Fortunas Odyssee (German Edition)
konnte.
»Also, Seu Genésio, ich glaube, Sie brauchen keine neue Hütte zu bauen.«
»Selbstverständlich, das ist doch Ehrensache.«
Der Hexer erschien, und ich gebe zu, dass ich mich darüber freute.
»Ich habe vor, morgen wegzugehen.«
»Wollen Sie nicht mehr hier arbeiten? Was habe ich Ihnen getan?«
»Nichts, gar nichts. Sie waren immer ein hervorragender Patron, aber mein Onkel ist verstorben und hat eine gute Erbschaft hinterlassen.« Nach einer kurzen Pause sprach er weiter. »Es ist weit von hier. Wahrscheinlich werden wir uns nie mehr wiedersehen.«
»Und was bin ich Ihnen noch schuldig?«
»Nichts, ich will nichts. Mit dieser Erbschaft bin ich ein reicher Mann.«
Genésio bewegte sich auf seinem Stuhl und schaute anschließend auf den Boden, während er laut dachte:
»Aha, eine Erbschaft…«
»Also, ich gehe dann, ich will sehen, was von meinen Sachen noch übriggeblieben ist.«
Rufino stand auf und der Patron streckte seine Hand aus, um sich zu verabschieden.
Der Vorarbeiter steckte sich den Revolver in den Gürtel, setzte den Hut auf und ging auf die Tür zu, als Genésio nach ihm rief. Als er sich umdrehte, traf ihn ein Schuss ins Herz.
Mama fiel in Ohnmacht. Nachdem Esperanza sie in ihr Bett gelegt hatte, ging sie auf Genésios Anordnung los, um Vicente zu holen.
»Geh‘, und hol den Coronel!«, befahl er ihm von der Veranda aus.
Die Leiche wurde an einen unbekannten Ort geschafft. Nicht einmal ich wollte wissen, wo diese Kreatur begraben wurde.
Das Jahr ging zu Ende, und die Arbeiter veranstalteten ein Fest. Um Mama zu danken, setzten sie sie in ihre Mitte und tanzten um sie herum. Während dieser Ehrenbezeugung verspürte sie plötzlich starke Schmerzen im Unterleib.
Alle beweinten Kalugas Abwesenheit und betranken sich in der Neujahrsnacht.
In dieser Nacht erzählte sie Esperanza, dass sie schwanger war.
Tage später hatte sie starke Blutungen und verlor das Kind, obwohl sie die ganze Zeit im Bett verbrachte und Esperanza verschiedene Tees für sie zubereitete.
Eine Lektion: Der Sieg kommt vielleicht spät, aber wenn er kommt, haben wir das Gefühl, er sei im richtigen Moment gekommen.
Kapitel 6
Aufgrund der letzten Ereignisse dachte Mama kaum noch an unser Haus. Kalugas Tod und der Verlust des Kindes hatten sie schwer getroffen. Auf der anderen Seite hatte sie Werte kennen gelernt, die vorher für sie nicht existiert hatten.
Die Zeit verging, und die Wunden verheilten allmählich. Sie hatte sich wieder erholt und war stark genug, um sich neuen Kämpfen zu stellen. Ein halbes Jahr war vergangen, Fred begann ein Studium an der Universität, und Tereza war zufrieden mit ihrer Arbeit in der neuen Familie. Sie legte jeden Monat etwas Geld zur Seite und brachte es auf ein Bankkonto, weil sie vorhatte, Mama irgendwann zu besuchen.
Tim schloss die technisch-militärische Schule ab. Jeden Tag begeisterte er sich mehr für Autos, und er träumte davon, eines Tages Ingenieur zu werden. Oft weinte er vor Sehnsucht, wenn er an Mama dachte, aber mit der Zuneigung seiner Tante und seiner Freunde gelang es ihm, den Schmerz zu überwinden. Er begeisterte sich für den Fernsehapparat, der im Schaufenster eines Elektrogeschäfts ausgestellt war und ging täglich dorthin, um seine Lieblingssendung zu sehen.
Mama nahm sich vor, mit dem Patron über unser Haus zu sprechen – schließlich hatte sie ein Anrecht darauf zu wissen, wie die Dinge standen –, aber sie hatte andererseits Bedenken, unhöflich zu erscheinen. Genésio hatte das Talent, einfache Angelegenheiten in unangenehme Situationen zu verwandeln, und andersherum unangenehme Sachverhalte zu banalisieren.
Sie war sich weiterhin seines Interesses, sie zu besitzen, bewusst und wollte diese Tatsache ausnutzen, um den Sklaven zu helfen. Für sie war es nicht akzeptabel, dass Menschen hart arbeiten mussten, ohne ein Gehalt zu bekommen, ohne ein würdiges Zuhause oder wenigstens anständige Kleidung zu besitzen, von Schule und medizinischer Versorgung einmal ganz zu schweigen.
Genésio rief immerhin einen Arzt, als Esperanzas Mutter im Sterben lag, aber er tat das nur, um den Eindruck zu erwecken, dass er sich Sorgen machte. Tatsache war, dass es für eine Heilung ihrer Krankheit längst zu spät war. Ich war dabei gewesen, als Kaluga mit meiner Mutter darüber gesprochen hatte. Und ein Beweis für die Kälte des Patrons war die Tatsache, dass er sich niemals bemüht hatte, Kaluga zu helfen, als dieser im Sterben lag.
Wieder wurde
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