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Fortunas Odyssee (German Edition)

Fortunas Odyssee (German Edition)

Titel: Fortunas Odyssee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliane Reinert
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Leute flüsterten, andere drehten sich nach ihr um, um sie zu beobachten, wie sie mit langem schwarzen Kleid, Halstuch und Hut durch die Straßen lief und vor Hitze fast umkam. Das war der Preis dafür, dass sie Witwe geworden war. Damals war das eine Frage der Ehre, aber nicht für Mama. Einmal bekam ich mit, wie sie leise über die Leute schimpfte, die ihr nachstarrten: »Habt ihr nichts anderes zu tun?«
    »Tereza?«
    »Ja, Tim?«
    »Warum ist Papa gestorben?«
    »Hhmm, seine Stunde hatte geschlagen.«
    »Gibt es eine bestimmte Stunde, in der wir sterben?«
    »Für jeden gibt es diese Stunde.«
    »Und wann schlägt meine Stunde?«
    »Ich weiß es nicht. Wenn wir es wüssten, wäre das nicht so toll…«
    »Aber es ist auch nicht so toll, es nicht zu wissen.«
    »Doch, denn so ist es Gottes Wille. Aber sei beruhigt, Kinder sterben nicht.«
    »Ach so … Gott tötet nur Erwachsene?«
    »Er tötet sie nicht! Er holt sie nur zu sich.«
    »Aber ich will nicht zu ihm, ich will immer hier bleiben.«
    »Das kannst du auch. Es ist dein Recht.«
    Monate vergingen, das Jahr neigte sich dem Ende zu und Papas Ersparnisse ebenfalls. Mama war eine sparsame Frau, und da sie niemals Wert auf Luxus gelegt hatte, fiel es ihr nicht schwer, unnötige Ausgaben zu vermeiden. Tereza ging in Genésios Laden und kaufte Spirituslampen und Spiritus. Damit sparten wir Stromkosten ein. Am Anfang war es für die Kinder schwierig, sich an den unangenehmen Geruch zu gewöhnen, aber mit der Zeit nahmen sie ihn nicht mehr wahr. Beim Frühstück wurde die Auswahl immer geringer, denn es gab keinen Käse mehr. Bald darauf war auch die Milch vom Frühstückstisch verschwunden, aber niemand beschwerte sich. Mama durchkämmte die ganze Stadt auf der Suche nach Kleidern, die gewaschen werden mussten, Häusern, die eine Reinigung nötig hatten und Babys, die ein Kindermädchen brauchten, aber sie fand keine Arbeit. Alle sagten dasselbe: »Nein, wir brauchen niemanden.« Das stimmte zwar nicht, aber die meisten Leute hatten selbst nicht genug Geld, um solche Dienstleistungen zu bezahlen. Und in den Häusern der Reichen gab es jede Menge Angestellte, wie zum Beispiel beim Bürgermeister, wo Mama ebenfalls anklopfte. Seine Frau bat sie, einzutreten, sie tranken zusammen Kaffee und unterhielten sich über Papas Krankheit und die falsche Diagnose, die der Arzt in der Hauptstadt gestellt hatte. Diese Frau war sensibel und dachte mit Wehmut an jenen Tag. Nach dem Kaffee zeigte sie den Garten, in dem viele Obstbäume standen. Und hier vertraute sie Mama an, dass ihr Mann ständig Drohungen erhielt. Ein Individuum oder eine Gruppe hatten sich gegen ihn verschworen und wollten ihn aus dem Rathaus entfernen. Die beiden Frauen liefen durch den riesigen Garten hinter dem Haus und lauschten dem Gesang der Vögel in den Bäumen. Mama kam glücklich nach Hause, mit zwei Körben voller Früchte und Kleidung, die diese großherzige Frau ihr geschenkt hatte.
    Judith, die Hexe, war wieder einmal schrecklich verprügelt worden und schlief mit Blutergüssen am ganzen Körper im Keller. In dieser Nacht schwor sie sich, dieser Situation ein Ende zu setzen. Zwei Tage später, als sie immer noch infolge des Schlags, den ihr Mann mit einem Stuhl gegen ihr Bein verübt hatte, durchs Haus humpelte, gelang es ihr, eine Ratte zu fangen, die sie ihm zum Abendessen servierte. Er setzte sich an den Esstisch und ging auf sie los, als er die frittierte Ratte auf seinem Teller erblickt hatte. Allerdings war sie diesmal vorbereitet und schlug mit einem Besenstiel auf ihn ein. Dann ergriff sie einen Topf mit heißem Fett, das sie ihm ins Gesicht schüttete. Der Mann schrie, sprang wie ein Wahnsinniger herum und stöhnte, während sein Gesicht feuerrot wurde. Er ließ sich auf die Knie fallen und griff sich an den Kopf, der schwere Verbrennungen erlitten hatte.
    »Verdammte Hure!«, brüllte er.
    Mit einem anderen Topf mit kochendem Wasser, Salz und Essig gab sie ihm den Gnadenstoß. Sie ging auf ihren Ehemann zu und streichelte ihn.
    »Beruhige dich, mein Schatz, ich bringe dir Medizin.«
    Er hielt die Hände in die Luft und erwartete das schmerzlindernde Mittel, das in Form von heißem Wasser auf ihn geschüttet wurde. Er fiel zu Boden, wälzte sich vor Schmerzen und schrie, bis ihm die Stimme brach.
    Sie nahm eine Tasche, warf sie über die Schulter und verließ das Haus. Sie lief ruhig und zielstrebig, ohne sich umzuschauen und nahm in ihrer Tasche nur einige Kleider und Dokumente mit. Die

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