Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fortunas Odyssee (German Edition)

Fortunas Odyssee (German Edition)

Titel: Fortunas Odyssee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliane Reinert
Vom Netzwerk:
Ihre Hände waren weich wie Rosenblätter und ihr Körper so anmutig, dass ihr Gang eher an einen Tanz erinnerte. Sie war schön und feingliedrig und hatte keine Ahnung, was sie in den nächsten Jahren erwartete.
    »Mhmm«, brummte der Mann, als sie sagte, sie würde Arbeit suchen.
    Er betrachtete sie von oben bis unten und kratzte sich ungeniert an den Hoden. Ich fühlte, wie ihr Gesicht unter der Schminke feuerrot wurde, während sie vom Blick dieses grobschlächtigen Händlers verschlungen wurde. Er schenkte Tereza überhaupt keine Beachtung, sondern tat so, als sei sie gar nicht anwesend, was die Lage meiner Mutter noch unangenehmer machte.
    Ich hätte sie so gern aus dieser Situation befreit! Das war nicht der richtige Ort, um Arbeit zu suchen…
    Ich legte meine Hand auf ihre Schulter und wartete auf ihre Antwort.
    Der Händler schüttete Kognak in ein Glas und bot es ihnen an. Sie lehnten natürlich ab. Mit einem Ruck goss er sich das Getränk in den Hals und knallte das leere Glas auf den Tresen. Sie wichen einen Schritt zurück.
    »Mein Vorarbeiter holt Sie morgen früh hier ab. Also, machen Sie sich auf Schwielen an den Händen gefasst.«
    »Entschuldigen Sie, aber gibt es keine Arbeitsstelle für meine …«
    »Nein«, unterbrach er sie. »Nur eine Stelle, und zwar für Sie.«
    Als sie den Laden verließen, sah Mama, wie er ihr mit einem Auge zuzwinkerte.
    Auf der Straße wischte sie sich eine Träne ab und hob den Kopf, während Tereza ihren Arm hielt.
    Frauen teilen ihre Schmerzen und Freuden mit größerer Leichtigkeit als Männer. Sie verstehen sich, ohne ein einziges Wort sagen zu müssen. Trotzdem sagte Mama, mehr zu sich selbst als zu Tereza:
    »Es ist für meine Söhne. Ich tu‘ es für sie.«
    Als es am nächsten Tag hell wurde, war sie bereits auf dem Weg zur Fazenda, wobei sie das Schauspiel der ringsum erwachenden Natur genoss und wobei sie sehen und hören konnte, wie Flora und Fauna ihr Tagwerk verrichteten. Dabei versuchte sie ihre Unruhe zu verbergen. Der Tau bedeckte die Pflanzen und der Nebel lag so tief, dass man nicht allzu weit sah, aber ich musste zugeben, dass es ein herrlicher Morgen war. Wenig später hob sich der Nebel wie ein milchiger Vorhang und gab einen unbeschreiblichen Panoramablick frei. Die frische Luft trat in ihre Lungen und sie atmete einige Male tief durch, als wolle sie sich von ihrer Unsicherheit befreien.
    Sie waren vier Männer und drei Frauen, alle hatten einen besorgten und ernsten Gesichtsausdruck. Mama gab sich Mühe, um nicht gegen einen der Männer geschleudert zu werden, wenn der Karren durch eine Kurve fuhr oder über einen Stein ruckelte. Sie schaute verstohlen auf die beiden anderen Frauen vor ihr und überlegte sich, was passieren würde, wenn sie nicht dort wären. Sie empfand große Dankbarkeit für die Anwesenheit dieser beiden Frauen.
    Eine trug ein Kopftuch, schien um die fünfzig Jahre alt zu sein, und hatte ein von der Zeit zerfurchtes Gesicht. Sie sagte nichts und hörte nur dem Geflüster der anderen zu, die ihre Tochter zu sein schien. Dieser fehlten die beiden oberen Schneidezähne, und wenn sie sprach, trat ihre Zunge zwischen den übrigen gelben Zähnen hervor.
    »Sie sind Witwe, nicht wahr?«, fragte Rufino.
    »Ja«, antwortete Mama und hoffte, er würde sie nichts weiter fragen. Zu ihrer Erleichterung tat er es nicht, und sie verbrachten schweigend den Rest der Fahrt.
    Sie begann, zu arbeiten, ohne zu wissen, wie viel sie verdienen würde. Sie hatte nicht den Mut aufgebracht, ihren neuen Chef zu fragen, und egal, wie gering der Lohn auch ausfallen würde – er würde dazu beitragen, ihren Kindern ein besseres Leben bieten zu können.
    Auf der Fazenda wurde sie von allen verstohlen betrachtet. Die Leute wollten nicht glauben, dass sie gekommen war, um hart zu arbeiten. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass diese junge gepflegte Frau mit der zarten Haut und den langen glänzenden Haaren die Kraft aufbringen könnte, unter der sengenden Sonne in den Reihen der Kaffeebäume zu schuften. Sie waren neugierig und wollten wissen, wie sie an diesen Ort geraten war.
    Ihre Kleidung wurde von allen bewundert.
    »Sie sieht aus wie eine Prinzessin«, stellte eine Sklavin be-wundernd fest.
    »Ich habe noch nie eine so schöne Frau gesehen«, meinte eine andere.
    Gleich am ersten Tag wurde ihr anstelle des Ernteeinsatzes eine Arbeit in Genésios Haus zugewiesen. Esperanza, die Magd, die im Haus arbeitete, nahm sie herzlich auf und zeigte ihr das

Weitere Kostenlose Bücher