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Forstchen, William

Forstchen, William

Titel: Forstchen, William Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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der Gebäude fand man eine Stelle, wo die Chin nicht herumliefen.
    Wo also sonst, falls es ein Tunnel war? Nur die Küchen waren direkt auf der Erde gebaut worden – also womöglich dort. Er nahm sich vor, die Spitzel in den Küchen zu doppelter Wachsamkeit anzuhalten. Noch eine weitere Möglichkeit bot sich -die Latrinen und Umkleideräume. Vage erinnerte er sich an eine Geschichte von gefangenen Rebellen, die durch eine Latrinengrube geflüchtet waren, aber bekam man auf diesem Wege dreißig oder vierzig Menschen hinaus? Möglich.
    Ihm blieb, wie er bemerkte, nur übrig, weitere Informationen zu suchen. Vielleicht war es ja an der Zeit für direktere Methoden.
    Hans blickte über die Schulter und sah, dass niemand in der Nähe war. Die Aufwerfhämmer an der Ostwand der Gießerei donnerten vor sich hin, sodass man unbelauscht reden konnte.
    »Der Tunnel führt jetzt aufwärts«, flüsterte Gregori. »In drei Tagen müssten wir durchbrechen.«
    »Bist du dir der Messwerte sicher?«
    Das bereitete ihm immer größere Angst – dass der Tunnel außerhalb der Vorratshütte endete oder, schlimmer noch, unter einem der Gleise.
    »Ehe wir uns an dich wandten, hat Alexi die Strecke ein Dutzend Mal abgeschritten. Besonders schwierig dabei war, einen Kompass herzustellen und den richtigen Winkel abzumessen, ohne dass ihn jemand dabei entdeckte. Sobald wir den Winkel hatten, ging es los.«
    »Gregori, wenn wir auch nur um einen Meter oder so danebenliegen, sind wir so gut wie tot.«
    »Mach dir keine Sorgen. Vergiss nicht, ich war auf der Stabsakademie. Ich erinnere mich noch an das, was man uns über Geometrie eingetrichtert hat. Und Alexi hat im Eisenbahnbau gearbeitet. Wir werden es präzise hinbekommen.«
    Hans warf Gregori einen Seitenblick zu und fragte sich, wie zuversichtlich der junge Offizier tatsächlich war.
    »Ich frage mich, wie es zu Hause aussieht!«, sagte Gregori sehnsüchtig. »VierJahre sind eine lange Zeit.«
    »Man wird dich als Helden feiern.«
    Ein trauriges Lächeln blitzte kurz auf. »Na, ich weiß nicht. Ich habe meine Einheit verloren; alle außer Alexi sind tot. Ob man sich überhaupt an mich erinnert?«
    Hans sagte nichts. Seit vier Jahren schlief Gregori in der Unterkunft direkt neben dem kleinen Zimmer, das Tamira und Hans vorbehalten war. Die Wand war dünn wie Papier, und Hans hörte die Träume hindurch, die Albträume.
    »Sie wartet nach wie vor auf dich.«
    »Denkst du wirklich?«
    »Natürlich tut sie das, mein Junge. Deine Tochter hat sich wahrscheinlich schon endlos Geschichten von dir anhören müssen. Sie wird dich auf den ersten Blick erkennen.«
    Oregon schüttelte traurig den Kopf. »Meine Frau war so jung, gerade mal siebzehn, als wir während des Rückzugs aus Suzdal geheiratet haben. Danach waren wir weniger als ein Jahr zusammen. Ich kann nicht von ihr erwarten, dass sie ihr ganzes Leben als Witwe verbringt.«
    Er lächelte wehmütig. »Sie war so schön mit den goldenen Haaren, die ihr immer über die Augen zu fallen schienen, wenn sie die Zöpfe löste. Ich weiß noch …«
    Er brach ab und blickte einen Augenblick lang zur Seite.
    »Es ist nur so … Naja, letztlich hatte ich es akzeptiert. Ich war tot, und sie lebte und würde weiterleben. Jetzt kehre ich zurück, und auf einmal sind die Erinnerungen wieder so lebendig! So wirklich, dass ich sie mir vorstellen kann, sie richtig vor Augen sehe.«
    Er sah Hans an und ergänzte in brechendem Ton: »Sie mir mit jemand anderem vorstellen kann.«
    »Quäle dich nicht selbst, mein Junge«, entgegnete Hans. Er war immer so unbeholfen gewesen, wenn es darum ging, über solche Dinge zu reden. Tamira und der simple Versuch, hier am Leben zu bleiben und auch andere zu überreden, dass sie am Leben blieben, hatte etwas in ihm geöffnet, und er spürte Gregoris Seelenschmerz.
    »Ich kenne Soldatenfrauen. Falls die Leiche zurückgebracht wird oder ein vertrauenswürdiger Freund sagt, er hätte den Soldaten tot gesehen, suchen sie sich vielleicht nach der Trauerzeit einen Neuen. Aber selbst in so einem Fall kann es Jahre dauern. Bei dir ist es anders. Die Einheit ist einfach verschwunden. Ich vermute, dass Andrew Patrouillen ausgeschickt hat; sie haben vielleicht den Schauplatz des Gefechts gefunden; sie haben vielleicht Beweise gefunden.«
    Den Rest sprach er nicht an. Man würde weder Gräber noch vermodernde Leichen in der Steppe finden. Was man finden würde, waren die geschwärzten und aufgebrochenen Knochen des Festschmauses.
    »Du

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