war nicht für einen längeren Guerillakrieg gerüstet. Man konnte nur eine Division Soldaten abstellen, um den Cartha zu helfen, und bis zum folgenden Frühling hatte Hamilcar jede Hoffnung auf ein Bündnis zerschlagen. Die Cartha waren der Republik verloren gegangen, zumindest fürs Erste.
Auch der Traum einer transkontinentalen Eisenbahn schien zu entschwinden. Die Strecke war rund eintausendfünfhundert Kilometer weit durch das Land der Asgard nach Osten vorangetrieben und dort gestoppt worden, weil erst mit den nächsten Nachbarn, den Nippon, verhandelt werden musste; und noch frustrierender war, dass der Kongress die Mittel zusammenstrich.
Inzwischen wurden im Süden ständig Scharmützel ausgetragen, auf der offenen Steppe zwischen den beiden Meeren. Ständig brachen Patrouillen von der Verteidigungslinie auf, die derzeit im Bau war, wo die Große See einen Ausläufer nach Westen bis auf knapp zweihundertfünfzig Kilometer ans Binnenmeer ausstreckte. Sondierende Kavallerie-Patrouillen stießen zuzeiten mit Bantag-Patrouillen zusammen. Nichts Größeres – ein paar Verluste auf beiden Seiten –, aber die Zahlen addierten sich langsam. Fast fünfhundert Tote waren allein im laufenden Jahr zu beklagen. Das erinnerte Andrew stark an die Indianerkriege an der Grenze vor dem Bürgerkrieg. Früher hatte das Land dort unten den Merki gehört, aber jetzt beanspruchten es die Bantag.
Andrew hatte gehofft, dass die Bantag ihre ewige Wanderung fortsetzten und weiterzogen, aber sie blieben, wo sie waren, und er vermutete, dass der Grund dafür in der Republik zu sehen war. Sie bereiteten sich vor, und irgendwann würde ihr Angriff erfolgen.
Die lang ersehnte Zweite Flotte des jungen Admirals Bullfinch nahm langsam Gestalt an. Derzeit bestand sie nur aus einem Panzerschiff und einem neu in Dienst gestellten Schaufelrad-Kanonenboot, der Petersburg. Ergänzt wurden diese beiden Einheiten durch ein halbes Dutzend hölzerne Dreimast-Korvetten, die primär dafür zuständig waren, eine Flussmündung an der Ostküste des Meeres zu bewachen, an die sechshundertfünfzig Kilometer südöstlich der Verteidigungslinie. Eine kleine Stadt lag dort an der Mündung, offenkundig von den Bantag besetzt, und es gab Hinweise auf eine größere Stadt weiter flussaufwärts, aber die Zufahrt wurde durch mehr als ein Dutzend Galeeren geschützt.
Andrew hatte eine Patrouille den Fluss hinaufschicken und dabei notfalls eine Begegnung mit den Galeeren riskieren wollen, aber der Präsident hatte diesen Plan entschieden vom Tisch gewischt. Das Problem bestand darin, den Zustand ständiger Wachsamkeit beizubehalten, den Kongress und inzwischen sogar den Präsidenten davon zu überzeugen, dass jetzt nicht die Zeit war, nachlässig zu werden; und wichtiger denn je war es, die Eisenbahn weiterzuführen.
In den Jahren seit Andrews Ankunft hier hatte die Eisenbahn zum ersten echten Zerwürfnis zwischen ihm und dem Präsidenten geführt, dem listigen alten Bauern Kai. Egal, wie sehr sich Andrew für die militärische Bedeutung einer potenziellen Kriegsfront aussprach, die so weit vorgeschoben war wie nur irgend möglich, er konnte Kai und
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