Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fortunas Odyssee (German Edition)

Fortunas Odyssee (German Edition)

Titel: Fortunas Odyssee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliane Reinert
Vom Netzwerk:
hatte sie längst erkannt, dass er sich nicht für Franciska interessierte.
    Tim und Fred zeigten die ersten Ermüdungserscheinungen. Mama bemerkte es und nahm die Gelegenheit wahr, den Patron anzusprechen, der gerade an einem riesigen Stück Fleisch kaute.
    »Also, ich muss nach Hause. Meine Söhne müssen schlafen.«
    »Schlafen Sie hier«, schlug er vor, und schob sich ein fettes Stück Fleisch in den Mund, wobei ihm der Saft bis hinunter zum Kinn lief.
    »Das geht nicht!«
    Er kaute unter irritierendem Schmatzen zu Ende. Dann schaute er nach dem Vorarbeiter und winkte ihn herbei.
    Zu ihrem Bedauern war es Rufino, der sie nach Hause brachte, aber vorher hatte sie noch ein aufregendes Erlebnis: Als sie sich von Kaluga verabschiedete, erhielt sie neben einem Handkuss einen Blick, der alles andere in den Schatten stellte.
    Seine Brust leuchtete im Feuerschein, und Mama stellte sich seine Muskeln so hart vor wie das Holz, das dem Feuer Widerstand leistete. Es war, als ob Flammen aus ihren Poren schlugen, weil jemand in ihrem Inneren ein Feuer entfacht hatte. Sie lächelte ihm zu, wobei sie ihre weißen Zähne zeigte, und er zwinkerte ihr mit einem Auge zu. Der Code zwischen den beiden wurde in diesem Moment dechiffriert.
    In dieser Nacht träumte sie, dass sie mit ihm in der Kutsche eine wunderschöne Allee entlang fuhr. Plötzlich geriet der gleichmäßige Lauf der Pferde völlig aus dem Takt, und sie bemerkte, dass Genésio auf einmal die Zügel in der Hand hatte, und sich vor Lachen kaum halten konnte, während er auf die Tiere einschlug. Die Schatten spendende Allee hatte sich in eine staubige Naturstraße verwandelt, die zu einem Abhang führte. Je mehr sie schrie, desto mehr peitschte er die Pferde aus.
    Sie wachte erschrocken und schweißgebadet auf. Tereza kam und setzte sich auf den Rand ihrer Matratze, die auf dem Boden lag, und blieb dort, bis sie wieder eingeschlafen war.
    In der nächsten Woche sah sie, wie Kaluga Kinder in den Schatten eines Baumes trug. Sie betrachtete seinen muskulösen Körper, der notdürftig mit zerrissenen Stoffen bekleidet war, und empfand ein tiefes Mitgefühl.
    Nachdem sie die ganze Woche auf das Erscheinen von Genésio gewartet hatte, ließ er sich am Freitag blicken, und sie ergriff schnell die Initiative.
    Eine Sache habe ich auf meiner Reise von den Frauen gelernt: Wenn eine Frau schön ist, öffnen sich alle Türen. Wenn sie dazu auch noch intelligent ist, schließen sie sich nicht mehr.
    Sie trat in das geräumige Wohnzimmer mit den rustikalen Möbeln. An der Wand über der Tür hing ein ausgestopfter Hirschkopf, und vor dem Zimmer lag die Veranda, auf der sich der Patron so gern aufhielt. Mama ging auf ihn zu, rieb sich nervös die Hände und lief, als könnte sie jeden Moment auf eine Mine treten. Er bemerkte sie und drehte sich um, um sie zu mustern. Er zog einen Stuhl für sie heran und fing an zu reden.
    »Die Ernte läuft gut. Ich glaube, dieses Jahr wird sie hundertprozentig sein. Wir haben kaum Ausschuss und die Kaffeebohnen sind dieses Mal perfekt.«
    Sie schaute auf die grünen Berge in der Ferne und begann, zu sprechen. Zuerst lobte sie die Angestellten und die organisierte Verwaltung der Fazenda. Und sie betonte, wie glücklich sie sei, mit so netten Menschen zusammenzuarbeiten. Dann sprach sie über die Nähmaschine, mit der Franciska arbeitete. Sie schlug vor, bessere Stoffe zu kaufen, damit sie ihr beibringen könne, Kleider für die Angestellten herzustellen.
    »Menschen, die gut und warm bekleidet sind, sind seltener krank und arbeiten besser.«
    Er hörte nur zu, ohne etwas zu antworten.
    Sie machte eine Pause und kam mit neuen Argumenten.
    »Ich habe halbnackte Männer gesehen und Kinder, die dem Wind und der Kälte ausgesetzt sind. Ein paar Stoffe genügen, sie sind nicht nur schön, sondern wärmen die Leute und kosten kaum Geld. Ich selbst könnte die Kleidung anfertigen, denn mein früherer Chef war einer der besten Schneider der Gegend und hat mir viel beigebracht…«
    Er stand auf und setzte sich seinen Hut auf.
    »Ich habe wichtigere Dinge zu erledigen, als mich um die Kleidung meiner Angestellten zu kümmern.«
    Er ließ Mama enttäuscht zurück. Sie hatte anfänglich gedacht, dass sein Schweigen ein ,Ja’ bedeutete.
    Dona Ágata kam, nachdem sie das ganze Gespräch mit angehört hatte, zu ihr und wies sie zurecht.
    »Sie brauchen nicht zu glauben, dass Sie mehr als eine Hausangestellte sind, nur weil Sie bessere Kleider tragen. Mein Sohn

Weitere Kostenlose Bücher