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Forstchen, William

Forstchen, William

Titel: Forstchen, William Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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sobald er wieder ins Lager kommt. Ich bin es, der es ihm sagen sollte.«
    »Überlasse das lieber mir, Hans.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, es war meine Schuld. Deshalb ist es auch meine Bürde.«
    Ich bin in der Hölle …
    Er hob den Blick zu dem Zulu und den dunkelhäutigen Männern seines Trupps an Hochofen drei. Obwohl Hans für die Nordstaaten gekämpft und die schwarzen Soldaten der Armee des Potomac zu Tausenden in der Kraterschlacht vor Petersburg fallen gesehen hatte, hatte er sich in ihrer Gesellschaft immer noch unbehaglich gefühlt. Dieses Unbehagen bestand nun schon lange nicht mehr. Die Bruderschaft unter Sklaven hatte ihn davon befreit. Irgendwo südlich der Cartha-Länder existierte eine schwarze Nation, die die Eisenbearbeitung gemeistert hatte. Ketswana, Anführer der fünfzig Männer und Frauen, die die Bantag hier angeschleppt hatten, war jetzt der Stellvertreter, dem Hans am meisten vertraute.
    »Deine Wut wird dich noch um Kopf und Kragen bringen, mein Freund«, sagte Ketswana sanft, was seltsam unpassend klang, bedachte man, dass die Stimme einem über eins neunzig großen Riesen gehörte.
    »Danke«, seufzte Hans.
    Er betrachtete an Ketswana vorbei eine Gruppe Arbeiter, die einen Karren mit frisch gegossenen Schienen aus der Gießerei fuhren, und wandte sich dann wieder Ketswanas Gruppe zu, die Erz und Holzkohle in den Hochofen wuchtete. In der Erinnerung leuchtete ihm das Bild von Arbeitern auf, die in der Gießerei von Suzdal schufteten – es kam ihm heute fast wie ein Traum vor. Dort waren es freie Menschen gewesen, die in dem Wissen arbeiteten, dass nichts weniger als ihr Überleben von dem abhing, was sie taten; hier ging es nur darum, den unausweichlichen Tod hinauszuschieben.
    Warum bringen wir uns nicht alle einfach selbst um?, fragte er sich aufs Neue. Wir helfen hier nur den Mistkerlen, die darauf bedacht sind, uns zu vernichten, und wir kommen dabei trotzdem qualvoll um. Warum tun wir das, warum klammere ich mich ans Leben, wenn der Tod eine Erleichterung wäre?
    »Dieses Kind, dieses arme Kind!« Manda, Ketswanas Frau, trat an die Seite ihres Mannes. Hans sah die Anklage in ihrem Blick. »Es wird schlimmer«, sagte sie. »Niemand kann es aufhalten. Es wird noch schlimmer werden.«
    Er wusste, was Gregori, sein alter Stabschef, dachte. Der Zorn des Mannes war allzu deutlich erkennbar. Die Idee war Hans immer wieder vorgetragen worden … und jedes Mal lehnte er ab. Die Risiken waren einfach zu groß. Aber jetzt?
    »Wann kommen sie wohl dein Kind holen, Hans?«, fragte Manda. »War nicht Lins Baby so alt wie deins?«
    Ihre Worte durchbohrten sein Herz wie mit einem Messer. Er schämte sich auf einmal und wandte sich ab. Lag hier seine Zurückhaltung begründet? War das der Grund, der ihn gezwungen hatte, vorsichtig zu sein? Denn obgleich Karga wohl andere zur Grube schleifte, war Hans tief davon überzeugt, dass der Mistkerl niemals ihn direkt angreifen würde, solange Hans sich keinen ernsten Fehltritt erlaubte. Und selbst dann würde man den Fall erst Ha’ark vorlegen, ehe jemand getötet wurde.
    Damit haben sie mich gekauft!, wurde sich Hans voller Selbstabscheu bewusst. Ich bin zu ihrem Instrument geworden. Ich lasse zu, dass sich dieser Horror fortsetzt, damit Tamira und unser kostbares Kind in Sicherheit sind.
    Er knallte die Fäuste an den Hochofen, bis ihm das Blut aus den ramponierten Knöcheln sickerte. Er blickte wieder seine Freunde an und fürchtete, in ihren Augen Verachtung zu erblicken. Stattdessen fand er nur Mitgefühl, was seinen Schmerz noch verschlimmerte.
    Lins Kind … Ihr Blick wird mich auf ewig verfolgen!, wurde ihm klar. Er erinnerte sich an den Augenblick vor sechs Monaten, als er den jungen Andrew zum ersten Mal in den Armen gehalten hatte, als das Kind gerade mal Minuten alt war – wie er dem Neugeborenen in die Augen gesehen und das Geheimnis des Lebens in ihnen entdeckt hatte, den ewigen Geist. Und genau dieser Ausdruck war im Blick des Kindes zu sehen gewesen, das seine Mutter wissentlich in die Dunkelheit gefolgt war.
    »Es tut mir leid«, flüsterte Hans mit belegter Stimme. »Seit dreieinhalb Jahren versuche ich, euch alle am Leben zu halten.«
    Er blickte am Hochofen vorbei zum Portal des Todes.
    »Und wozu? Ich war ein Feigling. Das erkenne ich jetzt.«
    Manda trat an seine Seite und legte ihm die Hand auf die Schulter. Er erschrak über das Verständnis und die Sanftheit, die noch im Zentrum der Hölle existierte.
    »Ich habe immer nein

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