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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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verheiratet, hatten weder Le Breuil noch Mespech sie völlig verdaut,und es brauchte nicht wenig Überzeugungskunst, damit sie – insonderheit von den Frauen – angenommen ward, so sehr erregten ihre Augen, ihr Haar und ihre Hautfarbe Anstoß.
    Der erste, welcher sich laut und unmißverständlich dazu äußerte, war Cabusse, alldieweil seine Cathau ihr mit der Begründung, Sarrazine sei keine Frau wie alle anderen, die Nachbarspflichten verweigerte.
    »Und wieso soll sie anders sein?« fragte Cabusse drohenden Tones und mit finsterem Blick seinen Schnurrbart zwirbelnd. »Hat sie nicht wie du zwei Brüste, eine Scheide, den Mann zu empfangen, und einen Bauch, darinnen das Kind wachsen kann? Gewiß«, fügte er mit seinem gascognischen Feingefühl hinzu, »sie hat nicht dein hübsches Gesicht, Cathau, und auch nicht deine Lebensart aus gutem Hause, doch wenn Jonas sie liebt, wie sie ist, dann verhält es sich mit dem Unterschied nicht anders als mit den verschiedenen Farben des Felles bei den Hunden: einer ist schwarz, der andere braun oder gefleckt und ein dritter weiß wie Schnee. Nicht am Fell erkennt man den Wert eines Tieres, Cathau, sondern an der Leistung.«
    Am Abend fielen zwischen der Maligou und Barberine härtere Worte. Seit Isabelles Tod verweilte mein Vater gern noch unter unseren Leuten, ehe er sich zu Sauveterre in die Bibliothek begab, wiewohl dort ein stärkeres Feuer brannte. Doch war es nicht so sehr diese Wärme, nach der es meinen Vater verlangte; er suchte vielmehr die Natürlichkeit und Fröhlichkeit unserer Soldaten und die Gegenwart der Frauen, vor allem Barberines und ihrer beiden Racker, davon der eine ihr am Rockzipfel hing, der andere in der Wiege aus Kastanienholz lag, welche sie von Zeit zu Zeit mit dem Fuß in Bewegung setzte, bis sie schließlich beide an ihre Brust anlegte, welches Schauspiel meinen Vater mehr als jeden anderen entzückte, da sein Kopf dem Herzen so nahe war und sein Herz wiederum den Sinnen. Zudem hätten Annet und Jacquou die Milchbrüder der beiden totgeborenen Söhne Isabelles sein sollen, weshalb sie nach dem Willen meines Vaters auf der Burg aufgezogen wurden – zwar nicht wie mein Halbbruder Samson, doch ähnlich wie unsere Vettern Siorac, deren Stellung zwischen der eines Bedienten und der eines Verwandten lag: Annet und Jacquou waren, so sagte mein Vater, nicht durch die Bande des Blutes mit uns verbunden, sondern durch die Bande der Milch, welcheuns gleichermaßen genährt. Außerdem war Annet das Patenkind von Isabelle de Siorac gewesen.
    Die beiden Knaben von Barberine waren keine Schmuddelkinder, wie man sie oft in unseren Dörfern sah, und hatten nicht den Kopf voller Läuse oder im Sommer Fliegen in den Augenwinkeln. Sie waren im Gegenteil blitzsauber und rosig, mit reinlichem Haar, so peinlich genau hielt mein Vater auf Sauberkeit, weshalb er sich auch nicht scheute, bei Tische zu Faujanet zu sagen:
    »Mein Lieber, deine Füße stinken pestilenzialisch. Geh sie dir an der Pumpe waschen.«
    Sosehr Barberine an jenem Abend die Wiege in stetiger Bewegung hielt, Jacquou begann plötzlich lauthals zu schreien, was Annet ihm sogleich nachtat, bis seine Mutter ihm eine Maulschelle verabreichte, denn er hatte bei Tische eine kräftige Suppe, Ziegenkäse von Jonas, Apfelmus und sogar etwas Fleisch genossen, so daß er nicht vor Hunger, sondern aus Naschsucht schrie. Dann nahm Barberine Jacquou auf ihren Schoß und bedachte ihn so reichlich mit sanften, zärtlichen, tröstenden Worten, daß mich ein großes Verlangen überkam, seinen Platz einzunehmen. Nachdem der kleine Schreihals unter den leisen Besänftigungen der Mutter verstummt war, legte sie ihn der kleinen Hélix in den Arm, welche nach besten Kräften in der Litanei der Koseworte fortfuhr, indes Barberine ihr Mieder aufzuschnüren begann. Sie tat es mit züchtig gesenkten Augen, da so viele Mannsbilder um sie herum saßen, und gleichzeitig mit einem gewissen Ausdruck von Stolz und Wichtigkeit, war sie sich doch bewußt, daß sie ihres Amtes waltete und selbiges trefflich verrichtete, indem sie ihre beiden Sprößlinge so reichlich nährte und den Anwesenden einen zu Herzen gehenden Anblick verschaffte. Wie immer waren etliche Knoten in ihrem Miederband, und da sie nicht durch die Ösen paßten, löste sie einen nach dem anderen ohne Hast mit ihren rundlichen Fingern, solcherart unser Warten verlängernd.
    »Barberine«, sprach mein Vater (aber das sagte er jeden Abend), »erinnere mich daran, daß

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