Fortunas Odyssee (German Edition)
jemanden aus ihren Reihen verloren hatten. Am Ende dachte sie an ihr eigenes Los und malte sich aus, was passieren würde, wenn das Monster durch diese Tür käme.
Mama hatte nicht nur Kopfschmerzen, ihr geschundener Körper schmerzte. Sie musste immer wieder niesen, weil Staub und Muff eine allergische Reaktion bei ihr hervorriefen. Sie tötete Kakerlaken, entfernte Spinnennetze und tote Ratten im Keller, in dem Weinkisten herumstanden, die an Papas Bestand erinnerten.
Schmutzige Wäsche war mit sauberer vermischt. Die Bettwäsche war scheinbar niemals gewechselt worden.
Am schlimmsten war der Zustand des Badezimmers, der bei ihr einen Brechreiz hervorrief.
Als der Patron eintraf, fühlte sie sich wie eine Beute in der Falle.
Er ging furzend und rauchend direkt ins Bett, ohne sich zu waschen. Sie blieb im Wohnzimmer und tat so, als säubere sie den Kamin, der ohnehin sauber war. Er holte sie mit Gewalt und warf sie aufs Bett.
Die Nacht war die Hölle.
Die nächsten Tage war sie immer noch damit beschäftigt, das Haus auf Vordermann zu bringen. Als sie schließlich fertig war, hatte sie starke Rückenschmerzen und ruhte sich auf dem Schaukelstuhl aus.
Eines Abends kam Genésio gestresst nach Hause und ging direkt ins Bett, während sie im Schaukelstuhl im Wohnzimmer einige Lieder summte, um ihre Depression zu lindern. Plötzlich warf er ihr einige Kleidungsstücke vor die Füße.
»Bring das alles morgen in Ordnung!«, befahl er barsch, wie auf dem Kasernenhof.
Sie untersuchte die Kleider nach ihren Defekten. Manche hatten Risse, einige Hemden hatten Löcher, und an den Hosen waren die Nähte aufgegangen. Der Patron hatte zwar eine Nähmaschine auf der Fazenda, aber nicht hier. Sie musste also alles mit der Hand stopfen, was für sie kein großes Problem darstellte.
Am nächsten Tag durchwühlte sie einige Schubladen nach Nähzeug, wurde aber nicht fündig.
Sie ging zum Laden, wo sie von Kunden angefeindet wurde, die sich schnell entfernten, als sie sich näherte. Ein Ehepaar, das geblieben war, beantwortete nicht ihren Gruß, sondern beide flüsterten miteinander, während sie sie von oben bis unten musterten.
Sie sagte dem Patron, dass sie, um die Arbeit erledigen zu können, Nähzeug brauche. Er sagte, dass sie es unter den Vicentas Habseligkeiten in einem Schrank im Hinterzimmer finden würde. Dieser Name ließ es ihr kalt den Rücken herunterlaufen, während er ihn aussprach, als wäre nichts geschehen.
Als sie die Schranktüren öffnete, erschrak sie bei dem knarrenden Geräusch. Der Geruch der Mottenkugeln war aufdringlich und sie musste sich die Nase zuhalten, um eine Übelkeit zu vermeiden.
Sie fand eine mit Samt ausgekleidete Holzkiste mit Garn, Nadeln, Fingerhüten und Stoffresten, darunter einige Stücke Seide und Spitze. Das war alles, was sie benötigte.
Sie setzte sich in den Schaukelstuhl und begann die Klamotten des Ungeheuers auszubessern, wobei sie an den Tod dieser armen jungen Frau dachte.
‹Wer hat keine Depressionen neben diesem Widerling?›, dachte sie laut.
Sie holte das gesamte Nähzeug heraus und hob die samtene Auskleidung an. Das darunter zusammengefaltete Papier war das gleiche, das Genésio immer benutzte, um die Ware seiner Kunden einzupacken.
Sie faltete es auseinander und erkannte, dass es sich um einen Brief handelte.
Als sie ihn zu Ende gelesen hatte, fielen die Kiste und das gesamte Nähzeug auf den Boden.
Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und sie zitterte so sehr, dass sie den Brief kaum festhalten konnte.
Sie hörte Genésios Schritte auf der Treppe, steckte den Brief verzweifelt in den Büstenhalter und begann, die auf den Boden gefallenen Utensilien einzusammeln.
Er trat in Begleitung des Coronels ein.
»Mach’ uns einen Kaffee«, befahl er unwirsch und ging auf die Veranda.
Sie ergriff hastig das ganze Nähzeug, warf es in die Kiste und ging in die Küche, um den Kaffee zu kochen.
Aufgrund ihrer Nervosität wurde der Kaffee viel zu stark, und um den Fehler auszugleichen, goss sie heißes Wasser dazu.
»Du hast Glück!«, lachte der Coronel und zwickte Genésio im den Arm. »Mit so einer Frau im Haus würde ich nie mehr ausgehen.«
Anschließend brach er in ein lautes Gelächter aus, während Genésio sich zu einem Lächeln zwang.
Sie stellte das Tablett auf den Tisch und wollte sich gerade zurückziehen, als der Coronel mit dem Finger auf ihren Ausschnitt deutete.
Mama wurde bleich.
, dachte sie.
»Da hängt
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