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Forstchen, William

Forstchen, William

Titel: Forstchen, William Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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patrouillierten.
    »Ich denke, wir sind so weit, dass wir ablegen können«, flüsterte er und schluckte schwer.
    »Denkst du nicht, ihr solltet bei diesem ersten Flug nicht ein bisschen weniger abenteuerlustig sein?«, fragte Pat.
    Jack schüttelte den Kopf.
    »Wir hatten drei Testflüge. Das Schiff fliegt recht gut. Wir haben es für Langstrecken gebaut; jetzt wird es Zeit, auch einen langen Flug durchzuführen. Das Wetter ist perfekt; der Wind kommt mit fünfzehn Knoten aus Westnordwest, weiter oben vielleicht stärker, und wir legen einen südöstlichen Kurs an. Ich führe sie auf sechs- oder siebentausend Fuß Höhe, bleibe auf dieser Höhe und lege halbe Fahrt an. Ich wette, dass die Windstärke dort oben bei dreißig oder vierzig Knoten liegt.
    Falls das zutrifft, denke ich mir, dass wir morgen früh die Ostküste erreichen, unweit der Stelle, wo wir nachsehen möchten.«
    »Viel Glück, Junge.«
    Jack nickte schweigend, befreite sich aus Pats Griff und ging zum Luftschiff Flying Cloud hinüber. Langsam schritt er die knapp hundertfünfzig Meter Länge ab und betrachtete dabei sorgfältig die Linienführung. So vieles an diesem Schiff war neu! Das Korbgerüst war aus den bambusähnlichen Bäumen hergestellt, die an der Ostküste des Binnenmeers wuchsen; tränkte man deren Holz gründlich mit Wasser, konnte man es in nahezu jede Form bringen, aber sobald es dann im Darrofen getrocknet worden war, wies es die Widerstandskraft von Eisen auf und wog dabei nur einen Bruchteil so viel. Für die Bespannung benutzte man heute keine Seide mehr, sondern das viel reichlicher verfügbare, leichte Segeltuch; es wurde mit einem aus Öl destillierten Klebstoff behandelt, schrumpfte so um den Schiffsrahmen und machte diesen zugleich luftdicht.
    Am Heck des Schiffs angekommen, betrachtete er gründlich Seiten- und Höhenruder sowie die Taue, die diese mit dem Cockpit verbanden. Beim letzten Testflug hatten sich diese Taue so stark gedehnt, dass der Flugingenieur sie vom Lenkhebel trennen und fester anziehen musste – ein Unterfangen, das man in ruhiger Luft über befreundetem Gebiet gefahrlos durchführen konnte, das jedoch bei starkem Wind und in feindlichem Luftraum eine Katastrophe bedeuten konnte. Inzwischen waren Drehbolzen in die Taue eingespleißt worden, und Jack konnte nur hoffen, dass das Problem damit gelöst war.
    Er ging wieder bugwärts, nickte der Bodenmannschaft zu, die die Sicherungstaue hielt, und betrat schließlich die Leiter zum Cockpit, das vier Meter über ihm schwebte.
    Fjodor salutierte, als Jack näher kam. »Das hier ist ein prima Schiff, und es wird ein schöner Abend, Sir.«
    »Ach, halt doch die Klappe!«, schimpfte Jack. »Du weißt doch, dass ich deinen Eifer nicht ertragen kann, dieses Ding zu fliegen.«
    »Ah, Colonel, und falls du nicht fliegen würdest, wie viele schöne Damen aus Rus und Roum würden dir ihre Schlafzimmertüren öffnen?«
    »Genug! Du … du bist so hässlich, dass du auf andere Art nie eine Chance hättest!«
    »Stimmt, stimmt. Und das beweist meine These.«
    Die Bemerkung lenkte Jack für einen kurzen Moment ab. Wie hieß sie noch gleich? Livia? Das war jetzt mal ein Augenblick schöner Erinnerung!
    »Volle Treibstoffladung, fest verschlossen. Alle Triebwerke angewärmt, alle Steuerungselemente geprüft. Voller Munitionsvorrat für beide Geschütze. Kamera montiert. Wir sind startbereit, Sir.« Fjodor hakte den letzten Posten der Checkliste ab und wartete gespannt auf Antwort.
    »Unser Oberdeckschütze?«
    »Hier, Sir!«
    Jack blickte den winzigen Kanonier an, dem die neue Oberdeckposition zugewiesen worden war.
    »Sergeant Stefan Zharoff meldet sich zur Stelle, Sir.« Der Kanonier salutierte eifrig, während Jack ihn von Kopf bis Fuß musterte.
    »Wie alt bist du, Junge?«
    »Achtzehn, Sir.«
    Er wog bestimmt nicht mehr als fünfzig Kilo, dachte Jack, und das galt in der Schwerkraft dieses Planeten, nichtjener der Erde. Vage erinnerte er sich daran, wie er den Jungen befragt hatte, zusammen mit einem Dutzend weiterer Kandidaten für diese neu geschaffene Position. Das enthusiastische, zähnebleckende Grinsen und die Sommersprossen waren ihm dabei am deutlichsten in Erinnerung geblieben. An die Aufgabe desjungen zu denken, das reichte fast schon, damit sich Jack der Magen umdrehte. Der Oberdeckschütze verbrachte die meiste Zeit des Fluges auf der Oberseite des Luftschiffs in einem einsamen Geschützturm, wo er eine der neuen Hinterlader-Zweipfundkanonen bediente.

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