Forstchen, William
Notfalls töte ich ihn, ehe er Alarm schlagen kann. Sobald dieses Thema erledigt ist, können wir damit anfangen, die Leute hindurchzuschleusen. Das Vorratshaus versorgt uns außerdem mit Rationen für unterwegs.«
»Aber ich frage noch einmal«, mischte sich Ketswana ein. »Warum so viele? Falls ihr denkt, wir könnten alle retten, so ist das der Traum eines Narren. Tag und Nacht sind Wachleute in der Gießerei. Irgendwann bemerken sie, dass sich Leute rings um das Einstiegsloch versammeln.«
»Es ist deine Aufgabe, einen Zeitplan auszuarbeiten und Möglichkeiten zu suchen, wie wir das Ganze tarnen«, entgegnete Hans. »Falls wir dieses Unternehmen riskieren, möchte ich nicht nur einer Hand voll Menschen eine Chance geben.«
»Den Zug zu erbeuten ist nur der erste Schritt«, ergänzte Alexi. »Gut möglich, dass wir uns den Weg hinaus freikämpfen müssen, und je mehr Leute wir haben, desto größer die Chance, es auch zu schaffen. Ich habe eine Liste aufgestellt mit den Personen, die wir brauchen, und sie nach Priorität geordnet.«
»Doch nicht schriftlich?«, fragte Ketswana besorgt.
»Nein, natürlich nicht. Die Liste führt die Menschen auf, die am Tunnel arbeiten, und ihre Familien. Dann die Mitarbeiter des Vorratshauses, das wir mit dem Tunnel ansteuern. Die Arbeiter des Bahnbetriebshofs und die Arbeiter im Zug müssen als Erste hinaus.«
»Manche dieser Leute haben Kinder«, gab Manda zu bedenken.
»Daran habe ich gedacht«, sagte Alexi. »Die Kinder müssen natürlich mitkommen. Was die ganz Kleinen angeht, so bestechen wir einen Wachmann und besorgen uns Opium, damit sie schlafen und keinen Lärm machen.«
»Das könnte gefährlich für sie werden«, wandte Tamira ein. Als ihr dann klar wurde, was alles stillschweigend vorausgesetzt wurde, lächelte sie und nickte.
»Wir warten, bis die tägliche Zugladung an neuen Schienen nach draußen gegangen ist und die Lokomotive mit Holz und Wasser befüllt wurde. Dann stürmen wir den Zug. Mir gefällt nicht, dass wir es mit offenen Güterwagen zu tun haben, aber zumindest können wir der Tatsache gewiss sein, dass der Zug abfahrbereit dasteht. Sollte zufällig ein weiterer Zug bereitstehen, vorzugsweise einer mit geschlossenen Waggons, nehmen wir den. Kurz bevor wir an Bord stürmen, führt Gregori mehrere Männer zum Stellwerk, tötet die Wache und besorgt die Schlüssel für die Weichen. Dort arbeitet auch der Telegrafist. Ich werde dafür sorgen, dass es einer von uns ist. Er wird alle Züge, die auf der Strecke vor uns fahren, auf Rangiergleise umleiten, und er sollte auch den Fahrplan des nächsten Tages kennen. Dann durchschneiden wir den Telegrafendraht, besetzen die Lokomotive und fahren los. Mit etwas Glück behalten wir einen Vorsprung vor der Nachricht von unserer Flucht.«
»Und was geschieht, sobald wir X’ian erreicht haben«, fragte Hans.
»Ich habe erfahren, dass X’ian an einem Fluss liegt, der bis zur Mündung, bis zum Meer und zur Freiheit schiffbar ist. Ich glaube, dass diese Information stimmt, denn ich habe etwas, das nach Schiffspanzerung aussah, und mehrere sehr große Geschütze auf der Strecke nach Westen fahren gesehen.«
»Wann bist du zuletzt tatsächlich mit einem Zug so weit gefahren?«, wollte Lin wissen.
»Ich war nie dort«, räumte Alexi ein. »Sie haben mich nur in der Frühzeit des Streckenbaus bis zum Gleiskopf fahren lassen. Seitdem sind alle Lokführer Bantag, obwohl sie zuzeiten immer noch Menschen als Heizer auf dem Tender mitnehmen; wir wissen aber nicht, wo sie diese Leute untergebracht haben.«
»Wie kannst du dir also sicher sein?«
»Gar nicht«, antwortete Alexi. »Aber ich weiß definitiv, dass die Strecke dorthin führt. Es passt in ein logisches Muster. Wir richten es so ein, dass wir bei Dunkelheit in die Stadt einfahren. Bis zu diesem Zeitpunkt müssten wir mindestens einen Zug eingefangen haben, der mit Geschützen beladen ist.«
»Ein großes Wenn«, warf Hans ein.
»Aber eine gute Chance. Mindestens ein oder zwei Waggonladungen fahren alle ein oder zwei Tage dorthin. Vor etlichen Monaten habe ich zwei Wachleute belauscht, die davon sprachen, dass mehrere Ausbildungslager ihrer neuen Armee entlang der Strecke liegen.«
»Du meinst, wir fahren mitten durch Manövergebiete?«, erkundigte sich Hans.
»Anders geht es nicht«, antwortete Gregori. »Aber falls wir ein paar Waffen erbeuten, haben wir im Kampf eine Chance, sobald wir in X’ian eintreffen.«
»Du sprichst davon, unsere Leute
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