Fortunas Odyssee (German Edition)
Götter anzurufen und um Erbarmen zu bitten. Sie sangen und weinten mit Herzen, die vor Schmerzen brannten.
Ich sah, wie die Angestellten Rufinos Schritte überwachten. Einer von ihnen folgte ihm bis in die Stadt, um herauszubekommen, was er dort machte. Leider ging der Vorarbeiter nur in den Mercardinho do Genésio und ins Bordell Fiore. Aber das war für sie kein Grund, ihren Plan aufzugeben.
Zwei junge Männer setzten sich von der Kaffeeplantage ab und folgten ihm auf der Straße, als er eines Tages mit dem Pferd losritt. Kutschen wurden nur benutzt, um Arbeiter zu transportieren oder Ware in den Laden in der Stadt zu bringen.
Die beiden sahen, wie er den Berg hochritt, direkt auf die Höhle zu, von der solche Horrorgeschichten erzählt wurden, dass niemand es jemals gewagt hatte, sie zu betreten. Diesen Geschichten zufolge wurde derjenige, der dort eindrang, von seltsamen Tieren angegriffen, die das Blut der Opfer verunreinigten. Es war nicht leicht für Mama, sie davon zu überzeugen, dass das alles nichts weiter als Aberglaube war.
Die jungen Männer erzählten, was sie gesehen hatten, und alle versammelten sich sofort. Die Mutigsten beschlossen, den richtigen Moment abzuwarten und der Gefahr zu begegnen. Sie würden die Höhle betreten und Rufinos Geheimnis lüften. Diese Mutigsten waren Mama und Vicente. Sie gingen hin und entdeckten, was sie suchten.
Endlose Minuten und Stunden vergingen. Das Leben verging. Ich sah, wie meine Mutter durch die Fazenda lief, sich an das Flussufer setzte und dort lange Zeit blieb, während der Wind ihr Hoffnungen ins Gesicht blies und das Leben seinem Kurs folgte, wie dieser Fluss, der immer floss.
Voller Sehnsucht sah sie Tereza in einer Ecke des Sofas sitzen, Papa in der anderen und die Kinder in der Mitte. Alle lachten. Sie sah, wie Papa sie anlächelte, und wie dieses Lächeln sie ins Paradies beförderte. Sie sah Freds unschuldigen Blick und hörte Terezas Stimme, die die Kinder zum Essen an den Tisch rief, an den sie sich erst setzen durften, wenn sie die Hände gewaschen hatten. Sie sah, wie sich Tim vor Lachen kaum halten konnte, als er einer von Terezas Geschichten zuhörte. Seine Haare tanzten nach rechts und nach links und gaben kurzzeitig seine Stirn frei, die der ihren ähnelte.
Mama weinte oft im Schatten der Nacht unter einem Himmel ohne Mond und Sterne. Um sie herum verbreitete der kalte Wind Verzweiflung, und in ihrem Inneren weckten die Schreie ihrer Seele die Gespenster der Vergangenheit. Niemand lachte mehr. In ihrer Umgebung schienen sich alle dem Leiden hingegeben zu haben. Sie fühlte sich schuldig für die Schmach dieser Gemeinde, der zum ersten Mal eines ihrer Mitglieder auf so ungerechte Weise entrissen worden war.
In einer dieser Nächte schlief sie mit tränennassem Gesicht und durchwühlten Haaren auf dem Boden ein. Ich setzte mich neben sie und legte meine Arme um sie, in der Hoffnung ihr etwas Wärme und Schutz bieten zu können. Ich streichelte ihr Haar und sprach ihr Mut zu.
Ich weinte an ihrer Seite, während ich sie mit meinen Armen beschützte. In einigen Momenten drückte sie meine Hände, und das war einer der magischen Augenblicke dieser Reise.
An mich gedrückt fiel sie in einen tiefen Schlaf. Ich schloss meine Augen und dachte daran, wie tapfer meine Mutter war; durch ihren Kampf hatten wir Zuneigung und Schutz erhalten. Während wir gut bekleidet und ernährt waren, lag sie dort in ihrer Einsamkeit auf dem kalten Boden. Ihre Trauer führte dazu, dass sie sich nicht richtig ernährte. Sie musste auf ihr eigenes Glück bauen, im Gegensatz zu den armen Sklaven, die seit ihrer Geburt nie etwas besessen hatten und mit Tänzen und Gesängen die Ängste und Zweifel, die die Sklaverei mit sich brachte, zu überwinden suchten. Sie waren zum Kampf bereit, obwohl sie sich über den Feind und seine Überlegenheit im Klaren waren.
Mitten in der Nacht
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