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Fortunas Odyssee (German Edition)

Fortunas Odyssee (German Edition)

Titel: Fortunas Odyssee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliane Reinert
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Hexer antwortete:
    »Nein Tim, sie hat Glück, dass sie gesund ist.«
    Tereza betrat unauffällig die Apotheke und tat so, als würde sie sich umschauen. Sie nahm verschiedene Medikamente in die Hand und musterte sie, als wolle sie sie kaufen. Als der einzige Kunde das Geschäft verlassen hatte, ging sie schnell auf Aristeu zu und sprach so leise, dass er sie fast nicht verstehen konnte.
    »Ah, Sie wollen, dass ich ihnen einen Brief vorlese, richtig?«
    »Ja bitte. Wenn Sie mir diesen Gefallen tun könnten…?«
    Er führte sie in sein Arbeitszimmer, wies ihr einen bequemen Sessel zu und setzte sich an den Tisch, an dem er normalerweise die Gebrauchsanweisungen der Medikamente studierte.
    Tereza hatte alles so geplant, dass sie Mama erst einweihen wollte, wenn der Onkel geantwortet hätte, wobei sie natürlich eine positive Antwort voraussetzte.
    Jetzt war der so sehnlich erwartete Augenblick gekommen.
    Der Name des Absenders war nicht der ihres Onkels, sondern ihres Vetters. In seinem Brief schrieb er, dass sein Vater verstorben sei. Er freue sich, nach so vielen Jahren Nachricht von ihr zu erhalten. Er habe Jura studiert und sei heute Professor an der Universität. Außerdem habe er eine Professorin geheiratet und sei Vater von vier Kindern. Ich war über die freundliche Antwort überrascht.
    »Ich möchte dir gerne helfen, meine Cousine, ich bedauere diese Krise, die nicht nur Madrigal, sondern das ganze Land wie eine Seuche heimsucht. Meine Frau und ich haben schon eine Hilfe zu Hause, nämlich ihre Tante. Das heißt, wir selbst brauchen keine weiteren Arbeitskräfte, aber ich kenne viele Leute in dieser Stadt und kann dir helfen, eine Arbeit zu finden. Komm und wohne bei uns, solange es nötig sein sollte.«
    Tereza wollte so schnell wie möglich nach Hause gehen und verabschiedete sich eilig.
    Zuerst erschien es, als sei es ein Akt der Feigheit und der Untreue, aber dann konnte sie alles erklären.
    Ausgerechnet jetzt, wo Papa nicht mehr da war. Ausgerechnet jetzt, wo Fred krank war. Ausgerechnet jetzt, wo Mama außerhalb arbeiten musste. Ausgerechnet jetzt, wo es nichts mehr zu essen gab.
    Sie erklärte, dass sie es nicht mehr aushielt, das alles zu sehen, ohne etwas dagegen tun zu können. Wenn sie gehen würde, hätte Mama einen Magen weniger zu ernähren. Und so ging sie fort, die Besitzerin dieses Magens, dieses riesigen Hinterns und eines noch größeren Herzens.
    »Tyanna, glaube nicht, dass ich gern gehe. Ich würde dich nie verlassen, wenn ich eine andere Wahl hätte. Du sollst wissen, dass nur mein Körper geht, meine Seele bleibt für immer hier.«
    Mama trocknete ihre Tränen, als sie das hörte. Die beiden Brüder hatten sich schon Schlafen gelegt.
    Tim war glücklich, denn an diesem Tag war Fred zu Besuch gekommen und beide hatten zusammen im Garten gespielt. Zum Abendessen hatte es Hühnchen mit Kartoffeln gegeben, die Mama von Esperanza geschenkt bekommen hatte, und die beiden Jungen schliefen gesättigt ein. Fred konnte endlich wieder schlafen, obwohl er noch immer Albträume hatte.
    »Ich weiß, dass er mir in der großen Stadt helfen wird. Er ist jetzt Doktor und kennt bestimmt viele reiche Leute«, rechtfertigte sich Tereza.
    »Ich bitte dich nur, schicke uns Nachrichten, egal ob gute oder schlechte.« Mama dachte einen Augenblick nach und ergänzte: »Bitte jemanden, dass er für dich schreibt.«
    Der Tag ihrer Abreise stand noch nicht fest, aber die Traurigkeit über die bevorstehende Trennung war beiden deutlich anzusehen. Von diesem Tag an schien alles heimlich zu geschehen. Terezas Schritte auf der Treppe ließen Mamas Herz schneller klopfen. Wenn sie nach Hause kam und Tereza gerade einen Bekannten besuchte oder aus einem anderen Grund gerade nicht anwesend war, glaubte sie, sie hätte sie bereits verlassen. So ging es bis zu dem Tag, an dem sie wirklich abreiste.
    Für Mama war Tereza wie eine Schwester, und umgekehrt verhielt es sich ebenso. Über Jahre hatten sie Freud und Leid geteilt, Geburtstage gefeiert, sich über die Fortschritte der Kinder gefreut und neue Kochrezepte erlernt. Sie waren zusammen zum Zentralmarkt gegangen, um Obst und Gemüse einzukaufen und hatten sich gemeinsam über witzige Situationen amüsiert. Tereza war eine Meisterin darin, andere zu imitieren, und wenn sie das mitten auf der Straße tat, bekam Mama immer einen roten Kopf vor lauter Lachen. Sie lachten, als hätten sie keine Probleme in diesem Leben, das für beide täglich schwieriger wurde.
    Alles

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