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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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de Fontenac überbracht ward.
    Siorac traute seinen Augen nicht noch Sauveterre seinen Ohren, als Siorac ihm die Epistel verlas: Diane, die einzige Tochter des Barons, sei von einer schweren Krankheit befallen, welcher sie zu erliegen drohe. Zu allem Unglück habe bisher kein Medicus aus Sarlat, Bergerac oder Périgueux auf die Burg Fontenac kommen wollen, Diane zu kurieren.
    »Bei Gott! sie haben ihre Gründe«, rief Sauveterre.
    Aus dieser Ursache bitte der Baron von Fontenac den Herrn Baron von Siorac sowie den Herrn Junker von Sauveterre, sie mögen belieben, in christlicher Nächstenliebe die Mißhelligkeiten zu vergeben, welche sich in der Vergangenheit zwischen den beiden Familien erhoben …
    »Die ›Mißhelligkeiten‹!« rief Sauveterre. »Das Wort ist gut gewählt!«
    … und ersuche er untertänigst den Baron von Mespech, die Güte zu haben, der kranken Diane die Hilfe seiner ärztlichen Kunst angedeihen zu lassen.
    Die beiden Brüder sahen in höchster Verblüffung einander an.
    »Ich vermeine, wir sollten rundweg ablehnen«, sagte Sauveterre. »Wir wissen nicht einmal, von welchem Übel diese Diane befallen ist. Vielleicht gar von der Pest! Aus dem Sarladischen Land sind nämlich neue Fälle vermeldet worden, und es hätte noch gefehlt, daß die Seuche über die Tochter Fontenacs hier eingeschleppt wird!«
    »Ich vermeine im Gegenteil, wir sollten annehmen«, entgegnete Siorac. »Dies scheint mir sowohl christlicher als auch klüger gehandelt.« Er lächelte. »Wobei natürlich Bedingungen zu stellen sind.«
    Nach einer langen Unterredung gewann seine Meinung die Oberhand, und Siorac ging sogleich daran, ein Schreiben an den Baron von Fontenac aufzusetzen. Er gab zu bedenken, daß er zwar Lizentiat der Medizinischen Schule zu Montpellier sei, doch keineswegs ein Doctor, und es gewißlich in Sarlat, Bergerac und Périgueux sehr viel gelehrtere Ärzte denn ihn gäbe. Bisher habe er nur Leute behandelt, welche zu arm seien, die Kunst dieser Gelehrten in Anspruch zu nehmen; auch könne er sich in diesen unruhigen Zeiten nicht von Mespech entfernenund sich schon gar nicht zu seinem Nachbarn begeben. Wenn dieser ihm jedoch seine Tochter Diane, begleitet von einer Kammerjungfer, anvertrauen wolle, dann sei er bereit, die Kranke zu behandeln und sie samt ihrer Wärterin im zweiten Geschoß des Torhauses von Mespech unterzubringen, von dessen Fenster auf der Mittagsseite der Bergfried von Fontenac zu sehen sei. Dabei müsse jedoch als abgemacht gelten, daß während der ganzen Dauer der Kurierung er ganz allein über die Art der Behandlung zu entscheiden hat und daß während dieser Zeitdauer weder Diane noch ihre Kammerjungfer von Fontenac oder einer anderen Person besucht werden dürfen. Für den Fall, daß die Krankheit einen verhängnisvollen Ausgang nehmen sollte, müsse Baron von Fontenac sich verpflichten, den Baron von Siorac von jeglicher Verantwortung zu entlasten sowie von vornherein auf jegliche gerichtlichen oder sonstigen Schritte gegen ihn zu verzichten. Schließlich und letztlich müßten Diane wie auch ihre Kammerzofe vor dem Verlassen Fontenacs von oben bis unten mit warmem Wasser gewaschen und auf das sorgfältigste abgelaust werden.
    Ich kann mir diese letzte, gewißlich recht wunderliche Forderung nur durch die fast schon verschrobene Abneigung meines Vaters gegen Schmutz und Ungeziefer erklären; auf Mespech führte er einen tagtäglichen Krieg gegen bestimmte parasitäre Insekten. Als ich später am Hofe Karls IX. weilte, erheiterte mich gar oft der Gedanke, welchen Schrecken wohl mein Vater empfunden, hätte er ansehen müssen, wie eine jener prächtig aufgeputzten schönen Damen aus der Umgebung des Königs eine Laus aus ihrem Haar klaubte und sie zwischen ihren zierlichen Fingern zerquetschte, ohne daß sich irgend jemand darüber zu verwundern schien.
    Fontenac jedenfalls war mit allem einverstanden, auch damit, daß von den Briefen, die aus diesem Anlaß zwischen meinem Vater und ihm gewechselt wurden, eine amtliche Kopie angefertigt und dem Kriminalleutnant zu Sarlat zwecks Aufbewahrung in seinem Archiv übergeben ward.
    Niemand auf Mespech, nicht einmal Escorgol, welcher das erste Geschoß des Torhauses bewohnte, in dessen zweitem Geschoß sich die Krankenstube befand, durfte sich Diane nähern, von welcher mein Vater uns nur berichtete, sie zähle vierzehn Jahre, sei überaus schön von Angesicht, habe langes schwarzesHaar und große grüne Augen und sei zudem von sanftem,

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