Fortunas Odyssee (German Edition)
vorbereitet, damit wir Ihr Haus verkaufen oder vermieten können.«
Sie rückte sich im Sessel zurecht und kam sich vor, als sei sie um dreißig Jahre gealtert. Ihre Muskeln schmerzten in jeder neuen Position. Sie führte es auf den Stress oder auf eine sich anbahnende Krankheit zurück.
»Was muss ich tun?«
»Sie müssen nur unterschreiben«, sagte er in knappen Worten.
»Na schön.«
Er versuchte, eine familiäre Stimmung aufzubauen, indem er ihr Fotoalben zeigte. Dona Ágata war auf den Fotos jung und hübsch, auch wenn man ihr dabei dieselbe strenge, autoritäre Frau ansah. Sie lächelte auf keinem der Fotos und trug einfache Kleider, was Mama zu der Vermutung brachte, dass Genésio vor seiner Hochzeit mit Cecília nicht gerade ein Luxusleben geführt hatte. Auf den Fotos erschien er als kräftiges Kind – immer in Begleitung seiner Mutter.
Er blätterte um, zeigte mit dem Finger auf die nächsten Fotos und gab kurze Kommentare ab.
Nach dem »familiären Teil« saß sie etwas gelockerter in ihrem Sessel und nahm ein Glas Saft, das Esperanza ihr anbot. Genésio öffnete eine Schublade und zog eine Mappe heraus.
Ich warf einen Blick auf die Unterlagen.
»Hexer!«, rief ich.
Er saß plötzlich auf dem Tisch neben Genésio.
»Sie darf das nicht unterschreiben.«
Er nahm mir die Papiere aus der Hand und überflog sie schnell.
»Du alter Schlaumeier«, sagte er zu dem Mann.
»Was meinen Sie?«, fragte ich.
Ich bin ein Ingenieur und kein Anwalt, aber was ich da gelesen hatte, würde meiner Mutter schaden. Ich wartete auf seine Meinung. Er deutete auf die Schulter dieses Ungeheuers und schaute mit zusammengekniffenen Augen und gerunzelter Stirn zu mir herüber.
»Tim, ich glaube, er hat nur schlechte Absichten. Dieser Mann ist nicht die Luft wert, die er atmet«, sagte er und fuhr mit seinen Händen durch Genésios Haare. Obwohl die Szene urkomisch war, war mir nicht nach Lachen zumute.
Mama überflog die Papiere und verstand die technischen Begriffe nicht. Das war Fachchinesisch. Dafür hatte Genésio einen Anwalt in der Stadt aufgesucht.
Er versuchte, sie zu beruhigen.
»Es soll alles auf korrekte Weise zugehen, im Rahmen der Gesetze, verstehen Sie, Dona Tyanna?«
Sie ließ ihre Augen noch einmal über die Zeilen gleiten und zwinkerte einige Male. Es war eindeutig, dass sie nicht alles verstand, aber aufgrund seiner »Großzügigkeit« schämte sie sich dafür, um genauere Erklärungen zu bitten.
, dachte sie, bevor sie fragte:
»Und wo soll ich unterschreiben?«
Er beugte sich nach vorn, lag mit seinem fetten Körper halb auf dem Tisch und zeigte ihr die Stelle. Während sie unterschrieb, nahm er einen Schluck Kaffee, der schon kalt war.
Sie unterschrieb, ohne zu ahnen, dass sie damit ihren gesamten Besitz verlor.
Mama gab Genésio das Recht, alle Entscheidungen in ihrem Namen zu treffen, denn mit dem unterschriebenen Dokument hatte er alle Vollmachten erhalten.
Sie nutzte den Moment, um über die Möglichkeit zu sprechen, dass die Arbeiter einmal rechtliche Besitzer des Geländes würden, das sie bewohnten. Er versprach ihr, darüber nachzudenken. Als sie das Arbeitszimmer verließ, verschloss er die Unterlagen in der Schublade, streckte sich auf seinem Sessel, legte die Beine auf den Tisch und zündete sich eine Pfeife an. Seine Pläne waren aufgegangen.
Ich beschreibe hier nicht in allen Einzelheiten, auf welche Weise Kaluga in seiner Haft vom Coronel verhört wurde, denn ich gebe zu, dass ich nicht imstande war, mir all die Szenen der Gewalt anzuschauen. Als er freigelassen wurde, war er kaum wieder zu erkennen. Es fehlten ihm Zähne, einige seiner Knochen waren gebrochen, und er hatte schrecklich abgenommen. Die Male an seinem Körper zeigten nur unzulänglich, was er in diesen Tagen durchgemacht hatte.
In der Verzweiflung, ihn zu retten, versprach Mama, Geld aufzutreiben, um ihn in die Stadt in ärztliche Behandlung zu bringen. Aber als sie nach dem Ring suchte, um ihn in der Stadt zu verkaufen, entdeckte sie, dass er verschwunden war. Sie stellte das ganze Zimmer auf den Kopf, öffnete alle Schubladen und Kisten, schaute unter der Matratze nach und durchwühlte alle Taschen. Sie durchsuchte jeden Winkel, konnte ihn jedoch nicht finden. Der Hexer und ich hatten mitansehen müssen, wie Genésio nicht nur den Ring, sondern auch die Visitenkarte des Richters Tim entwendete, als er in ihrer Abwesenheit ihr Zimmer durchsuchte.
Ich
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