Fortunas Odyssee (German Edition)
klopfte an das Fenster und weckte Genésio.
»Es ist alles in Ordnung. Meine Frau und ich haben nur angehalten, um ein bisschen zu schlafen«, sagte er zu dem Kavalier, der sich sofort wieder auf den Weg machte, ohne Verdacht zu schöpfen. Mama versuchte zuerst, sich einzureden, dass nichts geschehen war. Aber dann zog sie es vor, der Wahrheit entgegenzutreten und ihre Intelligenz zu nutzen, um zu überleben. Schließlich kannte sie Genésio und wusste, wozu er imstande war. Sie fürchtete um ihr Leben und stellte sich vor, wie er sie umbringen würde, damit sie der Polizei nichts von dieser Vergewaltigung erzählen könne.
An diesem gottverlassenen Ort war es ebenso leicht, ein Verbrechen zu verbergen, wie eine Leiche.
Sie stand langsam auf und sah, dass er auf der Straße stand und rauchte, während er an diesem frischen anbrechenden Tag den Wald mit seinen vielen Singvögeln, Eichhörnchen und anderem Getier beobachtete.
Ich saß am Straßenrand und gebe zu, dass ich in diesem Moment so beklommen war, dass ich nur noch Angst vor diesem Ungeheuer empfinden konnte. Der Hexer gab sich alle Mühe, mich zu beruhigen, und lief ständig zu Mama und wieder zurück zu mir. Ich erkannte auf einmal in ihm einen Freund, den ich vorher nie gesehen hatte. Er setzte sich neben mich und legte gefühlvoll seine Hand auf meine Schulter.
»Tim, wir müssen positiv denken.«
Ich schaute ihm tief in die Augen und versuchte eine Antwort auf eine Frage zu finden, die ich mir in meinem Inneren immer wieder stellte.
Mama war in Lebensgefahr, und das Einzige, was uns blieb, war, positiv zu denken? Konnte das sein?
Ich verdrängte meinen Zorn und musste anerkennen, dass er sich wirklich um mich bemühte. Mein Gemütszustand verbesserte sich noch mehr, als ich sah, wie Mama aus dem Auto stieg und dem Monster, das ihr Gewalt angetan hatte, einen guten Tag wünschte. Sie tat, was sie tun musste, es gelang ihr, kühlen Kopf zu bewahren.
»Es liegt allein an uns, richtig zu handeln und die Dinge zu ändern«, dachte ich laut.
Genésio drehte sich kurz um, um sie zu begrüßen und schaute dann wieder in den Wald, als ob er dort etwas Bestimmtes suchte. Sie streckte ihre Arme in die Luft und gähnte. Jetzt war sie es, die Theater spielte. Sie tat so, als würde sie sich nicht erinnern, als hätte sie keine Schmerzen, als würde sie keinen Ekel vor ihm empfinden.
Alles, um zu überleben!
In diesem Moment fühlte sie eine Flüssigkeit an ihrem Bein herunterlaufen und drückte den Rock gegen die Haut.
Sie hätte am liebsten den Revolver genommen und ihm eine Kugel in den Kopf gejagt, was ich an ihrer Stelle bestimmt getan hätte. Aber dann überlegte sie sich, wie die Gesellschaft sie sehen würde. Sie würde mit Sicherheit in einer Gefängniszelle sterben, ohne jemals ihre Söhne wiederzusehen.
‹Es ist besser, diese Idee zu vergessen›, überlegte sie und ging zurück zum Auto.
Der Motor sprang beim ersten Versuch an, und sie fuhren wieder zurück zur Fazenda.
Ihre Träume waren nicht gestorben, schließlich war sie Tyanna. Sie würde niemals aufhören, zu kämpfen, solange sie am Leben war.
Als sie bemerkte, dass sie nicht mehr in Richtung Haupt-stadt fuhren, war sie dankbar, dass sie wenigstens noch lebte.
Nach zehn Minuten beschloss sie, irgendetwas zu sagen.
»Wir fahren wieder zurück, nicht wahr?«
»Richtig.«
Danach hüllten sich beide wieder in Schweigen, und nach kurzer Zeit waren in der Ferne Häuser zu erkennen. Sie waren ein Zeichen, dass die Zivilisation nicht mehr weit war, und sie fühlte sich nach dieser Nacht inmitten des Nichts etwas geborgener. Nach wenigen Minuten trafen sie Eselkarren und Kutschen auf der Straße. Genésio grüßte alle, als sei er ein eminent wichtiger Politiker im Wahlkampf.
Sie öffnete das Fenster und atmete tief durch. Wenn in dieser Nacht nichts vorgefallen wäre, hätte sie jetzt sicherlich Hunger und würde gern einen heißen Kaffee trinken. Aber das Einzige, das sie jetzt interessierte, war ein Bad mit heißem Wasser, aus dem sie so schnell nicht wieder herauskommen würde. Sie musste sich reinigen, und zwar zuerst ihren Körper. Die Seele musste warten.
Als schließlich Madrigal vor ihnen lag, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht.
»Wenn Sie den Mund öffnen, um zu erzählen, was geschehen ist,
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