Forstchen, William
innerhalb eines einzigen Tages zu einer Kampfeinheit zu trimmen, Gregori.«
»Naja, Sir, ich denke mir, dass du Ketswana und seinen Arbeitern im Verlauf des kommenden Monats beibringen kannst, wie man ein Gewehr bedient. Auf diese Weise gewinnen sie einen Vorsprung.«
Hans musste über die Vorstellung lachen, direkt vor den Nasen der Wachleute die angehenden Ausbrecher mit imaginären Waffen zu drillen.
»Alexi und ich waren bei der Armee, und zumindest vier Carthaarbeiter dienten im Krieg gegen uns in deren Armee. Das ist immerhin ein Anfang, und Verzweiflung kann sich als verdammt guter Grund erweisen, schnell zu lernen!«
»Vorausgesetzt, wir gelangen überhaupt in den Besitz von Waffen«, wandte Hans ein, bemühte sich dabei jedoch, seinen Sarkasmus nicht durchklingen zu lassen.
»So ungefähr, Sir. Falls wir sehr großes Glück haben, brauchen wir vielleicht nicht mal zu kämpfen«, fuhr Alexi fort. »Ich halte es für eine fundierte Annahme, dass der Zug dicht an eine Werft fahren wird. Wir schwärmen aus, überraschen die Mistkerle, entern ein Schiff und sehen verdammt schnell zu, dass wir den Fluss hinabgelangen und das offene Meer erreichen.«
»Und was ist mit den Verfolgern?«
Alexi grinste.
»Wir zerstören unterwegs alles: verbrennen Brücken, reißen Gleise heraus, durchschneiden Telegrafenleitungen. Wir erzeugen auf ganzer Strecke Chaos. An keinem Punkt, den wir erreichen, wird man vorab etwas erfahren haben. Falls wir den Punkt mit einem Bluff passieren können, prima. Falls nicht, kämpfen wir, versuchen einen Aufstand der dortigen Sklaven anzufachen, und fahren weiter. Ich stelle mir gern vor, dass es uns in X’ian sogar gelingt, Tausende Menschen zum Aufruhr anzustacheln.«
Hans saß schweigend da und versuchte, all diese Vorschläge zu verdauen. Einerseits wollte er glauben, dass dieser verrückte Traum tatsächlich realisierbar war, dass sie in einem Monat womöglich frei waren und auf dem Rückweg nach Rus, in die Sicherheit, ins Leben. Andererseits flüsterte ihm eine innere Stimme zu, dass es der Traum eines Narren war. So vieles konnte schiefgehen! Die Worte »annehmen« und »hoffentlich« waren zu häufig in dem Plan aufgetaucht, den man ihm gerade unterbreitet hatte.
Er sah, dass die anderen ganz eingenommen waren von ihren verrückten Träumen, dass allein der Vortrag sie davon überzeugt hatte, es wäre real. Aber, dachte er, falls auch nur ein Glied dieser Kette reißt, fällt alles auseinander. Der Tunnel wird entdeckt, eine Panik bricht in der Nacht der Flucht aus, der Zug bleibt liegen, die Weichen blockieren, wir treffen auf bewaffnete Bantagtruppen, ehe wir selbst in den Besitz von Waffen gelangen, die Nachricht eilt uns voraus -jedes aus einer Million zufälliger Ereignisse konnte selbst den besten Plan ruinieren.
»Was ist mit den Flugmaschinen?«, fragte Lin leise.
»Was soll damit sein?«, fragte Alexi zurück.
»Erstens: Falls wir sie erbeuten, hätten wir unseren Fluchtweg.«
»Ein Traum«, erwiderte Alexi. »Sie werden ein halbes Dutzend Wegstunden von hier aufbewahrt, Richtung des Hauptlagers der Horde. Wir kennen dort niemanden; wir wissen nicht mal genau, wie wir die Flieger erreichen, geschweige denn fliegen könnten. Selbst wenn das alles anders aussähe, so kann jede Flugmaschine bestenfalls ein halbes Dutzend Menschen befördern. Hunderte müssten zurückbleiben.«
»Aber bei all euren Fluchtplänen«, fuhr Lin fort, »habe ich keinerlei Vorkehrung gegen diese Maschinen gehört. Wir können die sprechende Leitung durchschneiden, das ist mir klar, und sobald wir diesen verfluchten Ort hinter uns gelassen haben, wissen die Bantag voraus nichts von uns. Aber sie brauchen nicht mehr zu tun, als eine Flugmaschine zu starten. Falls sie die Nachricht von unserer Flucht vor uns verbreitete, brauchten sie nur noch fünfzig Meter Schienen abzureißen, eine Weiche zu zerstören oder eine Brücke niederzubrennen, und wir säßen in der Falle.«
Alexi nickte, und Hans musterte ihn scharf, wartete auf die Antwort. »Beten wir zu Jesus, dass der Wind uns hilft und die Flugmaschinen bremst.«
»Und das ist deine Vorkehrung?«, fragte Hans kalt. »Ein Gebet?«
Alexi blickte sich im Raum um und nickte schließlich.
»Wir alle werden beten müssen, dass uns nicht nur der Wind unterstützt«, sagte Hans leise.
Er musterte die Gruppe und hegte erneut Zweifel. Er wusste, dass die anderen auf ihn hören würden, falls er nein sagte. Alles lag bei ihm. Er erkannte die
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