Fortunas Odyssee (German Edition)
geschah etwas Unerwartetes: Esperanzas alter Vater kam und legte eine Decke über sie. Er setzte sich neben sie auf den Boden und rauchte, während er den eigenwilligen Tönen der Nacht lauschte.
Der nächste Morgen brachte eine weitere Überraschung, diesmal allerdings eine unangenehme. Rufino kam vorbei, nickte dem alten Mann mit dem Kopf zu und stieß Mama mit der Peitsche an. Sie wachte erschrocken auf und schaute sich um.
»Guten Tag, Dona Tyanna, der Patron ist wieder da und will Sie sprechen.«
Der Alte stand auf und rieb sich die müden Augen. Mama wusste nicht, was sie an diesem Ort tat und wendete sich an den Vorarbeiter.
»Sagen Sie ihm, dass ich gleich komme.«
Als Rufino gegangen war, sagte der Greis:
»Wir haben niemanden, der sich für uns einsetzt. Die einzige Hoffnung, die wir haben sind, Sie. Wir können nicht kämpfen, wenn unsere Mitstreiterin sich in die Hände dessen begibt, der uns zerstören will. Ich bitte Sie im Namen von uns allen, die wir seit Generationen leiden, lassen Sie uns nicht im Stich. Kämpfen Sie mit uns.«
Sie hielt seine Hand und versprach, ihnen zu helfen, soweit es in ihrer Macht läge.
»Sehen Sie, das ist ein neues Geschenk, und ich möchte, dass Sie es annehmen.«
Sie schaute auf die Schachtel, die auf dem Tisch stand und bedankte sich, ohne größeres Interesse zu zeigen.
»Wollen Sie es nicht öffnen.«
Sie seufzte und wollte am liebsten weglaufen. Es war mehr als unangenehm, Geschenke von ihm zu erhalten. Aber dann überlegte sie es sich anders und erinnerte sich an die Überzeugungskraft, die sie über Genésio besaß.
»Na schön, ich mache es auf«, sagte sie und riss das Geschenkpapier auf.
In der Schachtel lagen ein Paar Stiefel, eine Peitsche, Handschuhe und ein Hut. Eine komplette Ausstattung zum Reiten und alles aus bestem Leder.
Sie schaute auf die Geschenke und zwang sich zu einem Lächeln. Dann begann sie mit ihrer Inszenierung.
»Seu Genésio, Sie haben so viel für mich getan. Ich glaube, es gibt keinen besseren Mann auf dieser Welt als Sie.«
Das erfüllte ihn mit Stolz, und sie fuhr fort:
»Sie haben wirklich ein gutes Herz, deshalb glaube ich, dass Sie Kaluga nicht beschuldigen sollten.«
Er hörte auf, zu lächeln, rückte sich im Sessel zurecht und räusperte sich.
Sie ließ sich nicht einschüchtern.
»Seine Familie erhält keine Nachrichten von ihm.«
Ich möchte helfen, wo ich kann, Dona Tyanna. Ich bin derjenige, der am meisten daran interessiert ist, herauszufinden, wer meine Mutter ermordet hat.«
»Also dann helfen Sie uns bitte.«
Er ergriff ihre Hand auf dem Tisch.
»Ich sehe, dass Ihnen sehr viel daran liegt, den Arbeitern zu helfen, besonders Kaluga…«
Es erschien mir, als hätte sich ihr Gesicht in Glut verwandelt.
»Ich kenne alle Angestellten gut, denn ich habe täglich mit ihnen zu tun, das wissen Sie. Ich garantiere Ihnen, dass niemand von ihnen jemanden töten würde, und erst recht nicht wegen einiger Schmuckstücke. Sie haben andere Werte. Was sie wollen, steht über den Dingen, die der Reichtum ihnen geben könnte.«
»Ich bin kein Gesetzeshüter, meine Liebe. Wer dafür zuständig ist, ist unser Bürgermeister, der Coronel. Ich konnte nichts tun, um zu verhindern, dass Kaluga verhaftet wurde, übrigens allein aufgrund der Tatsache, dass er als Einziger von denen, die Zutritt zum Zimmer meiner Mutter hatten, die Fazenda verlassen hatte.«
»Es gibt keine Beweise dafür!«, schrie sie und schlug mit der Hand auf den Tisch. Im selben Moment erkannte sie, dass sie einen Fehler begangen hatte, und fügte mit leiser Stimme hinzu: »Ich bitte Sie, seine Familie muss wissen, wo er ist und wie es ihm geht. Es sind schließlich schon viele Tage vergangen. Die Leute arbeiten vollkommen entmutigt, der Betrieb läuft langsam und das könnte Ihnen schaden. Jeden Tag ist ein anderer krank und die Kinder weinen die ganze Zeit. Alle sind traurig, weil er nicht da ist.«
Er rieb sich eine Minute lang die Hände und schaute dabei auf das Geschenk, das mitten auf dem Tisch lag.
»Ich spreche mit dem Coronel. Wer es auch war, er wird teuer dafür bezahlen, dass er mir meine Mutter genommen hat.«
Sie nickte zustimmend mit dem Kopf.
»Sie sind wirklich ein gerechter Mann. Vielen Dank.«
Sie hatte einen anderen Eindruck von Genésio. Er schien nicht mehr das Monstrum zu sein, das er einmal gewesen war.
»Wir müssen die Dinge für Sie in die Wege leiten«, sagte er anschließend. »Der Makler hat schon die Papiere
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